Tirschenreuth
13.12.2022 - 13:52 Uhr

Holocaust-Überlebender Alexander Fried verstorben

Ihn schien nichts umbringen zu können: Vernichtungslager, Todesmärsche – zuletzt eine schwere Corona-Infektion. Nun ist Professor Alexander Fried mit 97 Jahren doch verstorben. Sein Erbe bleibt.

Tirschenreuther Refugium: Alexander Fried und seine Frau Dorothea Woiczechowski-Fried auf der Gartenbank vorm Haus. Archivbild: jrh
Tirschenreuther Refugium: Alexander Fried und seine Frau Dorothea Woiczechowski-Fried auf der Gartenbank vorm Haus.

Dr. Alexander Fried ist tot. Der Mann, den die Nazis in drei Konzentrationslagern misshandelt haben, überlebte das deutsche Terror-Regime um mehr als 75 Jahre. Am Montag ist Fried nun im Alter von 97 Jahren "mit einem Kuss von G'tt von uns gegangen", wie es in seiner Todesanzeige heißt. Sein ganzes Leben hat sich der Jude für Versöhnung und gegen neuen rechten Hass eingesetzt. Auch dafür zeichnete die Bundesrepublik Fried mit dem Bundesverdienstkreuz aus. Außerdem trug er die Masaryk-Medaille, die höchste Auszeichnung, die die Tschechische Republik an Ausländer vergibt.

Alexander Fried und seine Frau vor drei Jahren im Interview

Lange versteckt

Tatsächlich war Fried nicht immer ein Ausländer in der Tschechoslowakei. Lange bevor er im Alter in Tirschenreuth heimisch wurde, kam er am 7. Mai 1925 im damals slowakischen Dorf Korolevo als Alexander Schani Fried zur Welt. Sein Vater betrieb ein Restaurant, Fried erfuhr eine orthodox-jüdische Erziehung. Als die Nazis in dem Land einmarschierten, endete Frieds Jugend abrupt. Die Mutter wurde nach Auschwitz deportiert, auch viele andere Familienmitglieder wurden von den Nazis ermordet.

Alexander Fried selbst konnte sich lange verstecken, bis er 1944 den Deutschen in die Hände fiel. Über das, was er dann bis zu seiner Befreiung Anfang Mai 1945 erleben musste, sprach Fried später immer wieder vor Schülerinnen und Schülern: Fried entging seiner Ermordung mehrfach nur knapp und mit Glück. Im Dezember 1944 wurde er ins KZ Sachsenhausen deportiert. Insgesamt überlebte er drei Konzentrations- und Vernichtungslager, musste erleben wie seine Peiniger Menschen um ihn herum quälten, vergewaltigten, töteten. "Wie die Schweine" seien er und seine Mithäftlinge gehalten worden, erzählte er später in den Vortragsabenden, die Fried hielt.

Kampf gegen das Vergessen

Bevor Fried im Land der Täter den Kampf gegen das Vergessen aufnahm, lebte er lange außerhalb Europas. Er studierte Geschichte, machte anschließend akademische Karriere, lehrte als Professor an Universtäten in Kanada, Israel und dann doch wieder in Deutschland.

Nach Tirschenreuth kam Alexander Fried erst spät in seinem Leben. Der Ruhesitz im Alter hatte etwas mit seiner Frau Dorothea Friederika Wojciechowski zu tun. Sie hat Alexander Fried kurz nach der Jahrtausendwende im nahen Böhmen kennengelernt. Als Fried 90 Jahre alt war, heiratete das Paar zunächst in der Synagoge in Prag und dann noch einmal im Rathaus in Weiden. Mit seiner Frau verbrachte Fried seine letzten Jahre in Tirschenreuth, blieb dabei stets aktiv, sprach mit jungen Menschen über seine Erlebnisse. Immer ging es ihm dabei darum, das so oft wiederholte "Nie wieder" nicht zu einer Floskel verkommen zu lassen. Zuletzt hat Alexander Fried eine schwere Corona-Erkrankung und mehrere Tage auf der Intensivstation überlebt, bevor sein Leben nun mit 97 Jahren endete – viele Jahre später als das Reich seiner Peiniger.

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Tirschenreuth03.05.2019
 
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