"Ein verrauchter Jazzclub in New Yorks 52. Straße in den 60er Jahren. Auf der Bühne fünf Musiker in bester Spiellaune und ein begeistertes Publikum, das den neuartigen Klängen verzückt lauscht!" Bis auf den Rauch ist die Atmosphäre im "Bistrot Paris" ähnlich. Nur ein paar Meter trennen Zuhörer und Musiker, Bass und Klavier nur leicht verstärkt, die Hörner verzichten auf Mikrofone, aber ihr Klang füllt auch so den Raum voll aus. Im Mittelpunkt ein Instrument, das meist nur als tiefe Stimme im Saxofon-Satz agiert: das Baritonsax.
Nachlassverwalter des Jazz
Gerry Mulligan und Pepper Adams bewiesen in den 50er Jahren, dass dieses gewichtige Instrument in Sachen Beweglichkeit und Virtuosität durchaus mit seinen kleineren "Brüdern" mithalten kann. Gary Smulyan, mittlerweile auch schon 63 Jahre alt, führt deren Vermächtnis weiter, sein Name findet sich seit Jahrzehnten auf den Spitzenplätzen im "Down Beat Kritiker Poll".
Kreative Neuschöpfungen
Ein kurze Phrase auf dem Bariton, dann auf dem Tenor, dann auf dem Klavier - mit dem Eröffnungsstück "In & Out" geht es sofort zur Sache. Man spürt, hier sind Meister am Werk, die mit Herzblut ihre Musik dem Publikum näher bringen. Jeder ist ein Virtuose auf seinem Instrument. Auch schwierigste Passagen werden mit Leichtigkeit und Swing gemeistert, ein Wechselgespräch zwischen den Musikern, dynamisch und mitreißend, spannend vom ersten bis zum letzten Ton.
Gary Smulyan und sein Gegenpart am Tenor, Ralph Moore haben in unzähligen Orchestern gespielt und führen die Musik einer mittlerweile verstorbenen Generation weiter. Mit etwas Wehmut widmet Smulyan den Abend auch drei in den letzten Wochen verstorbenen Pianisten: Harold Mabern, Larry Willis und Richard
Wyans. Die Kompositionen stammen von Pepper Adams, Joe Henderson, Tommy Flanagan und Thad Jones - alles Stücke, die man sonst kaum hört. Es entstehen aber keine Kopien, sondern kreative Neuschöpfungen mit viel Freiraum um eigene Ideen und Vorstellungen, aber auch spontane Einfälle einzubringen. Man spürt, dass diese Gruppe schon länger zusammenspielt und traumwandlerisch aufeinander reagiert.
Olivier Hutman ist der ideale Pianist. Routiniert und geschmackvoll kann er sowohl solistisch, wie auch als dezenter Begleiter überzeugen. "Laura", im Duo von Bariton und Klavier, führt in die sanfte Welt der Balladen und setzt einen willkommenen Ruhepunkt zu den quirligen und fordernden Bebop-Phrasen. Im neuen Gewand kommt "Body & Soul", das wohl zu den meistgespielten Stücken im Jazz zählt. Ralph Moore hat es neu arrangiert und in ein munter swingendes Kleinod verwandelt.
Der Schweizer Bassist Stephan Kurmann fällt nicht nur durch sein uriges Erscheinungsbild aus der Reihe, auch sein Instrument, eine Art "Reise-Bass" ist schon optisch ein Unikum. Er wurde in Brasilien nach seinen Vorstellungen gebaut, kann aber klanglich nicht voll überzeugen. Mit vollem Körpereinsatz bearbeitet er sein Instrument, virtuos und ideenreich ist sein Spiel.
Am Schlagzeug sitzt der Österreicher Bernd Reiter, der die Gruppe immer wieder zusammenführt und auch den Gruppensound durch sein dynamisches und virtuoses Spiel prägt. Er fühlt sich sichtlich wohl in seiner Rolle, überrascht mit kurzen Breaks und gut durchdachten Solopassagen.
Duell der Musiker
In der Tradition der großen "Geschichtenerzähler" auf dem Tenor bewegt sich Ralph Moore bei "Peace", einer Komposition von Horace Silver, in dessen Gruppe Moore von 1981 bis 1985 spielte. Das Schluss-Stück "Verdandi", aus der Feder von Tommy Flanagan entwickelt sich zu einer wahren "Tour de Force" in Sachen Tempo und Länge. Über eine längere Passage liefern sich Schlagzeug und Barion ein regelrechtes Duell bei dem beide als Sieger hervorgehen.
Als Zugabe noch ein erholsamer Blues, eingeleitet von einer eingängigen Melodie auf dem Tenor. Es folgen ausdrucksstarke Solos von allen Musikern und gegen Ende beschließt ein stimmungsvoller Dialog von Bariton und Tenor den Abend endgültig. "Jazz at its best" - wie es ein Schallplattenlabel auf den Nenner bringt!
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