Am Anfang war das Modern Jazz Quartet: Vier Herren in dunklen Anzügen machten den modernen Jazz in den 50er Jahren hoffähig und legten den Grundstein für eine kammermusikalische Ausrichtung einer heißen Tanzmusik. Mit Xylophon, Klavier, Kontrabass und Schlagzeug bauten sie Brücken zwischen den expressiven Klängen des Bebop und der ausgefeilten Stimmführung der Klassik.
Als der Pianist Tizian Jost das Xylophon für sich entdeckte, keimte bei Michael Keul der Gedanke an ein Ensemble, das dieser Tradition verpflichtet ist. Mit Bernhard Pichl und Rudi Engel an Klavier und Bass waren schnell Mitstreiter gefunden, die Gruppe JPEK war geboren.
Es muss swingen!
Vier Musiker betreten die Bühne, Tizian Jost zählt ein, und es geht los. „Delaunay‘s Dilemma“, eine eingängige, heitere Melodie steht am Anfang, und schon erfüllt das unbeschreibliche Gefühl des Swing den Raum. 1952 von John Lewis komponiert, ist der Titel dem französischen Jazz-Pionier Charles Delaunay gewidmet , der sich mit den Anhängern des Hot-Jazz anlegte, als er den damals aufkommenden Bebop in Frankreich förderte.
Wohlklang ist angesagt, alle vier sind Meister auf ihren Instrumenten. Sie schwelgen in den vertrauten Melodien, und haben ausgiebig Freiraum zum Improvisieren. Vibraphon und Klavier finden zu innigen Dialogen, und auch der Bass mischt gewaltig mit. Eigentlich ist Johannes Ochsenbauer „nur“ Ersatz für den regulären Bassisten Rudi Engel. Aber alle vier Musiker kennen sich seit Jahren und spielen in den unterschiedlichsten Formationen immer wieder zusammen. Jeder weiß, wann wie er zu reagieren hat und verfügt über phänomenale technische Fertigkeiten.
Der Schlagzeuger Michael Keul ist der Initiator des Quartetts, das sich nach den Initialen der Mitglieder JPEK nennt, und in diesem Umfeld hält er sich bewusst zurück. Er begleitet mit Besen und Becken äußerst sensibel und feinfühlig, unterstützt die Solisten optimal, auf die oft gefürchteten Schlagzeug-Soli verzichtet er vollständig. Man kennt ihn auch als dynamischen Hardbop-Drummer, diesmal allerdings steht er voll in der Tradition von Kenny Clarke und Connie Kay, beide vormals Mitglieder im Modern Jazz Quartet.
Tizian Jost überzeugt durch ein unerschöpfliches Repertoire an Melodien und Klängen. Da gibt es schwebende, lang anhaltende Töne, dann wieder rasende Tonfolgen. Bernhard Pichl war in Weiden schon mit vielen großen Solisten zu Gast, u.a. mit Dusko Goykovich und Scott Hamilton. Er ist ein versierter Pianist, der in allen Stilarten zuhause ist. In sein Spiel fließen immer wieder Zitate aus den unterschiedlichsten Kompositionen ein, sein Spiel wirkt locker und spontan, frei von Floskeln und Wiederholungen.
Der natürliche Klang der Instrumente
Die Instrumente dürfen ihren Naturklang entfalten, es gibt kein störendes Rauschen oder Klirren eines Verstärkers, man sitzt entspannt vor der Bühne, die Musiker zum Greifen nahe: Musik mit Wohnzimmer-Atmosphäre.
Das Repertoire besteht überwiegend aus Stücken des MJQ, aber auch eine Komposition von Bobbie Hutcherson steht auf dem Programm und mit Horace Silvers „Opus de Funk“ erinnert Jost an den vor vier Wochen verstorbenen Vibraphonisten Wolfgang Schlüter, der für die deutsche Szene wegweisend war.
In einer Komposition von Ary Barroso offenbart Jost sein Faible für brasilianische Musik und mit „The Long Goodbye“ erklingt auch eine Eigenkomposition von Bernhard Pichl. Ein Tribut an die Weihnachtszeit ist die Melodie „Santa Claus is coming to town“, deren originelles Arrangement aufhorchen lässt.
Natürlich werden auch die Nummern des MJQ neu arrangiert, und so kombiert man „Django“, ein Stück, das John Lewis als Hommage an den 1953 verstorbenen Django Reinhardt komponiert hat, mit „For Django“ aus der Feder von Joe Pass – ein gelungenes Experiment, das durch wechselnde Stimmungen und Tempi fasziniert.
Auch Duke Ellingtons Binsenweisheit „It don‘t mean a thing if it ain‘t got that swing“ wird durch ein zeitgemäßes Arrangement in die Jetzt-Zeit transponiert. Die zeitlose Ballade „Softly as in a morning sunrise“ erhält ein kurzes Vorspiel von Johann Sebastian Bach, Klassik und Jazz verschmelzen zu einer Einheit.
Mit Milt Jacksons bekanntester Komposition „Bag‘s Groove“ und den immergrünen „Autumn Leaves“ gibt es zwei Zugaben. Ein Abend mit Ausflügen in die Jazz-Historie geht zu ende, für die jüngeren Zuhörer wohl auch eine Reise in eine unserer hektischen und lauten Zeit völlig entgegengesetzte Klangwelt.
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