Schönsee
03.02.2025 - 09:43 Uhr

Andreas Wirnshofer auf seiner letzten Tour

Er macht Defizit, ist aber trotzdem ein Gewinn: Der Bürgerbus. Andreas Wirnshofer hat ihn 15 Jahre gefahren – ehrenamtlich. Nun verabschiedet er sich.

Von Magdalena Bittner, die in Schönsee seit zehn Jahren das Bürgerbusprojekt betreut, kam ein Hilferuf: Andreas Wirnshofer (82) aus Schönsee, Rainer Bauer (67) aus Stadlern und Erwin Hunger (72) aus Schönsee sorgten bisher dafür, dass der Bürgerbus am Montag, Mittwoch und Freitag fuhr. Mit dem Ausscheiden Wirnshofers ist eine Lücke entstanden: Die Montagsroute wurde eingestellt. Doch es gibt eine Lösung.

Als Bürgerbusfahrer kann man sich nicht so einfach ans Steuer setzen. Der Fahrer muss den Personenbeförderungsschein haben, der zudem alle fünf Jahre erneuert werden muss. Wirnshofer hätte das wohl locker geschafft. Ein Reaktions- und Sehtest wird verlangt, das Beurteilen von Straßensituationen. "Mein Bruder, der den Bus auch gefahren hat, hatte da immer ganz schön Bammel davor," erzählt Wirnshofer. Er sieht aus einem anderen Grund von einer Verlängerung ab. Wenn etwas passieren würde und er auch nicht schuld wäre, würde es doch heißen, "warum lässt man den alten Mann noch fahren?" Er zieht die Konsequenz und hört auf. Die Mittwochstour wird ihm fehlen. "Doch meine Frau hat bestimmt eine Arbeit für mich", lacht er.

"Das macht zufrieden"

Andreas Wirnshofer empfand die Bürgerbustouren stets als eine Bereicherung. Früher fuhr der Bürgerbus noch an jedem Wochentag. Der achtsitzige Kleinbus war meist gut gefüllt, erzählt er Oberpfalz-Medien. Orte im Bereich der Verwaltungsgemeinschaft – darunter Schwand, Laub, Charlottenthal, Waldhäuser, Schwarzach, Weiding, Stadlern oder Schönau – wurden und werden nach Bedarf angesteuert.

Wirnshofer war früher Lehrer für Physik und Mathematik am Ortenburg-Gymnasium, dann im Ruhestand sprach ihn die frühere Bürgermeisterin Birgit Höcherl darauf an, ob er beim Bürgerbus-Projekt mitmachen würde. Er hat es nie bereut. "Da sind viele freundschaftliche Beziehungen entstanden. Die Mitfahrer sind dankbar, dass wir das machen. Und mir hat es immer ein Gefühl der Zufriedenheit gegeben".

Zuhörer und Ratgeber

Obwohl er auch noch den Gesangverein leitet und im Kirchenchor aktiv ist, nahm er sich gerne die Zeit. "Früher fuhren auch noch die Grundschüler aus Lindau und Polster mit", erinnert er sich. "Und man hatte seine Stammgäste. Im Bus saßen meist sechs Leute". Die Fahrgäste erzählten vom Familienzuwachs, von ihren Krankheiten und Wehwehchen. Der Fahrer nahm Anteil, tröstete, gab einen Rat, soweit er konnte. Soziale Kontakte, die Fahrer und Fahrgäste bereichern.

Die Ziele der Fahrten: Einkaufen, Arztbesuche, Physiotherapeut. "Das war immer eine nette Gruppe, die Mitfahrer haben sich danach noch zum Kaffeetrinken verabredet". Doch Corona hat laut Andreas Wirnshofer vieles verändert. Menschen sind gestorben, andere sind inzwischen krank und nicht mehr mobil. Die Mitfahrer wurden weniger, das Angebot folglich auf drei Tage mit drei Fahrern reduziert.

Auf Anruf

Magdalena Bittner kennt alle Stammgäste, die Marlene und den Josef aus Schönsee oder den Otto aus Charlottenthal. "Sie rufen an, wenn sie mitfahren wollen, oder haben es schon mit dem Fahrer bei der letzten Tour ausgemacht." In den VG-Orten gibt es gekennzeichnete Haltestellen mit Fahrplan. Hier wird zugestiegen. Auf der Rückfahrt sind die Fahrer kulant. Die Senioren haben meist nach ihren Besorgungen schwere Taschen dabei, da setzt man sie auf der Fahrstrecke auch an der Haustür ab.

Rainer Bauer hat momentan die bisherige Wirnshofer-Tour am Mittwoch übernommen. Der 67-jährige freiberufliche IT-Berater ist vor einigen Jahren mit seiner Frau aus Penzberg nach Stadlern gezogen. Die Natur, die gute Luft, das schätzt er hier. Am Mittwoch fährt der 72-jährige Josef Sperl mit. Er wohnt in Schönsee im Zentrum, doch der Weg zur eineinhalb Kilometer entfernten Norma ist beschwerlich, noch dazu bergauf. "Wer mit dem Auto fährt, nimmt das gar nicht so wahr", meint Rainer Bauer. Josef Sperl fährt regelmäßig mit, macht seine Einkäufe. Weintrauben "und was man halt so braucht" hat er in zwei Einkaufstaschen verstaut, als er nach einer halben Stunde am Eingang steht. Er ist froh, dass er so bepackt nicht im Regen zurückgehen muss. Der Bürgerbus zur Norma kostet ihn 50 Cent einfach. Vom entlegenen Charlottenthal sind 2,60 Euro zu zahlen, berichtet Magdalena Bittner.

Nachfolger gefunden

Zu ihrer großen Freude hat sich Dieter Ostermair aus Weiding gemeldet. Der 64-Jährige ist seit einem Jahr Rentner. Er war in der Automobilbranche, bei Audi in Ingolstadt, tätig. Ostermair ist ehrenamtlich gut unterwegs – als Kirchenpfleger, als zweiter Vorsitzender des VdK Schönsee, als Mitglied in der AWO. Sein Beweggrund, eine Bürgerbustour zu übernehmen: "Ich helfe halt gerne". Wenn er seinen Personenbeförderungsschein hat, ist das Trio wieder komplett. sind die drei Touren wieder besetzt. Trotzdem wäre noch ein Springer ganz hilfreich. Auch ein Wunsch wurde herangetragen: Bewohner der Sozialtherapeutischen Einrichtung (STE) würden sich über eine Nachmittagstour freuen.

Andreas Wirnshofer liegt nach seinem 15 Jahre langem Engagement ebenso wie Magdalena Bittner der Fortbestand des Bürgerbusses am Herzen. "Er sollte halt mehr genutzt werden, damit das Angebot Bestand hat. Doch wenn die Fahrgäste weniger werden…"

Fahrer Rainer Bauer hat am Mittwoch vier Euro eingenommen. Das wird in Abrechnungsbögen vermerkt und ist "überschaubar", lacht er auf der Rückfahrt von der Norma. Doch Josef Sperl kann seinen Alltag in Schönsee besser bewältigen – eigenständig.

Info:

Bürgerbus Schönsee

  • Träger: Landkreis Schwandorf
  • Anstoß: Besichtigung in der Provinz Zuid-Holland im Januar 1982
  • Beginn der Bürgerbuslinien: Oktober 1985
  • Ablauf: Die Fahrgäste sind nach den Rückmeldungen vor Ort vor allem Rentner und ältere Personen (Ü70), die keinen Führerschein haben. Die Fahrten werden vor allem zum Einkaufen genutzt; damit die Bürger vom Stadtkern bzw. den umliegenden Dörfern insbesondere zum Supermarkt kommen
  • Kosten: Die Fahrtkosten liegen derzeit je nach Fahrtweg bei maximal 3,20 Euro pro Fahrt. Die meisten Strecken liegen jedoch bei unter 3 Euro
  • Fahrten reduziert: Es gab in früheren Jahren mehr Fahrer für die ehrenamtliche Aufgabe. Aufgrund des zunehmenden Individualverkehrs nahm die Nutzung des Bürgerbusses ab, wodurch Fahrten reduziert wurden
  • Fahrgäste: 2024 wurden ca. 1050 Fahrgäste mit dem Bürgerbus im Raum Schönsee befördert
  • Bei den Linien S1 und S7 handelt es sich um regulären Linienverkehr gemäß Fahrplan. Die Linien S4 und S6 werden nur nach vorheriger Anmeldung bei der VG Schönsee bedient. Die Haltestellen sind im Fahrplan hinterlegt. Die Fahrpläne sind auf der Internetseite des Landkreises und der Stadt Schönsee zu finden
  • Betriebskostendefizit: Im Durchschnitt der letzten vier Jahre ca. 11.000 Euro

Quelle: Landratsamt Schwandorf

 
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