Mit 7,42 Prozent lag die bayerische Überschuldungsquote für das Jahr 2018 (Stichtag: 1. Oktober) in etwa auf dem Niveau des Vorjahres, wie aus dem am Dienstag veröffentlichten "Schuldneratlas 2018" der Wirtschaftsauskunftei Creditreform hervorgeht. 0,8 Millionen Menschen gelten demnach im Freistaat als überschuldet. In den vergangenen 14 Jahren ist die Quote in Bayern um 0,24 Prozent beziehungsweise 84 000 Betroffene gestiegen.
Bayern führt die Liste mit der geringsten Verschuldung seit Jahren an. Der Schuldneranteil ist vor allem in Bayerns Großstädten hoch, besonders die Zahlen im Großraum Nürnberg fallen ins Auge. Ein Grund für den Anstieg sind nach Angaben der Wirtschaftsauskunftei unter anderem die dramatisch steigenden Preise auf dem Wohnungsmarkt. Für immer mehr Haushalte bleibe nach der Miete nur noch wenig Geld für sonstige Kosten übrig. Schon kleine Ausgaben könnten dann in den Schuldenstress führen, sagt Creditreform-Geschäftsführer Ralf Zirbes.
Schulden im Alter
Überdurchschnittlich stark gestiegen ist 2018 nach Angaben der Experten die Überschuldung 60- bis 69-Jähriger. Die Zunahme der Erwerbstätigkeit im Rentenalter sei ein Indiz dafür, dass die Rente oft nicht mehr ausreiche, sagt der Leiter der Wirtschaftsforschung von Creditreform, Michael Bretz. Auch Frauen geraten immer öfter in die Schuldenfalle. "Der aktuelle Anstieg der Zahl der Überschuldungsfälle ist ausschließlich auf die Neuüberschuldung von Frauen zurückzuführen", heißt es im "Schuldneratlas". Bei den Männern fielen die Zahlen - wobei insgesamt weiter deutlich mehr Männer als Frauen ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können. Einen Lichtblick sehen die Experten vor allem bei jungen Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 30 Jahren. In dieser Altersgruppe ging die Überschuldung spürbar zurück.
Letzter Ausweg: Insolvenz
"Wenn sich die ungezahlten Rechnungen stapeln, wird es höchste Zeit, sich Hilfe zu suchen", weiß Irina Frescher von der Beratungsstelle für Arbeitslose, Schuldner- und Insolvenzberatung der Diakonie in Sulzbach-Rosenberg. "Immer öfter sind es Mobilfunk-Rechnungen, mit denen die Betroffenen zu mir kommen." Auch offene Forderungen, beispielsweise vom Jugendamt oder Stromrechnungen, werden zum Verhängnis, wenn sie nicht beglichen werden können.
Frescher prüft dann, ob dem Betroffenen das Geld zum Leben reicht und rät entsprechend zur Beantragung ergänzender Leistungen wie beispielsweise Wohngeld. Außerdem sieht sie sich die offenen Forderungen an. "Zusammen mit den Betroffenen erarbeiten wir entweder einen Plan zur außergerichtlichen Lösung - also zum Beispiel eine Abzahlung in Raten - oder wir bieten Insolvenzberatung an." Zum Ende des Jahres wird die Schuldnerberatung bei der Diakonie in Sulzbach-Rosenberg zwar eingestellt, Betroffene aus der ganzen Oberpfalz erreichen Berater des Allgemeinen Rettungsverbandes Oberpfalz (ARV) aber unter der zentralen Rufnummer 0961/33333. In den Geschäftsstellen in Schwandorf, Weiden und Tirschenreuth bietet der ARV kostenlos und anonym Hilfe an.
Der Blick der Experten in die Zukunft fällt angesichts der sich eintrübenden Konjunktur eher pessimistisch aus. Alles in allem sei damit zu rechnen, "dass das Überschuldungsrisiko für die deutschen Verbraucher und somit auch die Zahl überschuldeter Verbraucher in Deutschland kurz- und mittelfristig weiter steigen werden", heißt es in der Studie.
Im deutschlandweiten Ranking schafft es der Kreis Neumarkt mit nur 5,36 Prozent Überschuldungsquote auf Platz 4. Die Landkreise Regensburg (Platz 14; 5,84 Prozent Überschuldungsquote), Tirschenreuth (Platz 18; 5,96 Prozent), Amberg-Sulzbach (Platz 20; 6 Prozent), Cham (Platz 24; 6,08 Prozent), Neustadt/WN (Platz 54; 6,69 Prozent) und Schwandorf (Platz 82; 7,32 Prozent) rangieren weit unter dem deutschen Durchschnitts von 10,04 Prozent angesiedelt. Oberpfälzer Schlusslichter sind die Städte Regensburg (Platz 208; 9,53 Prozent Überschuldungsquote), Amberg (Platz 239; 10,10 Prozent) und Weiden (Platz 314; 11,43 Prozent). Die Quote bezeichnet den Anteil der Menschen ab 18 Jahren, deren Gesamtausgaben "mit hoher Wahrscheinlichkeit" über längere Zeit höher sind als die Einnahmen.
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