Die Wirtschaft wünscht sich flexiblere Arbeitszeiten. Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) fordert, dass die tägliche maximale Arbeitszeit von zehn Stunden aufgehoben wird. Stattdessen soll es eine wöchentliche Arbeitszeit von höchstens 48 Stunden geben - mit einer flexiblen Arbeitszeit an den verschiedenen Tagen. VBW-Vertreter Stephan K. Fischer aus Mühlhausen (Kreis Neumarkt) betonte, dass sich auch die Mitarbeiter mehr Flexibilität wünschen. "Sie wollen sich nicht an starre Arbeitszeiten halten, sondern Privatleben und Arbeit besser unter einen Hut bringen." Es gehe nicht um eine Verlängerung - jeder soll seinen 35- oder 40-Stunden-Job behalten können -, sondern um eine Flexibilisierung.
Bundestagsabgeordnete Marianne Schieder (SPD) sagte, hier müsse noch vieles diskutiert werden - vor allem müssten auch die Arbeitnehmer ihre Sichtweise darlegen. Ihr Amtskollege Stefan Schmidt (Grüne) meinte, zehn Stunden am Stück zu arbeiten, sei schon eine lange Zeit. Wenn es darüber hinausgehe, sei die Konzentration und auch die Sicherheit gefährdet. Bundestagsabgeordneter Ulrich Lechte (FDP) sprach sich für die Flexibilisierung aus. "Ich glaube nicht, dass der Unternehmer die Arbeitnehmer dann ausbeuten würde."
Flexi-Woche denkbar
Auch Landtagsabgeordneter Tobias Gotthardt (Freie Wähler) sprach sich dafür aus. "Das passt zur heutigen Lebenswelt der Arbeitnehmer." Die Mitarbeiter seines Abgeordnetenbüros seien froh, wenn sie an einem Tag länger arbeiten und am nächsten Tag früher Schluss machen können. Bundestagsabgeordneter Peter Aumer (CSU) sagte, er könne sich eine Flexi-Woche vorstellen, man müsse aber das Verhandlungsergebnis von Arbeitgebern und -nehmern abwarten.
Uneins war die Runde auch über die Zukunft des Home-Office nach der Corona-Pandemie. "Dort, wo es möglich ist, sollte jeder ein Recht auf das Home-Office haben", sagte Schieder. Schmidt sprach sich ebenfalls dafür aus - dafür bräuchten die Arbeitnehmer aber eine gute Internetverbindung und geregelte Arbeitszeiten. Gotthardt wies daraufhin, dass nur etwa 30 Prozent der Arbeitsplätze geeignet fürs Home-Office seien. Ein Recht darauf will er nicht, genauso wenig wie Aumer. "Man sollte diese Pflanze, die gerade wächst, nicht kaputt regeln." Lechte meinte, der Staat brauche hier nichts zu regeln. In Zeiten von Fachkräftemangel würden viele Arbeitgeber aus Eigeninteresse das Home-Office anbieten, um Mitarbeiter zu gewinnen.
VBW-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt forderte, die zeitlich begrenzte Zusammenarbeit von Firmen-Angestellten und Selbstständigen zu vereinfachen. In der Automobilbrache etwa würden teils Mitarbeiter des Herstellers, eines Zulieferers und ein Solo-Selbstständiger als Experten gemeinsam an einem Projekt arbeiten. Es müsse ausgeschlossen werden, dass in so einem Fall der Vorwurf der Scheinselbstständigkeit drohe.
Befristete Verträge ein Streitthema
Unterschiedlich sahen die Diskutanten das Thema der befristeten Beschäftigung. Die VBW betrachtet sie als Chance, auch in unsicheren Zeiten Mitarbeiter anzustellen - und später, wenn möglich, fest an sich zu binden. Schieder und Schmidt hingegen äußerten sich kritisch. Sachgrundlose Befristungen würden dazu führen, dass Menschen keine größeren Anschaffungen machen und keine Familie gründen könnten. Lechte wies daraufhin, dass "der größte Befrister immer der Staat war".
Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft
- Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) vertritt als branchenübergreifende Dachorganisation bayerische Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände und Einzelunternehmen.
- In den Branchen der Mitgliedsverbände sind bayernweit etwa 4,8 Millionen sozialversicherungspflichtige Beschäftigte tätig.
- Der Verband widmet sich besonders den Themen Sozialpolitik, Wirtschaftspolitik, Recht und Bildungspolitik.
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