Vohenstrauß
15.06.2018 - 14:21 Uhr

König Fußball als One-Man-Show

Pünktlich zur WM - sozusagen als Einstimmung - begeistert Thomas Brussigs komisch-absurdes Ein-Mann-Stück "Leben bis Männer" mit einem brillanten Wolfgang Krebs auf der LTO-Bühne des Schlosses Friedrichsburg in Vohenstrauß.

Mit seinem Fußball-Monolog überzeugt Wolfgang Krebs in der LTO-Inszenierung „Leben bis Männer“ auf der Friedrichsburg in Vohenstrauß. Berndt/exb
Mit seinem Fußball-Monolog überzeugt Wolfgang Krebs in der LTO-Inszenierung „Leben bis Männer“ auf der Friedrichsburg in Vohenstrauß.

In kurzer Hose, mit Trainingshose und Trillerpfeife betritt Kalle als Inbegriff des Trainers alter Schule die Bühne. Gleich zu Beginn des Monologs stellt er fest, dass "Brüllen bei ihm leidenschaftliches Denken" sei. Klare Anweisungen, ohne die auch Erwachsene nicht klarkämen, könne man zumindest auf dem Fußballfeld nur brüllend geben - und das hätte Heiko, sein Lieblingsschüler, nie gelernt. Heiko nimmt eine zentrale Rolle in seinem Leben ein. Mit ihm hat er sich deutlich besser als mit seinem Sohn verstanden.

"Tatkraft Börde"

Und es war auch Heiko, der den Aufstieg der Mannschaft versaut hat, weil er vor Gericht gestellt wurde. Heiko und er, der "Julius Cäsar" an der Seitenlinie, wie er sich selbst sieht, waren ein perfektes Team: Im Verein "Tatkraft Börde" verkörperten sie das autoritäre DDR-System. Der Trainer befiehlt, der Spieler gehorcht, führt seine Anweisungen aus. Es ist eine abendfüllende, redselige Darbietung eines Fußball- bzw. Mannschaft-Fanatikers, eines Wende-Verlierers, der verbittert vom Leder zieht, der zu allem eine Theorie hat, der keine Mühe hat, alle Geheimnisse des Lebens durch Fußball zu erklären ... Und das, obwohl oder gerade, weil "wir Fußball gar nicht können".

Nicht polternd, eher verständnisvoll-gedämpft gibt Wolfgang Krebs den Fußball-Jünger als Mann, der seine festen Überzeugungen hat, der das Leben verstanden hat. Emotionale Ausbrüche sind dabei nicht ausgeschlossen, beispielsweise, wenn er sich über Frauenfußball echauffiert, wenn er das Heiko-Urteil der Richterin moniert oder wenn er sich über Neger beim Fußball erhitzt. Dass er kein Frauenhasser, kein Rassist ist, stellt der Mann, für den Fußball das Leben ist, für den Fußball wichtiger als die Familie ist, gleich im Anschluss selbstverständlich klar.

Satirischer Monolog

Krebs gelingt es, das Publikum über eineinhalb Stunden für die teils lustigen, teils beunruhigenden Gedanken über Geschichte, Politik, Frauen und immer wieder über die Mannschaft zu begeistern. Lachend reagieren die Zuschauer einschließlich der Vertreter der Spielervereinigung Vohenstrauß, die die Patenschaft übernommen haben, auf diesen satirischen Lebensmonolog. Mit Wort, Gestik und Mimik gelingt es Wolfgang Krebs, die verschrobene Sicht des auch im Privaten "gescheiterten" Protagonisten nachvollziehbar zu machen.

Der Schauspieler Wolfgang Krebs selbst versteht das Stück als "eine Gesellschaftssatire, in der Kalle die Welt über den Fußball erklärt und viele witzige Theorien auftischt. Es sei Fußball-Theater, aber nicht nur für Fans." Seit 2012 ist Krebs im Schlosstheater Thurnau Intendant, Schauspieler und Regisseur in einer Person. Unter dem Motto Kreative Unruhe mit neuen Stoffen will Till Rickelt, Intendant beim Landestheater Oberpfalz (LTO), in Vohenstrauß etwas bewirken. Einen Vorgeschmack davon hat er mit "Leben bis Männer" in Szene gesetzt. Ein Stück, bei dem es keine Tabus gibt, in dem ein Trainer über Fußball, Frauen, Geschichte und Atomphysik in einem Rundumschlag räsoniert, ein Text, erschienen 2001, der aktueller nicht sein könnte. Fazit: Sehenswert!

 
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