„Das war schon sehr aufregend, aber sie war sehr locker.“ Claudia Stöckl spricht über Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Gemeindereferentin fuhr mit vier Sternsingern aus Rothenstadt und Etzenricht zum Empfang im Kanzleramt. Die Bilder gingen durch die ganze Republik. Dabei fällt auf: Keiner der Sternsinger ist schwarz angemalt. „Einige hatten einen leichten Ockerton im Gesicht“, erinnert sich Stöckl. Obwohl doch viele Menschen in der Oberpfalz und in Deutschland einen schwarz angemalten König in den letzten Tagen vor der Tür begrüßten.
Das Kindermissionswerk „Die Sternsinger“, das den Empfang organisiert, antwortet auf Anfrage von Oberpfalz-Medien, dass es keine Vorgabe gab, dass sich die Kinder beim Kanzlerempfang nicht schwarz schminken dürften. Die Organisatoren hätten jedoch vor dem Empfang bei der Kanzlerin eine Empfehlung ausgesprochen. „Wir raten den Kindern, sich nicht schwarz zu schminken, weil man sie sonst schwerer erkennen kann“, sagt der Pressesprecher des Sternsinger-Kindermissionswerks, Thomas Römer. „Wir würden das jedoch nie verbieten.“ Die Rothenstädter Gemeindereferentin bestätigt, dass es keine Verbote gab, sich schwarz anzumalen. Und auch im Bistum sei dies nie ein Thema gewesen, bestätigt der Pressesprecher aus Regensburg, Jakob Schötz. Er tippt eher auf Bequemlichkeit als Hintergrund: „Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich, dass die schwarze Schminke nur schwer wieder abgeht.“ Wichtig ist Schötz: Der geschminkte Sternsinger sei eine Erinnerung an den König aus Afrika, eine Ehrbezeichnung, keine Abwertung.
Manche sehen das anders: Unter dem Begriff „Blackfacing“ geraten weiße Menschen in Kritik, die sich schwarz schminken. Den Gemeinden stelle das Sternsinger-Kindermissionswerk frei, ob sich die Sternsinger schminken oder nicht erklärt Römer. Insgesamt beobachte er jedoch, dass das Schwarzschminken eher rückläufig sei.
Dass auch auf der Internetseite des Sternsinger-Hilfswerks keine schwarz angemalten Kinder abgebildet sein, bezeichnete er als „Zufall“. Auf der Internetseite betont die Organisation: „Dabei hat das ,Blackfacing’ nichts mit dem Sternsingen zu tun. Es handelt sich nämlich dabei um eine rassistisch geprägte Maskerade, die im 19. Jahrhundert in den Vereinigten Staaten von Amerika entstand. Dabei malten sich weiße Menschen das Gesicht schwarz und spielten in abwertender Weise einen Schwarzen.“ Auch gebe es Menschen, die befürchteten, dass ohne das Schwarzschminken eine alte Tradition verloren gehen könnte. Gemeindereferentin Claudia Stöckl sagt, dass sich nicht alle Kinder, die den afrikanischen König spielten, in Rothenstadt und Etzenricht schwarz anmalen möchten. Das sei ihnen frei gestellt. Manche Leute, die sie besuchten, fragten nach dem „Schwarzen“. Stöckl betont jedoch, dass das nicht der Sinn der Sternsinger sei.
Auch Pressesprecher Römer erklärt, dass das Sternsingen aus einem Volksglauben entstanden sei, der sich historisch verändere. Auch der Begriff „Mohr“ werde nicht mehr gebraucht.
Eine kritische Diskussion um „Blackfacing“ in Deutschland entbrannte unter anderem nach einem Sketch in der Sendung „Verstehen Sie Spaß“ 2016, als sich Moderator Guido Cantz mit brauner Schminke, aufmodellierten dicken Lippen und entsprechendem Akzent als ein Südafrikaner verkleidete.
Die „Initiative Schwarze Menschen in Deutschland“ kritisiert diese Form, die an deutschen Bühnen, in den Sendeanstalten der öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehsender und in alltagskulturellen Bereichen wie dem Karneval immer noch gängig sei, als rassistisch.
Eine ähnliche Diskussion gab es 2013 in den Niederlanden um den „Zwarte Piet“, den Helfer des Nikolauses, der braun oder schwarz geschminkt ist. Eine jamaikanische Professorin bezeichnete die Verkleidung als rassistisch und forderte die Figur abzuschaffen. Daraufhin gab es zahlreiche Proteste und Diskussionen, die bis heute andauern. Auch dass sich deutsche Fans bei der Fußball-WM beim Spiel gegen Ghana im Jahr 2014 schwarz schminkten, wurde als „Blackfacing“ bezeichnet. Über den Begriff „Blackfacing“ sagte der Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch der Deutschen Presse-Agentur: „Das Blackfacing gilt als rassistisch, weil es die Identität und die Erfahrungen schwarzer Menschen als Kostüm behandelt, das weiße Menschen beliebig an- und ausziehen können. Mit dem Blackfacing maßen sich weiße Menschen an, für schwarze Menschen sprechen und handeln zu können, und nehmen ihnen damit den Raum, dies selbst zu tun.“
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