15.04.2019 - 19:35 Uhr

Wahlrecht für betreute Menschen: Karlsruhe macht der Politik Beine

Die Gegenseite hatte gute Argumente: Zu kurz sei die Zeit bis zur Europawahl, um Behinderte mit Betreuung noch an der Wahl zu beteiligen. Die Karlsruher Richter sehen das anders. Zu Recht. Ein Kommentar von Frank Stüdemann.

Kommentar von Frank Stüdemann
Karlsruhe: Der Zweite Senat beim Bundesverfassungsgericht, Peter Müller (l-r), Vorsitzender Andreas Voßkuhle, Peter M. Huber und Sibylle Kessal-Wulf, eröffnet die Verhandlung über einen Eilantrag zur Teilnahme von Menschen mit gerichtlich bestellter Betreuung an der Europawahl im Mai 2019. Bild: Uli Deck/dpa
Karlsruhe: Der Zweite Senat beim Bundesverfassungsgericht, Peter Müller (l-r), Vorsitzender Andreas Voßkuhle, Peter M. Huber und Sibylle Kessal-Wulf, eröffnet die Verhandlung über einen Eilantrag zur Teilnahme von Menschen mit gerichtlich bestellter Betreuung an der Europawahl im Mai 2019.

Die Vorsitzende des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, hat Recht: Die Europawahl ist nicht sonderlich überraschend aufgetaucht. Insofern ist eher verwunderlich, dass der Bundestag nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Januar nicht wenigstens ernsthaft versucht hat, bereits für die Wahl des EU-Parlaments im Mai den Weg für geistig oder psychisch Beeinträchtigte freizumachen. Die Karlsruher Richter hatten vor drei Monaten entschieden, dass es verfassungswidrig ist, diese Menschen generell von Wahlen auszuschließen.

Es geht hier nicht um kleinliche Befindlichkeiten einer Minderheit, sondern um fundamentale Grundrechte, die rund 80 000 Menschen mit Betreuung bislang nicht gewährt werden. Immer wieder haben Verbände wie der VdK versucht, das Thema auf die politische Tagesordnung zu bringen, aber bewegt hat sich nichts. Also lag es ein weiteres Mal an den Verfassungsrichtern, dem Bundestag Beine zu machen.

Was die seltene Allianz aus FDP, Grünen und Linkspartei jetzt in Karlsruhe erreicht hat, mag für die Europawahl vor allem Symbolcharakter haben. Denn es bleibt unsicher, ob bis zum 26. Mai wirklich alle Vorkehrungen getroffen werden können, damit Behinderte vollkommen reibungslos an dieser Wahl teilnehmen können. Ein Sieg ist das Urteil trotzdem.

 
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