Weiden in der Oberpfalz
26.03.2019 - 14:26 Uhr

Annäherung an Kurt Tucholsky

Vor zwei Jahren begeisterte Johannes Kirchberg bei den Literaturtagen mit einem Wolfgang-Borchert-Programm, 2018 gastierte er bei „Klein & Kunst“ mit einem Erich-Kästner-Abend. Jetzt hat er einen weiteren Klassiker für sich entdeckt.

Nach Borchert und Kästner widmet sich Johannes Kirchberg jetzt Kurt Tucholsky. Mit dem Programm „Heute zwischen gestern und morgen“ kommt er zu den Weidener Literaturtagen. Bild: Melanie Zwiehoff
Nach Borchert und Kästner widmet sich Johannes Kirchberg jetzt Kurt Tucholsky. Mit dem Programm „Heute zwischen gestern und morgen“ kommt er zu den Weidener Literaturtagen.

Bei den diesjährigen Literaturtagen ist Kirchberg wieder zu Gast: am Montag, 1. April (20 Uhr,) in der Regionalbibliothek. Im Gepäck hat er das Programm „Heute zwischen gestern und morgen“, eine Entdeckungsreise zu Kurt Tucholsky. Die Kulturredaktion hat sich mit ihm unterhalten.

ONETZ: Wer an die Werke von Kurt Tucholsky denkt, dem fallen meistens drei Titel ein: „Schloss Gripsholm“, „Rheinsberg“ und das „Sudelbuch“. Warum ist das so?

Johannes Kirchberg: Na, das sind einfach herausragende Bücher. Und sie sind verfilmt worden. Und sie sind natürlich zeitlos. Das ist möglicherweise bei den vielen (aktuell)politischen Themen, die Tucholsky bearbeitet und kommentiert und kunstvoll verpackt hat, anders. Deswegen kennt man die nicht so. Vielleicht spricht man auch Tucholsky, ohne zu wissen, dass es Tucholsky ist. Viele seiner Werke hat er ja unter Pseudonym geschrieben. Peter Panther, Theobald Tiger kann man kennen. Naja, und außerdem ist das Gesamtwerk von Tucholsky unfassbar umfangreich. Da ist es doch schon viel, wenn man eine Handvoll Werke kennt.

ONETZ: Gelegentlich hat man den Eindruck, dass Tucholsky eher durch Zitate wie „Soldaten sind Mörder“ oder „Es ist schön, mit jemand schweigen zu können“ im Bewusstsein der Menschen verankert ist. Wie sehen Sie das?

Ja, das ist wohl so. Aber genau wie „Was darf Satire? Alles.“ oder „Deutsche, kauft deutsche Zitronen“ sind das ja Zitate, die aus dem Zusammenhang gerissen sind. Von daher ist es natürlich spannend, in dem Tucholsky Abend das Werk vielfältiger zu präsentieren. Ich denke, bei Tucholsky verhält es sich auch so, dass man glaubt, ihn zu kennen. Und wenn man dann im Programm sitzt, ist man erstaunt, wie viel Unbekanntes es zu entdecken gibt.

ONETZ: Kurt Tucholsky war zweifelsohne ein vielschichtiger und facettenreicher Mensch im Literaturbetrieb. Welche Seite von ihm wollen Sie in Ihrem Programm vorstellen?

Ich habe versucht, mir Tucholsky zu eigen zu machen, in dem ich einem großen Teil der ausgewählten Gedichte meine Musik gegeben habe. Von daher kann man nicht sagen, dass ich eine bestimmte Seite von Tucholsky zeigen will. Ich will zeigen, was für mich heute noch relevant ist. 100 Jahre, nachdem er die Texte geschrieben hat. Und das sind teils politische Texte, aber auch ganz zwischenmenschliche Themen, von Rezepten gegen die Grippe bis hin zu einer schönen Dänin. Und natürlich geht es auch um die Frage, ob Satire wirklich alles darf. Es ist ein bisschen wie eine bunte Revue.

ONETZ: Wie ist eigentlich Ihr persönliches Interesse für Kurt Tucholsky entstanden?

Das kann ich gar nicht so genau beantworten. Er war irgendwie schon immer da. Bücher von ihm standen und stehen immer im Regal. Und da ich eine Vorliebe für literarische Programme habe, war eigentlich klar, dass ich mich mal intensiver mit Tucholsky beschäftigen möchte. Dann gab es die Anfrage, ob ich bei einem Tucholsky-Programm auf dem Hamburger Theaterschiff mitmachen will. Das wollte ich, und so habe ich die musikalische Leitung dafür übernommen. Und Teile dieses Programms sind nun das Grundgerüst für meinen Auftritt in Weiden.

ONETZ: Was leitet einen dazu an, Werke von Tucholsky zu vertonen? Und wie muss sich der Zuhörer dies vorstellen?

Eine Musik zu komponieren zu den Gedichten ist meine Art, mich den Inhalten zu nähern. Wenn aus einem Gedicht dann ein Lied geworden ist, es mir gefällt und ich es gerne singe, dann ist es irgendwann „mein“ Lied. Und deshalb wird der Abend authentisch und persönlich und ich kann mich als der präsentieren, der ich bin: Musiker und Schauspieler.

ONETZ: Was meinen Sie: Was würde Tucholsky wohl zur heutigen politischen Lage in Deutschland und Europa insgesamt einfallen?

Eine ganze Menge ist wohl zu wenig. Ich bin sicher, er wäre ein glühender Europäer. Er würde die Freiheit verteidigen, die Mächtigen piksen und dem vermeintlich einfachen Menschen eine Stimme geben. Vielleicht aber auch würde er sich auf eine einsame Insel zurückziehen und vor lauter Kopfschütteln nicht in den Schlaf kommen.

 
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