Josef Hader und Alfred Dorfer, die beiden Kabarettisten aus Österreich, haben das Stück „Indien“ zusammengereimt. Die Inszenierung der Potsdamer Truppe "Neues Globe Theater" verlegt die Geschichte aber von der niederösterreichischen Provinz nach Brandenburg, baut jede Menge Lokalkolorit ein, bleibt beim Text aber ganz dicht am Original. Klar, der Ösi-Schmäh fehlt natürlich, eine durch und durch überzeugende schauspielerische Leistung macht dies allerdings schnell vergessen.
Inhaltlich dreht es sich in dem Zwei-Stunden-Stück um Kurt Fellner (Kai Frederic Schrickel) und Heinz Bösel (Andreas Erfurth), die zusammen über das Land Brandburg reisen und Restaurants beziehungsweise Hotels behördlicherseits auf ihre Tourismusfähigkeit testen. Da werden Schnitzel getestet, Duschen überprüft und nicht vorhandene Saunageländer in nicht vorhandenen Saunen bemängelt. Und es geht in dem Stück um Freundschaft, um das Leben und den Tod.
„Eine Schnitzeljagd durch die deutsche Provinz“ lautet der Untertitel des Stückes. Das klingt nicht nur witzig, das ist es auch auf der Bühne – manchmal bitterböse, manchmal derb, manchmal mit viel Klamauk. Was halt so alles passiert, wenn der Klugscheißer Fellner auf den Proll Bösel trifft. Der eine schwärmt vom Sehnsuchtsland Indien, der andere lässt nur wenige rassistische und sexistische Sprüche aus. Korrekt und bieder trifft einfältig und ordinär. Man mag sich nicht und deshalb fliegen nicht nur die Fetzen, sondern gelegentlich auch die Schmalzbrote. Zwei Lebenswelten prallen aufeinander - und doch kommt man sich im Laufe der Zeit näher und es werden Gemeinsamkeiten entdeckt. Das alles kulminiert in einem grandiosen „Klogespräch“, der aus den beiden Männern echte Freunde – Heinzi und Kurti – macht.
Für besondere Momente auf der Bühne sorgt immer wieder Kilian Löttker, der in die Rollen der singenden Wirte, des Brandenburg-Indianers oder des singenden Krankenhaus-Hasen schlüpft. Seine abenteuerliche Songrevue dabei reicht von „Kalkutta liegt am Ganges“ über „Ich war noch niemals in New York“ bis hin zum Roger-Whittaker-Schmachtsong. Im zweiten Teil des Abends kippt das Stück – die Komödie wird zur Tragödie. Kurti erkrankt an Krebs, fristet die letzten Tage seines Lebens im Altbau des Krankenhauses. Heinzi, der beste (und einzige) Freund, besucht ihn und bringt ihm gefrorene Erdbeeren zum Lutschen mit. Aus dem Proll ist der Mitfühlende geworden.
Gemeinsam stehen sie zusammen bis zum bitteren Ende, an das sich dann – so der feste Glaube der beiden Freunde - die Wiedergeburt anschließt. Zum Schluss tanzen alle drei Akteure in feinster Bollywood-Manier dem neuen Leben entgegen. Langer Applaus der nur wenigen Zuschauer für einen Theaterabend abseits ausgetretener Wege.
Eine Stadt im Theaterschlaf
Glanzvoll geht es zu, wenn allerorten im Herbst die Theatersaison wieder beginnt: Die Massen strömen in die Spielstätten, um dabei zu sein, wenn die Aufführungen auf der Bühne starten. Den Auftakt in die neue Spielzeit will sich niemand entgehen lassen. Allerorten? Nein: Denn in der Max-Reger-Stadt Weiden dagegen bleibt man lieber daheim. Der Auftakt zur neuen „Kulturbühne“-Saison am Dienstagabend wird besuchermäßig zum Desaster. Gerade einmal 35 Zuschauer verirren sich in die Weite der Max-Reger-Halle.
Nach „Offiziellen“ aus dem Rathaus, der Stadtverwaltung und den Gremien Ausschau zu halten, lohnt sich bei den Veranstaltungen der „Kulturbühne“ – mit wenigen Ausnahmen – eh schon lange nicht mehr. Großes Sprechtheater in der Max-Reger-Halle ist zur „No-Go-Area“ geworden, jede Kleinkunstbühne im noch so kleinen Dorf lockt mehr Interessierte an. Und es liegt nicht an der Qualität dessen, was auf der Bühne gezeigt wird – das haben die Aufführungen in den vergangenen Jahren bewiesen. Das war herausragendes Sprechtheater, für das es die großen Fernsehnamen auf der Bühne gar nicht braucht. Und die sich die Verantwortlichen der „Kulturbühne“ aufgrund des schmalen Budgets auch gar nicht leisten können.
Hoffen muss man, dass zumindest die Schulen in der Stadt und aus dem Dreieck Eschenbach-Tirschenreuth-Vohenstrauß das Theaterangebot in dieser Saison wieder annehmen. Denn andernfalls ist das große Sprechtheater in der Max-Reger-Halle endgültig tot.
Holger Stiegler