Andrea Turini ist einer der großen Pianisten unserer Zeit und so ist es nicht verwunderlich, dass das Konzert beim "Goldenen Oktober" im Oberpfälzer Künstlerhaus sehr gut besucht ist. Kein Wunder, stehen doch am Freitag die berühmten "Goldberg-Variationen" auf dem Programm. Der Pianist beginnt am Steinway-Flügel seine Darstellung der "Goldberg-Variationen G-Dur" BWV 988 von Johann Sebastian Bach. Die "Aria", die das Werk eröffnet, stellt das Kernmotiv vor, die Klangfolge, mit der die 30 folgenden Variationen umgehen, die das Thema in allen Zwischenstationen von leise und hingebungsvoll bis heftig und schnell jeweils andersartig erklingen lassen.
Dem Pianisten gelingt es, diese Aria so hingebungsvoll darzubieten, dass ab den ersten Takten im Raum eine besondere Stimmung entsteht, die durch seine Interpretation erhalten und sogar verstärkt wird. Früher hat man dieses Werk streng im Takt dargestellt. Heute arbeitet ein Andrea Turini emotional die jeweilige Stimmung heraus, versucht, den Charakter eines Stückes gefühlsmäßig den Zuhörern näher zu bringen. Demnach auch in der Weise, dass er verlangsamt oder beschleunigt, wenn es der Charakter des Stückes zulässt. Genau das ergibt ein völlig neues Hörerlebnis und eben das will Andrea Turini erreichen. Neben den Freiheiten, die Bach hinsichtlich von Tempo und Lautstärke zulässt (es gibt keine Anweisungen hierzu im Notentext), ist dieses Alterswerk des Komponisten eines der kunstvollsten Stücke dieser Gattung neben den "Diabelli-Variationen" op 120 von Ludwig van Beethoven. So benennt Bach jede dritte Variation mit dem Untertitel "Canone alla...", was einmal bedeutet, dass die Variation als Kanon konzipiert ist.
Darüber hinaus heißt es "Unisono", "alla Seconda", "alla Terza" bis "alla Nona", was bedeutet, dass der Kanon in gleicher Tonhöhe, einen Ton tiefer, zwei Töne tiefer bis neun Töne tiefer angelegt ist. Das gibt natürlich dem Interpreten alle Möglichkeiten, in Betonungen die jeweiligen Tonunterschiede darzustellen. In der 15., 21. und 29. Variation wird die Haupttonart D-Dur zugunsten von g-moll verlassen. Besondere spieltechnische Herausforderungen ergeben sich in einer weiteren Dreierreihe dadurch, dass das Kreuzen der Hände in jedem Stück eine besondere Rolle spielt und ein virtuoses Bewegungsspiel herausfordert. Eine letzte Dreierreihe ermöglicht dem Vortragenden, spezielle Vortragsfolgen hervorzuheben, so eine "Siciliana" , eine "Fughetta", eine "Sarabande", um einige zu nennen.
Einen musikalischen Scherz stellt das "Quodlibet" der 30. Variation dar, in der Bach durch zwei Volksmusik- Melodien seine Freiheiten in der Anlage von Variationen bestätigt. Mit dem erneuten Vortrag der "Aria" endet das Werk. Andrea Turini reagiert auf den riesigen Beifall mit Claude Debussy, nämlich "Clair de Lune" aus der "Suite Bergamasque" und einer Variationswiederholung. Auf jeden Fall ist es ein besonderes Konzert, dieser vorletzte Abend im "Goldenen Oktober".
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