Weiden/Amberg. Das hat Folgen, die demnächst Hausfrau oder Hausmann bemerken werden. Nach Recherchen von Christoph Hambloch, Analyst des Agrarmarkt-Informationsdienstes AMI in Bonn, sind die Kartoffelpreise für Verbraucher um mehr als die Hälfte gestiegen. Derzeit müsse der Kunde im Supermarkt für Kartoffeln in Kleinverpackungen rund 84 Cent pro Kilogramm zahlen, während der Kilopreis vor einem Jahr bei 55 Cent gelegen habe.
Ein Blick in regionale Verbrauchermärkte zeigt eher noch höhere Preise. Zwar liegt das günstigste Angebot bei einem Anbieter bei 62 Cent pro Kilo. In den meisten Märkten kostete das Kilo deutscher Kartoffeln am Montag einen Euro. Auf Nachfrage von Oberpfalz-Medien bestätigt Edeka Nordbayern-Sachsen-Thüringen mit Sitz in Rottendorf die "signifikanten Preissteigerungen" von aktuell zwischen 20 und 40 Prozent. Erklärung: "Der Rekord-Sommer 2018 war durch dauerhafte Hitze und extreme Trockenheit gekennzeichnet. Dieser Umstand hat gegenüber dem Vorjahr zu einer deutlich reduzierten Erntemenge bei Kartoffeln geführt."
Gastronomie betroffen
Preiserhöhungen spürt auch die Gastronomie: Angelika Heining, Hotelchefin in Weiden ("Zur Heimat"), macht die Stichprobe. Sie vergleicht die Preislisten der Einkäufe für das Restaurant: Vor exakt einem Jahr zahlte der Betrieb 17 Euro für den 25-Kilo-Sack Kartoffeln, letzte Woche waren es 19 Euro - eine Preissteigerung von 12 Prozent.
Bitter nur: Die Mehreinnahmen durch Preiserhöhungen werden bei den Kartoffelbauern der Region nie ankommen. Roman Rupprecht aus Vohenstrauß vertritt alle sieben Genossenschaften der Oberpfalz und damit rund 150 Landwirte. Speisekartoffeln für Supermärkte werden in der Oberpfalz nur in Thalmassing angebaut. Die Oberpfalz ist traditionell "Zentrum für Chips" und beliefert den süddeutschen Standort von Lorenz-Bahlsen in Neunburg vorm Wald. Wer in "Crunchips" beißt, könne "zu 100 Prozent" sicher gehen, dass er in Kartoffeln der Erzeugergemeinschaften Waldau, Floß, Eslarn und Neunburg-Nabburg beißt. Die Genossenschaften Stulln und Neumarkt liefern die Rohware für Kloßteig aus Neumarkt ("Burgis").
Die Preise mit dem Neunburger Chips-Werk sind vertraglich schon vor dem Anbau vereinbart worden. Das habe für beide Seiten Vorteile, meint Rupprecht: "Wir können kalkulieren, und die Industrie kann sich einstellen." Mit der außergewöhnlichen Trockenheit hat natürlich keiner gerechnet. Viele Oberpfälzer Bauern fahren herbe Verluste ein. "Manche haben ein Jahr ohne einen Cent Gewinn gearbeitet." Noch härter treffe es Lorenz-Bahlsen, bedauert Rupprecht: "Wir können nicht genug liefern. Wie denn auch?" Das Risiko liege beim Unternehmen. "Die müssen jetzt schauen, dass sie auf dem freien Markt Kartoffeln bekommen." Aktuell lägen die Preise bei 25 bis 30 Euro pro Doppelzentner. Zum Vergleich: Die Vertragspreise der Erzeugergemeinschaft mit Neunburg schwanken zwischen 10 und 15 Euro.
Teils kleinere Knollen
Droht die "Chipokalypse"? Das Lorenz-Bahlsen-Werk in Neunburg vorm Wald verweist für Presseauskünfte auf die Konzernzentrale in Neu-Isenburg. Zumindest bis Montagabend gab es von dort keine Antwort, wie man das Problem lösen will. Bekannt ist es natürlich. Schon im August hatte sich abgezeichnet, dass der Kartoffelbedarf nicht wie üblich zu 100 Prozent aus dem regionalen Vertragsanbau bestritten werden kann. Zudem deutete sich an, dass die Kartoffeln kleiner ausfallen.
Das gilt in der Oberpfalz "teils teils", so Rupprecht. Seine eigenen Knollen sind so groß wie immer, aber deutlich weniger. Der Vohenstraußer Landwirt "will gar nicht jammern" oder nach Fördergeldern rufen. Man werde sich mit dem Klimawandel arrangieren müssen. Helfen würde schon eine optimierte Gewinnbesteuerung, um in guten Jahren Geld zurücklegen zu können und nicht voll besteuert werden. Sein Vorschlag: den Gewinn über mehrere Jahre glätten.
Die Forstwirtschaft experimentiert mit "klimatoleranten" Bäumen, die Trockenheit besser vertragen. Aktuell wird im Oberpfälzer Wald die nordamerikanische Douglasie gepflanzt. Auch für Kartoffeln gäbe es "trockentolerante" Sorten, bestätigt Rupprecht. Nur: Diese Sorten sind nicht für die Chipsherstellung geeignet. Sie enthalten relativ viel Stärke und karamellisieren beim Rösten. Die Erzeugergemeinschaften bleiben ihrer Hauptsorte "Lady Claire" treu, einer lagerfähigen Kartoffel, die für Chips die besten Eigenschaften in Geschmack und Biss mitbringt. Rupprecht schwört: "Das schmeckt man."













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