Für Politiker ist das Schlimme am Internet, dass es nichts vergisst. Kurz vor der Wiederwahl Barack Obamas im November 2012 blies Donald Trump, damals nicht einmal Gegenkandidat des Präsidenten, eine Warnung per Twitter in die Welt: "Lasst Obama nicht die Iran-Karte spielen und einen Krieg vom Zaun brechen, um gewählt zu werden!"Im November dieses Jahres wählen die Amerikaner erneut, und was macht Trump? Er spielt die "Iran-Karte". In der Nacht zu Freitag erklärten die USA mit der gezielten Tötung von General Ghassem Soleimani dem Iran den Krieg - anders jedenfalls kann das Regime in Teheran dieses Attentat nicht auffassen. Das Timing ist bemerkenswert, denn Trump wies am Freitag - wieder auf Twitter - selbst darauf hin, dass Soleimani "schon vor Jahren hätte erledigt werden sollen". Ungenutzte Gelegenheiten dazu mag es etliche gegeben haben. Aber genau jetzt kann der wegen der Ukraine-Affäre unter großem Druck stehende Präsident ein Ablenkungsmanöver gut brauchen. Zudem hat Trump in der Außenpolitik bisher keine gute Figur abgegeben: Mit Säbelrasseln und Wirtschaftssanktionen (der Lieblingswaffe seiner Wahl) konnte er keinen einzigen Konflikt lösen. Jetzt will er offenbar beweisen, dass er der harte Kerl ist, als den er sich gerne darstellt. Die Konsequenzen könnten verheerend sein. Gut möglich, dass bald ein neuer US-Präsident versuchen muss, einen von Trump entfachten Flächenbrand im Nahen Osten zu löschen.
03.01.2020 - 18:33 Uhr
Trump spielt die "Iran-Karte" ohne Rücksicht auf Verluste
Kommentar von Frank Stüdemann
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