Schirmitz
25.01.2019 - 15:48 Uhr

"Du sprichst wie ein Franzose, aber mit baierischem Akzent"

Als Thierry Pontoux von Paris in die Oberpfalz zog, bewunderte er die Deutschen für ihre dicken Autos. Mittlerweile hat er sich angepasst.

Thierry Pontoux stammt aus Paris, lebt aber seit mehr als 30 Jahren in der Oberpfalz. Bild: privat
Thierry Pontoux stammt aus Paris, lebt aber seit mehr als 30 Jahren in der Oberpfalz.

Der Franzose Thierry Pontoux kam 1988 in die Oberpfalz. Damals kannte der Pariser dort niemanden. Heute ist der er mit einer Oberpfälzerin verheiratet und hat zwei Kinder. Pontoux arbeitete zunächst in Parkstein, seit vielen Jahren ist er Informatiker in Weiherhammer. Im Interview erzählt der 53-Jährige, warum er die Oberpfälzer lustig findet und wie er sich ihnen und ihren Klischees angepasst hat.

ONETZ: Der Oberpfälzer ist ein Grantler und Sturkopf. Stimmt's?

Thierry Pontoux: (lacht) Als ich hierher kam, kannte ich niemanden, weder in der Arbeit noch privat. Ich hatte ein Zimmer bei einer Oma. Sie hat immer geschaut, was ich koche, war aber sehr nett. Die Kollegen haben mir dann die Geschichte von den "Honghenna" aus Parkstein erzählt. Die haben ein Bein kürzer als das andere. Ich kam drauf: Das war ein Witz. Da habe ich gedacht: Hoppla, die können auch lustig sein.

ONETZ: Mit welchen Vorurteilen und Erwartungen sind Sie in die Oberpfalz gekommen? Wie ist Ihr Fazit?

Thierry Pontoux: Ich kam für die Arbeit hierher. Ich war jung und hatte wenig Vorurteile. Nur ein Klischee: Die Deutschen haben große Autos und Ordnung muss sein. Ich kam mit einem Renault R5. Auf dem Firmenparkplatz sah er schon klein aus. Was soll‘s, in Deutschland verdient man gut und ich habe ein großes Auto gekauft.

ONETZ: Spielen Sie oft mit dem Gedanken, in Ihre alte Heimat zurückkehren? Wie oft fahren Sie tatsächlich zurück?

Thierry Pontoux: Eigentlich habe ich immer wieder Kontakte mit Paris, geschäftlich wie privat. Seit einiger Zeit habe ich einen neuen Weg gefunden, um mit Franzosen Kontakt zu halten: Mit fünf Freunden spiele ich regelmäßig in Weiden Karten, Tarot. Ein- bis zweimal im Jahr fahre ich nach Paris.

ONETZ: Was erzählen Sie dort von der neuen Heimat? Was würden Sie Ihren Verwandten und Freunden zuerst zeigen, wenn die zu Besuch kommen?

Thierry Pontoux: Meine Freunde und Verwandte kommen aus Paris und der Umgebung. Wir sind Großstadtmenschen. Ich zeige ihnen hier die Natur, den Oberpfälzer Wald. Mit meiner Mutter wollte ich einmal in den Wald, aber ich habe mich verlaufen. Wir sind zwei Stunden rumgerannt. - Auch das Bier schmeckt ihnen gut.

ONETZ: Verstehen Sie Ihre Oberpfälzer Kollegen, wenn Sie mit ihnen nach Feierabend ein Bier trinken?

Thierry Pontoux: Am Anfang war das schon schwer. Ich hatte Verständigungsprobleme. Zwischen dem Schuldeutsch und Bairisch gibt es krasse Unterschiede. Aber viele Leute haben sich bemüht, mit mir Hochdeutsch zu sprechen. Das ist mir aufgefallen. Heute habe ich keine Probleme mehr. Nach einem Bier sowieso nicht.

ONETZ: Fühlen Sie sich bereits als Oberpfälzer?

Thierry Pontoux: Naja. Vor zwei, drei Jahren war ich geschäftlich in Norddeutschland. Dort haben sie gesagt: Du sprichst wie ein Franzose, aber mit baierischem Akzent. Ich fühle mich als Oberpfälzer und als Franzose.

Die Serie:

In der Kolumne „Zugroast“ stellen wir jede Woche Menschen vor, die aus Hamburg, aus dem Ruhrpott oder aus Kasachstan in die Oberpfalz gezogen sind – und hier eine neue Heimat gefunden haben.

Alle Teile der Serie

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.