Auf dem Neupfarrplatz in Regensburg erinnern ein Denkmal und eine begehbare Ausgrabungsfläche an das einstige jüdische Ghetto. Dabei war die Gemeinde der Juden, die im Jahre 1519 erbarmungslos zunichte gemacht wurde, mehr als eine kleine Siedlung. Dass Regensburg im Mittelalter eine Metropole war, ist hinlänglich bekannt. Dass die Stadt über lange Zeit hinweg allerdings gleichsam als eine der bedeutendsten jüdischen Metropolen galt, hat sich weniger im Bewusstsein verankert.
Dichte Präsentation
Genau darüber klärt aber derzeit eine Ausstellung im Historischen Museum auf. "Regensburg - Mittelalterliche Metropole der Juden" heißt der Titel der dortigen Sonderschau. Was jahrelang wenig zur Sprache kam, wird dort nachgeholt. Und zwar gründlich. Die dicht gedrängte Präsentation beginnt bei der Niederlassung der Juden in Regensburg und reicht bis zum Zeitalter der Vertreibungen. Damit ist in diesem Fall die Epoche zwischen dem späten 14. und dem frühen 16. Jahrhundert gemeint. "Regensburg war die letzte der bedeutenden Städte im Reich, die ihre Juden vertrieben haben", heißt es in der Schau. Ein unrühmlicher Schlusspunkt einer Ära, in der den ungeliebten Exoten durch Stadträte und Landesherren systematisch das Leben schwer gemacht wurde.
Auch der Anlass der Ausstellung im Historischen Museum arbeitet ein wenig glorreiches Datum auf. Im Februar 1519 ordnete der Stadtrat die Vertreibung aller Juden aus Regensburg an. Die Schau, die daran anknüpft, gliedert sich ein in das kulturelle Regensburger Jahresthema 2019, das gleichsam das jüdische Leben dort posthum würdigt. "Stadt und Gesellschaft" lautet heuer das Motto des Kulturamts und seiner Partner. Das jüdische Leben an der Donau spielt dabei eine tragende Rolle.
Nicht nur Vertreibung
Als eine Art Hintergrundinformation zu Klezmer-Konzerten und Vorträgen über das Judentum liefert die Schau im Historischen Museum ausführliches Material. Die Ausstellung beschränkt sich nicht nur auf die Themen Hass und Vertreibung.
"War das Judenviertel ein Ghetto?", wird relativ zu Beginn der Schau gefragt. Die Antwort der heutigen Experten lautet "nein". Vollkommen abgeschottet mussten die Juden hier nicht leben. "Trotzdem herrschten zeitweise Verhältnisse, in denen das jüdische Viertel einem Ghetto gleichkam", heißt es aber weiter.
Die zusammengetragenen Exponate geben Zeugnis vom dortigen Leben. Jüdische Grabsteine oder die Nachbildung der ehemaligen Synagoge widmen sich der Religion. Über den gesellschaftlichen Aspekt informieren hauptsächlich Texttafeln.
Vieles ist dort zu erfahren über Orte im jüdischen Viertel wie das Tanzhaus, das Hospital, den eigenen Backofen und Brunnen. Es geht um die Rolle der Frau und um koscheres Essen, um Recht Wirtschaft und um das Zusammenleben mit Christen. Zeit sollte der Besucher mitbringen zur Besichtigung der Schau. Dafür steht am Schluss die Erkenntnis: Das jüdische Ghetto in Regensburg, das streng genommen gar keines war, strahlte einst als mittelalterliche Metropole.
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