Es war ganz schön was los gewesen beim Gastspiel der Polizeipuppenbühne Weiden in Sulzbach-Rosenberg. Zu den vier Vorstellungen im Saal des Sulzbacher Feuerwehrhauses kamen insgesamt 325 Vorschulkinder aus 20 Kindergärten und hatten jede Menge Spaß bei dieser speziellen Art der Verkehrserziehung.
Für die Sulzbach-Rosenberger Zeitung verfasste der stellvertretende Leiter der Polizeiinspektion (PI) Sulzbach-Rosenberg, Hauptkommissar Peter Krämer, eine Pressemitteilung. Ihm lagen drei Bilder vor: zwei mit den Mädchen und Buben und ihren unkenntlich gemachten Gesichtern, eines, bei dem die Kinder nur von hinten zu sehen waren und Vertreter der Polizei vor der Bühne standen. Gefertigt hatte die Fotos ein PI-Kollege von Krämer.
Warum zwei Aufnahmen, auf denen die Kleinen nicht zu erkennen waren? Man sei sich nicht sicher gewesen, so sagte Krämer zu Oberpfalz-Medien, dass bei jedem Kind tatsächlich die erforderliche Einverständniserklärung der Eltern für die Veröffentlichung der Bilder in der Zeitung vorliegt. Bei 325 Kindern aus so vielen verschiedenen Kindergärten wollte die Polizei hier laut Krämer keinerlei Risiko eingehen. Um mögliche juristische Auseinandersetzungen zu vermeiden, ist es immer sinnvoll, die Veröffentlichung von Fotos durch eine schriftliche Einwilligung abzusichern. Ratsam ist dies insbesondere bei Minderjährigen. Schulen und Kindergärten holen solche Erklärungen erfahrungsgemäß von den Eltern ein.
Nun schaut es aber nicht besonders toll aus, wenn im Lokalblatt Kinder mit "verfremdeten" Gesichtern gezeigt werden. Und so entschied sich Krämer, diese beiden Bilder nicht herauszugeben und die Presse-Info mit dem Foto zu schicken, auf dem nur die Rücken des Publikums abgebildet waren.
Bildnisse einer Person, das haben Zeitungen zu beachten, dürfen nach Paragraf 22 des Kunsturhebergesetzes grundsätzlich nur mit Einwilligung des Betroffenen "verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden". Handelt es sich bei dem Abgebildeten um einen Minderjährigen, ist zusätzlich die Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters nötig, wie der Bundesgerichtshof bereits 2004 befunden hat. In der Regel sind das die Erziehungsberechtigten.
Das Recht am eigenen Bild ist eine besondere Form des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Entscheidendes Kriterium ist die Erkennbarkeit bestimmter Personen. Darauf weisen auch die Juristen der "Initiative Tageszeitung" (ITZ) in ihrem Online-Lexikon hin und führen aus: "Dazu gehört nach der Rechtsprechung nicht viel. Es genügt, wenn die Person von Menschen aus ihrem engeren Bekanntenkreis identifiziert werden kann - etwa aufgrund Haaransatz, Hals, der Ohren, der Haltung oder Statur. Erkennbar kann die Person auch durch den Begleittext oder in früheren Veröffentlichungen mitgeteilte Umstände werden. Die Veränderung des Bildnisses durch Augenbalken oder ,Pixeln' beseitigt die Erkennbarkeit in der Regel nicht ausreichend." Der Medienrechtsanwalt Dr. Holger Weimann (München) von der Akademie der bayerischen Presse sagte bei einer Schulung im Verlagshaus von Oberpfalz-Medien: "Fotos von Kindern sind immer ein Problem, weil hier immer Interessen entgegenstehen."
Welche Rolle spielt eigentlich die "berüchtigte" Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) beim Thema Bildveröffentlichung und -verbreitung? Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger betont: Diene die Veröffentlichung journalistischen Zwecken, werde sie durch das Presse-Privileg geschützt. Wie bislang gelte also beispielsweise das Kunsturhebergesetz. Nach Einschätzung des Bundesinnenministeriums führt die DSGVO zu keinen wesentlichen Veränderungen der bisherigen Rechtslage im Umgang mit Fotografien. Wie bisher, dürften Fotos nur dann verarbeitet werden, wenn die betroffene Person eingewilligt hat oder eine Rechtsgrundlage dies erlaubt.
Kinder im Onetz
Thomas Webel, Leitender Redakteur Digitales bei Oberpfalz-Medien, erläutert: Kinderfotos im Internet - das ist immer eine schwierige Sache. Einerseits posten viele Eltern Fotos ihrer Kinder selbst massenhaft in Sozialen Netzwerken. Andererseits gibt es aber auch viele Eltern, die nicht wollen, dass Fotos ihrer Kinder im Internet zu sehen sind. Das ist sehr verständlich. Denn das Netz vergisst nichts. Fotos können gespeichert und weitergeleitet werden. Und das Foto eines Kindes kann spätestens dann ein Problem werden, wenn das Kind kein Kind mehr sondern ein Teenager ist, der dieses Foto „ultrapeinlich“ findet oder der von Schulkameraden damit gemobbt wird.
Deswegen gehen wir im Onetz sensibel mit Kinderfotos um. Klassenbilder zum Schuljahresanfang stellen wird nicht mehr online. Bei Berichten von Veranstaltungen achten wir darauf, dass die Kinder nur von hinten zu sehen sind oder die Einverständniserklärungen der Eltern vorliegt. Bilder von spärlich bekleideten Kindern, zum Beispiel aus dem Freibad, zeigen wir gar nicht mehr. Schließlich gibt es auch Leute, die das Netz bewusst nach Fotos von nackten oder spärlich bekleideten Kindern durchsuchen.
Foto aus Jugendtagen muss gelöscht werden
Im Herbst vergangenen Jahres sprach der Ausschuss „Redaktionsdatenschutz“ des Presserats eine öffentliche Rüge gegen die Nordwest-Zeitung aus. Sie hatte 2007 über eine Sozialaktion von Konfirmanden berichtet und dabei unter anderem den seinerzeit minderjährigen Beschwerdeführer abgelichtet. Diesem fiel dann im Jahr 2018 auf, dass das Online-Angebot der Zeitung den alten Artikel mit ihm als Kind weiterhin zum Abruf bereitstellt.
Während der Beschwerdeführer dies für einen Verstoß gegen sein Datenschutzrecht hielt und eine Anonymisierung seiner personenbezogenen Daten anstrebte, vertrat der Verlag den Standpunkt, dass es sich bei dem Foto um ein Dokument der lokalen Zeitgeschichte handele.
Der Presserat stellte bei seiner Bewertung auf das Foto aus dem Jahr 2007 ab und vermisste bei der Veröffentlichung desselben eine Einwilligung der Eltern. Da die Zeitung dem Anonymisierungs-Wunsch des jungen Mannes nicht nachkam, erkannte der Ausschuss eine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen und sah darin einen schwerwiegenden Verstoß gegen den Pressekodex (Ziffer 8).
Bei der Nordwest-Zeitung herrschte darüber Unverständnis. Stellvertretender Chefredakteur Ulrich Schönborn sagte diese Woche auf Nachfrage von Oberpfalz-Medien, man habe die Rüge zur Kenntnis genommen und sich schließlich entschieden, sie nicht zu veröffentlichen. Vom Presserat habe man seitdem nichts mehr gehört.













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