"Man nimmt sich der Reihe nach Bergrücken und Schluchten vor": Eigentlich geht es um einen Kriminalfall, der in Athen spielt. Und trotzdem erfährt der Leser ganz nebenbei, wie die Griechen das deutsche "Wandern" definieren. Mit dieser feinen Ironie in den Worten spielt der griechische Autor Petros Markaris immer wieder. Seinen neuen Krimi "Drei Grazien" stellt er am Mittwochabend bei den Weidener Literaturtage im gefüllten Foyer der Sparkasse Oberpfalz Nord vor.
Bevor Markaris Kostproben aus seinem Roman liest, gibt er im Gespräch mit Buchhändlerin Maria Rupprecht Auskunft über seinen persönlichen und künstlerischen Werdegang. Die Zuhörer erfahren dabei, dass der Grieche zwar fünf Sprachen beherrsche, allerdings nicht das Armenisch seines Großvaters. Studiert habe er auf Wunsch des Vaters Ökonomie, selbst gewollt habe er das allerdings in keiner Weise. Irgendwann sei dann die Entscheidung gefallen, ausschließlich das zu machen, was er wirklich wollte - nämlich freier Schriftsteller zu werden.
Geprägt habe ihn Bertold Brecht: "Er war beim Schreiben nie Gefühlsmensch, er hatte einen klaren ironischen und denkenden Blick auf das Ganze." Diese Distanz, so Markaris, habe er selbst versucht zu übernehmen und daraus dann ebenfalls Ironie abzuleiten. Dass ihm dies sehr gut gelungen ist, wird in den ausgewählten Passagen deutlich, die Markaris noch vorträgt.
Der griechische Autor war und ist schon immer auch ein politisch denkender Mensch. Dass die Wirtschafts- und Finanzkrise nur wenige Jahren dauern würde, habe er nie geglaubt. "Das kann ein so verschuldetes Land gar nicht schaffen", betont er. Er entschloss sich, eine "Triologie der Krise" zu schreiben. "Wir haben heute noch mit der Krise zu tun und jetzt sind es bereits vier Bände", berichtet Markaris. Er hält wenig davon, die Situation zu beschönigen - das tut er auch in "Drei Grazien" nicht. So führen die Ermittlungen seines Protagonisten Kommissar Kostas Charitos in den maroden akademischen Betrieb der Athener Universität.
"In schwierigen Zeiten helfen nur Wahrheit und Realität", weiß Markaris. Wer den Worten des Autos lauscht, merkt schnell, dass es sich eben nicht um einen "klassischen" Krimi handelt, sondern die Krimihandlung als Ausgangspunkt für eine Gesellschaftsanalyse dient. "Das habe ich nicht erfunden, das gab es schon im bürgerlichen Roman des 19. Jahrhunderts", erklärt er und verweist auf die "Die Elenden" von Victor Hugo oder "Schuld und Sühne" von Dostojewski.
Dass Kommissar Charitos sein "Alter Ego" sein könnte, mag Markaris so nicht bestätigen. "Es gibt aber schon eine klare Verbindung", räumt er ein. Sowohl er wie auch Charitos seien Zuzügler nach Athen, man habe einen gemeinsamen Blick auf die Stadt und ihre Bewohner.
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