Selb
10.10.2019 - 17:11 Uhr

"Herz und Hirn des Porzellanikons"

Standing Ovations für den scheidenden Gründungsdirektor: Als die Ehrengäste bei der Verabschiedung des Museumsdirektors im Porzellanikon lange klatschten, sah es fast so aus, als würde Wilhelm Siemen den Beginn seines Ruhestand beweinen.

Nach 35 Jahren geht Wilhelm Siemen in den Ruhestand (Vierter von links, rechts daneben seine Ehefrau Christiane). Die Leistung des Porzellanikon-Gründungsdirektors würdigten (von links) Hohenbergs Bürgermeister Jürgen Hoffmann, Oberfrankens Regierungspräsidentin Heidrun Piwernetz, der bayerische Wissenschaftsminister Bernd Sibler, Festredner Christoph Schmälzle, der ehemalige Wunsiedler Landrat Peter Seißer und Landrat Karl Döhler. Bild: Uwe von Dorn
Nach 35 Jahren geht Wilhelm Siemen in den Ruhestand (Vierter von links, rechts daneben seine Ehefrau Christiane). Die Leistung des Porzellanikon-Gründungsdirektors würdigten (von links) Hohenbergs Bürgermeister Jürgen Hoffmann, Oberfrankens Regierungspräsidentin Heidrun Piwernetz, der bayerische Wissenschaftsminister Bernd Sibler, Festredner Christoph Schmälzle, der ehemalige Wunsiedler Landrat Peter Seißer und Landrat Karl Döhler.

Der "Doyen der Porzellanforschung", wie der bayerische Wissenschafts- und Kunstminister Bernd Sibler Wilhelm Siemen nannte, hätte in 35 Porzellanikon-Jahren oft Grund zum Heulen gehabt. Hat er aber nicht, sondern "das Wunder von Selb" verbracht, wie es Kunsthistoriker Dr. Christoph Schmälzle in seinem Festvortrag unter dem Titel "Eine ganz unwahrscheinliche Museumsgeschichte" formulierte.

Gut und wichtig

Das Porzellanikon sei gut und wichtig für Hohenberg und Selb, für Oberfranken und ganz Bayern, betonte Oberfrankens Regierungspräsidentin Heidrun Piwernetz. Dieses "Vorzeigemuseum mit großer Strahlkraft" besitze Weltgeltung und dürfe sich einiger Superlative rühmen: Es sei nicht nur Oberfrankens einziges Landesmuseum und das zweitgrößte Museum in ganz Nordbayern, sondern auch Bayerns erstes Industriemuseum sowie das größte Spezialmuseum für Porzellan in Europa.

Minister Sibler formulierte er es so: Mit Kreativität und Flexibilität, wissenschaftlicher Akribie, gestalterischer Sicherheit, visionärem Denken, Hartnäckigkeit, Überzeugungskraft und Einfühlungsvermögen schuf Porzellanikon-Direktor Großes.

Es sei genau der richtige Zeitpunkt, um zu gehen, betonte Siemen zwar im Interview mit der Frankenpost - doch Piwernetz bezweifelte, ob der Museumsdirektor gefühlsmäßig wirklich schon so weit sei. Denn 35 Jahre an der Spitze des größten Museums in Oberfranken seien fürwahr eine Ära: "Ihre heutige Verabschiedung bedeutet eine markante Zäsur - nicht nur für das Porzellanikon, sondern für den gesamten Regierungsbezirk."

Gut aufgestelltes Haus

Wenn Siemen am 1. November im Alter von 64 Jahren in den Ruhestand gehe, hinterlasse er ein gut aufgestelltes Haus, ein eingespieltes und motiviertes Team, ein Netzwerk nationaler und internationaler Partner, eine gute Verankerung in der Region sowie eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Freistaat, sagte Minister Sibler: "Du wirst hier fehlen!" Auch den 50 Mitarbeitern, betonte der stellvertretende Museumsdirektor Wolfgang Schilling. Er wird die beiden Häuser in Selb und Hohenberg weiterführen, bis dann am 1. Februar ein neuer Direktor mit der Leitung beauftragt wird. Schilling nannte Siemen "Herz und Hirn des Porzellanikons".

Der Wunsiedeler Landrat Dr. Karl Döhler erinnerte daran, wie steinig der Weg in den vergangenen Jahrzehnten gewesen sei: Oft kämpfte man gegen Windmühlen - es gab viele Rückschläge. Obwohl diese Zeiten vorbei sind und Minister Sibler das Porzellanikon am Mittwoch einen "Leuchtturm für die Region mit überregionaler Strahlkraft" nannte, bleibt Döhler vorsichtig. Für seine Rede hatte sich der Landrat von Mitarbeitern die Kosten zusammenstellen lassen, die im Laufe der Jahrzehnte für das Porzellanikon entstanden sind. "Aber ich sag's lieber nicht."

Info:

Hintergrund

Das Porzellanikon beherbergt heute auf 10 000 Quadratmetern Ausstellungsfläche eine europaweit einzigartige Sammlung mit 240 000 Porzellanobjekten vom 18. Jahrhundert bis in die Jetztzeit. Während in Hohenberg die Kulturgeschichte des Porzellans erlebbar ist, zeigen die historischen Fabrikgebäude in Selb die Herstellungsprozesse und Einsatzbereiche der High-Tech-Keramik. In einem alten Brennhaus ist zudem eine Rosenthal-Ausstellung untergebracht.

Eine Medaille für einen Macher: Wilhelm Siemen (rechts) bewegte viel in Selb: Er entwickelte Dinge, die den Bewohnern noch viele Jahrzehnte Nutzen brächten, betonte Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch in seiner Laudatio für den scheidenden Direktor des Porzellanikons. Bild: Uwe von Dorn
Eine Medaille für einen Macher: Wilhelm Siemen (rechts) bewegte viel in Selb: Er entwickelte Dinge, die den Bewohnern noch viele Jahrzehnte Nutzen brächten, betonte Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch in seiner Laudatio für den scheidenden Direktor des Porzellanikons.
 
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