Wie Riesen die Welt erschaffen haben

11.08.2022 - 14:56 Uhr
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Laut Franz Xaver von Schönwerth sollen Riesen überall in der Oberpfalz gelebt haben. Im Podcast "Es war einmal... in der Oberpfalz" geht es um reale, mythische und märchenhafte Giganten.

Ein Riese steht im Europapark in Rust (Baden-Württemberg). Auch in der Oberpfalz waren Sagen über Riesen weit verbreitet.

Von Wolfgang Ruppert und Lucia Brunner

"Zur Zeit als die Erde neugeschaffen und noch weich war, machten die Riesen, wenn sie darauf herumgingen, mit ihren Fußtritten die Thäler und Berge der Erde, so groß und schwer waren sie", schreibt Franz Xaver und Schönwerth in seinem zweiten Band der Sitten und Sagen aus der Oberpfalz. Damit greift der Oberpfälzer Märchensammler einen Mythos auf, dem schon bei den antiken Griechen eine besondere Bedeutung beigemessen wurde. Es geht um die Erschaffung der Welt, die auch den Riesen in Teilen zugeschrieben wurde.

So wurden etwa Zyklopen als die Erbauer der Welt verstanden. Geschichtsschreiber Strabon (etwa 63 vor Christus bis 23 nach Christus) hielt fest, dass Zyklopen die Stadtmauer von Mykene errichtet haben sollen. Tatsächlich handelt es sich dabei um Bauwerke aus der späten Bronzezeit des griechischen Festlands, deren Ursprung den Menschen des späten Hellenismus nicht mehr bekannt war. Kulturwissenschaftler Leander Petzold schreibt in seinem Lexikon der Dämonen und Elementargeister, dass in der Antike Knochen und Fossilienfunde von großen Tieren wie Dinosauriern als sterbliche Überreste von Riesen interpretiert wurden. Kaiser Augustus soll eine ganze Sammlung von "Riesenknochen" in seiner Villa in Capri gesammelt haben.

Erklärungsansatz

Petzold sieht in den Sagen zu Riesen ebenfalls den Erklärungsansatz zur Erschaffung der Welt. "In der Mehrzahl entspringen Riesensagen jedoch dem Erklärungsbedürfnis der Menschen von auffallenden Naturerscheinungen. Sie wollen die Entstehung von Gebirgszügen und die Herkunft alleinstehender Felsblöcke erklären. Auch auffallende Bauwerke, Burgen und Kirchen schreibt man Riesen zu."

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Das spiegelt sich auch in Schönwerths Sammlungen wider. In der Oberpfalz sollen Riesen weit verbreitet gewesen sein. Es soll männliche wie weibliche Riesen gegeben haben. Schönwerth: "Ihre Wohnstätten, alte Burgen, nun meist in Trümmern, trifft man vorzüglich längs des Böhmerwaldes von Bärnau an bis hinunter zur Donau, dann westlich hin am Fichtelgebirge und von dessen Ausläufern hinab über Velburg zur Laaber, aber auch im Inneren des Landes wie um Amberg."

Baumeister und Räuber

Für Schönwerth selbst schien es auffällig gewesen zu sein, dass seine Gewährspersonen Riesen in gebirgigen Regionen verorteten. Weiterhin wurden die Giganten als Räuber und Baumeister gesehen. Die Riesen von Frauenstein sollen vorzüglich vom Raub gelebt haben. Des Weiteren sollen sie den Sagen nach für die Ausgrabung des Bodenwöhr-Weihers, den Bau der Ägidienkirche in Oberviechtach sowie der Errichtung des Turms in Aschach bei Amberg verantwortlich gewesen sein.

Schönwerth zählt Riesen zu den Erdgeistern. Im Märchen "Der Hirt und die Riesen" zeigt er, wie Menschen und Riesen zusammenarbeiten können. So trifft ein Hirte beim Hüten seiner Viehherde auf drei Riesen, die ihm und seinen Tieren zunächst Böses wollen. Mit einem rostigen Schwert verteidigt sich der Hirte und schneidet den Giganten Arme oder Beine ab. Diese flehen ihn an, ihre Gliedmaßen wiederzubekommen und bieten dem Hirten ihre Dienste an. Der Hirte zückt sein Schwert, schwingt es rückwärts und macht damit alles wieder ungeschehen.

Drache mit neun Köpfen

Von einem Grafen erfährt der Hirte von einem weiteren Unheil. Ein neunköpfiger Drache entführte eine Prinzessin und bedroht das Land. Der Hirte überlässt seine Herde den Riesen, lässt sich von ihnen mit Rüstung und Pferden ausstatten und zieht in den Kampf. Nach und nach köpft er das Untier mit seinem Schwert und nimmt zum Triumph die Zungen mit. Der Hirte rettet die Prinzessin, doch seinen Ruhm will sich ein Hoflakai sichern. Er schnappt sich die Köpfe des Drachen, während der Hirte davonreitet, um wieder zu seiner Viehherde zu kommen.

Als ein Graf mit großem Gefolge anreitet, sagt er zu ihm: "Wärst du weniger dumm als faul, als du stark bist, könntest du jetzt mein Gebieter sein!" Zunächst verstand der Hirte nicht. Aufklärung brachten ihm seine Freunde, die Riesen. Sie erklärten, dass die Prinzessin heiraten werde und rieten ihm, zum Schloss zu gehen. Als Verstärkung nimmt sich der Hirte seine Freunde mit, die ihm helfen, doch noch zu seinem verdienten Lohn zu kommen.

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Oberpfalz07.06.2022
Hintergrund:

Echte Riesen

  • Größter Mann: Amerikaner Robert Pershin Wadlow (1918 – 1940) aus Alton (Illinois), er war 2,72 Meter groß, hatte Schuhgröße 76, größter medizingeschichtlich belegter Mann
  • Größte Frau: Niederländerin Trijntje Keever (1616 – 1633) aus Edam, sie war 2,55 Meter groß, hatte Schuhgröße 55, größte medizingeschichtlich belegte Frau
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