Deutschland und die Welt
25.10.2019 - 13:01 Uhr

Transparenz wichtig, weil sie den Unterschied ausmacht

Der Vorsitzende der Vereinigung der Medien-Ombudsleute plädiert für mehr Offenheit. In erster Linie sieht Anton Sahlender die Journalisten in der Pflicht

Die Gründungsmitglieder der Vereinigung der Medien-Ombudsleute mit ihrem Vorsitzenden Anton Sahlender (Siebter von links). Er forderte dieser Tage in Berlin die Journalisten zu mehr Transparenz auf. Archivbild: Daniel Biscan
Die Gründungsmitglieder der Vereinigung der Medien-Ombudsleute mit ihrem Vorsitzenden Anton Sahlender (Siebter von links). Er forderte dieser Tage in Berlin die Journalisten zu mehr Transparenz auf.

"Das Publikum kann die Nachrichtenmaschine besser verstehen, und Redaktionen sind sich ihrer Verantwortung mehr bewusst, wenn sie offen arbeiten. Dann liefern sie letztlich bessere Qualität." Ein Zitat von Professor Klaus Meier (Lehrstuhl für Journalistik I, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt). Auf ihn verwies Anton Sahlender, Vorsitzender der Vereinigung der Medien-Ombudsleute (VDMO) und Leseranwalt der Main-Post in Würzburg, beim Herbstforum der "Initiative Qualität im Journalismus (IQ)" in Berlin. Meiers Worte würden unter anderem erkennen lassen, dass Transparenz nach außen und innen wirke.

Transparenz schafft Vertrauen

Journalistische Transparenz, so sagte Sahlender, sei in ihrer Gesamtheit ein weitgehend unbestelltes, aber gerade in der digitalen Welt zunehmend wichtiges Feld. Transparenz biete Chancen und erweitere die Zahl journalistischer Möglichkeiten. Aus seiner Erfahrung als Journalist und Medien-Ombudsmann heraus, meint Sahlender feststellen zu können, dass Transparenz außerordentlich positiv wirke. Sie schaffe Nähe zum Publikum. Transparenz (Aufrichtigkeit/Ehrlichkeit) schaffe Glaubwürdigkeit. Sie erfordere Kritikfähigkeit. Fehlereingeständnisse und Erklärungen dazu bewirkten Respekt und führten zu mehr Vertrauen. Transparenz fördere Medienkompetenz, gerade im Publikum. Und Transparenz stehe für Qualitätsgewinn.

Jahrzehntelang, so blickte Sahlender zurück, sei das Publikum nach dem Motto "Friss oder stirb" bedient worden. In einer überschaubaren medialen Welt seien Zweifel die Ausnahmen gewesen. "Selten konnte man erfahren, wie Redaktionen arbeiten und auch nicht so genau, was eigentlich ihre Rolle ist und wo und wann sie Schwächen haben." Darüber sei Medienkompetenz auf der Strecke geblieben- vor allem beim Publikum. "Heute, da sie mehr denn je gebraucht wird, fehlt sie allzu oft", beklagte Sahlender.

So müsse es nicht verwundern, wenn Medien und die journalistische Arbeit in Teilen der Öffentlichkeit zu undurchsichtigen, zu zwielichtigen Gebilden geworden seien und oft in der Nachrichten-Masse zu verschwinden drohten. "Dabei ist ein Bedeutungsverlust zu beklagen. Zuweilen ist von Identitäts- oder Legitimationskrise die Rede." Der Mangel an Kompetenz für die Einschätzung von Nachrichten und Medien sei leider sehr verbreitet. Das mache sich im digitalen Zeitalter negativ bemerkbar. "Oft frage ich mich", sinnierte Sahlender, "ob wir als Journalisten ob jahrzehntelanger Versäumnisse mit dem Versuch, das zu ändern, nicht zu spät dran sind. Gelegentlich muss man einen Kampf gegen Windräder führen."

Medien in der Pflicht

Grundsätzlich sieht Sahlender nicht nur Schulen und andere Bildungseinrichtungen in der Pflicht, sondern in erster Linie die Journalisten und Medien selbst. Angesichts ihrer Grundgesetz-basierten Rolle in der Demokratie und der damit verbundenen Rechte,gehöre es mit Sicherheit zu den wichtigsten Pflichten von Journalisten, Transparenz zu pflegen. "Was wir gerne von politischen Verantwortlichen fordern, sollten wir selbst nie vernachlässigen." Hinzu komme: "Ohne Transparenz sind wir unter den Informanten im Netz nur einer von unendlich vielen."

Aber genau dort, in der digitalen Welt, solle doch die Zukunft liegen. Genau dort begegne der Journalismus Gefahren: Das Internet und die Sucht nach Reichweite seien Einfallstore für Untugenden. Sie drohten schleichend Werte aufzufressen, die für Journalismus unerlässlich seien und nicht verloren gehen dürften. Zu den Gefährdungen zählten auch Skandalisierungen, Zuspitzungen, Übertreibungen, befördert in Schlagzeilen und Teasern. "Von Fakes will ich schon gar nicht reden."

Wesentliche journalistische Grundsätze und Werte transparent zu machen und offensiv zu verteidigen bedeute nicht, dass man sich der unaufhaltsamen Transformation zum Digitalen entgegenstellt, betonte Anton Sahlender. Ethische und rechtliche Grundsätze müssten aber mitgenommen, müssten gerettet werden. Denn "sie machen Journalismus aus, gleich in welcher Form er dargeboten wird. Sie sind es, die den Unterschied im Massenbetrieb Internet ausmachen."

Den Leser besser informieren

Sahlender hatte eine Reihe von Vorschlägen zur Transparenz parat. Autoren könnten zum Beispiel erklären, dass es ein persönliches Verhältnis zum Thema gibt. Sogar das Alter des Autors könnte eine Rolle spielen, wenn es für das Thema relevant ist. Wenn eine Nähe zu beteiligten Personen oder Gruppen besteht, dann sollte das Erwähnung finden. Bei Interviews sollten die Gesprächsumstände und Vereinbarungen deutlich werden. Etwa: "Das Interview ist aus einem einstündigen Gespräch mit XX entstanden. Die Antworten wurden hinterher von ihm autorisiert. Er hat nichts mehr geändert."

 
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