Speinshart
16.08.2018 - 17:46 Uhr

Vermittler zwischen Welten und Völkern

"Vorsicht - Leidenschaft" hieß das Motto des Festival-Sommers der Jungen Künstler Bayreuth vor einigen Jahren. Die emotionalen Gefühle setzen sich auch in diesem Hitzesommer fort.

Festlich, heiter, wild hieß es am Mariä Himmelfahrt in Speinshart. Das Festspiel-Quintett des Festivals junger Künstler Bayreuth bietet vor prächtiger Kulisse ein besonderes Konzerterlebnis ohne programmatische Vorbehalte. do
Festlich, heiter, wild hieß es am Mariä Himmelfahrt in Speinshart. Das Festspiel-Quintett des Festivals junger Künstler Bayreuth bietet vor prächtiger Kulisse ein besonderes Konzerterlebnis ohne programmatische Vorbehalte.

Es ist Mariä Himmelfahrt. Den höchsten Marienfesttag lassen vier leidenschaftliche Streicher und ein Klarinettist im Kloster Speinshart musikalisch ausklingen. Das Quintett mit turkmenischen Musikern ging 2015 aus dem Konservatorium in Asgabat, der Hauptstadt des ölreichen Landes am Kaspischen Meer hervor. Unkonventionell und mit voller Hingabe bieten die fünf Musiker ein besonderes Konzerterlebnis. Sie spannen einen weiten Bogen durch alle Zeiten, Musikgenres und Komponisten. Programmatische Vorbehalte gibt es keine. Das Repertoire ist facettenreich und umfasst nicht nur klassische Werke, wie das Klarinettenkonzert op. 115 von Johannes Brahms oder das Concerto in C-Dur von Domenico Cimarosa, sondern auch turkmenische Kompositionen und virtuose Solostücke für Klarinette und Violine und einen musikalischen Abstecher in das Mutterland des Tangos.

Exzellentes Können

Ovezov Yusup, der Solo-Klarinettist des Ensembles, zeigt mit Brahms Klarinettenkonzert sein exzellentes Können. Johannes Brahms hatte dem Komponieren bereits abgeschworen. Wie gut, dass der Komponist dann doch noch einmal seiner Eingebung folgte und dabei Grandioses herauskam, das in der lauschigen Atmosphäre des Klosterhofes erklingt. Als hafte eine eigene Magie an dem jüngsten der klassischen Holzblasinstrumente, vermittelt Klarinettist Ovezov Yusup ein Zauberspiel.

Todtraurig und dunkel, voller Süße und Sehnsucht nutzt der Künstler "sein Werkzeug" als perfektes Ausdrucksmittel, um Wahrheiten über das Leben zu verkünden. Dass kein anderes Blasinstrument so leise spielen kann wie die Klarinette, Yusup führt es vor. Dazu ein Streichquartett, seit Joseph Haydn Königsdisziplin aller Komponisten. Eine Traumkombination mit den Künstlern Rizayev Samir, Iomudov Saparnyyaz (Violine), Atayev Taher (Viola) und Gandymov Yusupgeldi (Violoncello).

Auch im folgenden Programm beeindruckt das Ensemble in kongenialer, hellwacher Partnerschaft, absolut pares inter pares, alle gemeinsam kollegial vereint im Geist musikalischer Leidenschaft. Vor allem wer das Concerto in C-Dur des italienischen Domenico Cimarosa nicht kennt. Im Einklang mit dem Fest Mariä Himmelfahrt genießt die Hörerschaft entspannende Klang-Verlockungen.

Die Frohlockungen setzen sich mit "Theme of Shukur" und "Nar agajy" fort. Von der Seidenstraße kommen Töne mit Tiefgang. Voller Melancholie und dann doch wieder wie ein Steppensturm durchwehen Kompositionen von Nury Halmammedov, beschrieben als einer der größten Söhne Turkmenistans (1938-1983) den Innenhof des Klosters. Mit beiden Werken verbindet das Quintett frei nach dem Konzertmotto festlich, heiter, wild Elemente des turkmenischen Volksmusikerbes mit breiter klassischer Tradition.

Variationen von Piazolla

Mit einem "Saitenwechsel" erinnert das Festival-Quintett aus Turkmenistan an die in Asien fest verankerte westliche Musikkultur. Ovezov Yusup und sein Team spielen sich mit Variationen von Astor Piazzolla in die Zukunft. Dieses Versprechen setzt das Quintett mit "Chiquílín de Bachin" mit spielerischer Leichtigkeit um. Die Hommage an den argentinischen Tango-König wird mit dem "kleinen Jungen aus Badin" zum lustvollen Schlussakkord voller Wärme und zärtlicher Gesten, fein durchpulst, gelassen und leidenschaftlich zugleich und mit eine Portato, das direkt vom lieben Gott zu kommen scheint. Ein himmlischer Abschluss mit Leuchtspuren am Abendhimmel.

Begeisterter Beifall der circa 250 Besucher begleitet die fünf jungen Leute beim Abgang. Eine erneut beeindruckende Demonstration des Festival-Anliegens, die Kommunikation zwischen den musikalischen Welten und Völkern mit künstlerischen Mitteln zu vertiefen.

 
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