Regensburg
16.03.2020 - 17:43 Uhr

"M'Orpheo" als gespenstische Performance

Musiktheater im Regensburger Velodrom findet vor einer Geisterkulisse statt

Zwischen Barock und Techno bewegt sich die Produktion der neu geschaffenen Musiktheaterperformance "M'Orpheo" am Theater Regensburg. Bild: Jochen Quast
Zwischen Barock und Techno bewegt sich die Produktion der neu geschaffenen Musiktheaterperformance "M'Orpheo" am Theater Regensburg.

Eine derartige Uraufführung beziehungsweise Premiere hat das Theater Regensburg in seiner rund zweihundertjährigen Geschichte noch nicht erlebt. Diese Ausnahme bezieht sich weniger auf die Produktion eines Bühnenwerks selbst, sondern vielmehr auf die äußeren Umstände. Denn aufgrund des Kampfes gegen das Corona-Virus fand am Samstagabend die Uraufführung der Musiktheaterperformance "M'Orpheo" im Regensburger Theater im Velodrom vor einer Geisterkulisse statt. So saßen im Auditorium der rund 600 Besucher fassenden Spielstätte nur ein paar Pressevertreter und einige Mitarbeiter des Theaters Regensburg.

Warum das Theater Regensburg die Uraufführung dieser von Julia Lwowski und Franziska Kronfoth vom Regieteam "Hauen und Stechen" geschaffenen Produktion trotz des aktuellen gesellschaftlichen Ausnahmezustandes über die Bühne gehen lassen wollte und im Internet in Form eines Live-Streams zur Verfügung stellte, erklärt sich auch aufgrund der Komplexität dieser Produktion.

Denn was die beiden Regisseurinnen sowie die Ausstatterin Yassu Yabara und der Videokünstler Martin Mallon - alle Mitglieder des Berliner Musiktheaterkollektivs "Hauen und Stechen" - hier in Anlehnung an Claudio Monteverdis Barockoper "L'Orfeo" geschaffen haben, entpuppt sich als ein Werk mit großem Aufwand. Das liegt zum einen an den zahlreichen Video-Einspielungen beziehungsweise Video-Live-Übertragungen und zum anderen an komplexen Bewegungsabläufen sowie vom Dirigenten Tom Woods neu arrangierten Teilen von Monteverdis Vorlage und zum anderen an der Integration von Techno-Kompositionen der "Gebrüder Teichmann". Auch Texte im modernen Jargon sowie historische Zitate ergänzen die Produktion, so dass insgesamt ein äußerst komplexes Gebilde zu erleben ist, das auch vom Bühnenbild und den Kostümen von Space-artigen Elementen über einen flauschigen Riesenhamster bis hin zu einem Countertenor, der im Crossdresser-Outfit die Hoffnung verkörpert, und Technoclub-Atmosphäre reicht.

Man kann hier gar nicht alle psychologischen, philosophischen sowie ausstattungstechnischen Ideen und Anspielungen nennen, welche die Produktion aufweist. Aber gerade diese Vielfalt mündet manchmal in eine Reizüberflutung, die hier und da einfach zu viel des Guten ist und die eigentliche Handlung phasenweise verschüttet.

Die Frage ob man vor allem mit den Techno-,Passagen ein junges Publikum ins Theater locken kann, sei aufgrund der nicht sehr transparenten Komplexität der Produktion einmal dahingestellt. Ob man ein junges Publikum so zu Monteverdi führen kann darf bezweifelt werden.

Alle Ausführenden verdienen großes Lob. Allerdings geht die Originalmusik von Monteverdi in diesem Spektakel manchmal fast unter. Das ist umso mehr schade, weil der Countertenor Onur Abaci in seinen verschiedenen Rollen ebenso wie die Sopranistin Sara-Maria Saalmann, aber auch der Chor und das von Tom Woods ausdrucksstark geleitete Orchester die frühbarocke Partitur mit sehr viel Gespür ausführen.

 
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