Von Eva-Maria Hinterberger und Christine Ascherl
Das niederländische sowie das belgische Amt für Lebensmittelsicherheit veröffentlichten schon letzten Donnerstag Warnhinweise. Die Behörden der Nachbarländer warnten vor speziellen Champagner-Flaschen, die mit purem MDMA gefüllt seien. Hintergrund: Außer dem Toten und den sieben Verletzten in Weiden habe es vier Vergiftungsopfer in den Niederlanden gegeben. Auch diese Personen hatten statt Champagner flüssiges "Ecstasy" geschluckt. In den Niederlanden war eine Flasche des gleichen Typs wie in Weiden geöffnet worden: eine weiße Doppel-Magnum-Flasche (3 Liter) der Sorte "Moët & Chandon Ice Imperial". Sie enthielt pures MDMA.
Späte deutsche Warnung
Das deutsche Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz zog am Samstagnachmittag nach. Es verwies auf die Warnung der NVWA (niederländische Behörde für Lebensmittel- und Verbrauchproduktsicherheit). Laut NVWA trugen beide Drogen-Flaschen dieselbe Chargennummer. Es handelt sich konkret um Champagnerflaschen der Marke "Moët & Chandon Ice Impérial" in Drei-Liter-Größe mit dem Code "LAJ7QAB6780004" auf dem Etikett auf der Rückseite.
Äußerlich sei keine Gefahr zu erkennen, die Flaschen sind weiß überzogen. Beim Einschenken werde der Unterschied deutlich: Die Flüssigkeit sprudelt nicht, habe eine rötlich braune Farbe, die sich mit der Zeit verdunkelt, und rieche nach Anis. Verbraucher sollten unbedingt Flaschen und Gläser unberührt lassen. Selbst das Eintauchen einer Fingerspitze in die Flüssigkeit und das Schmecken auch ohne Schlucken könnten zu ernsthaften Gesundheitsproblemen führen. Die Einnahme eines kleinen Schlucks könne tödlich sein. Die Verbraucherschützer schließen nicht aus, dass weitere dieser Flaschen mit dem Gefahrstoff im Umlauf sind.
In Niederlanden privat geöffnet
Wo sich die niederländische Vergiftung zugetragen hat, ist bislang nicht bekannt. Vier Personen mussten ins Krankenhaus. Niederländische Medien kennen bis dato zu diesem Fall keine Details, nur dass sich der Fall im privaten Kreis zugetragen hat. Der deutsche Fall ist dagegen hinreichend bekannt und machte überregional Schlagzeilen: In Weiden war ein 52-Jähriger gestorben, nachdem er in einem Restaurant von dem Ecstasy-"Champagner" getrunken hatte. Sieben weitere Gäste mussten mit schweren Vergiftungen in Kliniken gebracht werden.
Moët: ein "Kriminalfall"
Erstmals hat sich Hersteller "Moët Hennessy" geäußert. Es handle sich nicht um ein "Qualitätsproblem, sondern um einen Kriminalfall", erklärte das Unternehmen gegenüber der Nachrichtenagentur AFP am Freitag. Die Flaschen wurden von Drogenhändlern benutzt. In beiden Fällen seien die Flaschen über eine bisher nicht genannte Website - einer "Plattform für den Handel zwischen Privatpersonen" - für je rund 400 Euro angeboten worden.
Weiterhin das Ziel der Ermittler: Folge dem Weg der Flasche. Die deutsche und niederländische Polizei ermitteln inzwischen gemeinsam. Warum auch in Belgien gewarnt, ist nicht klar. Der Wert des Inhalts dürfte im fünf-, wenn nicht sechsstelligen Euro-Bereich liegen. Es kann kaum Absicht gewesen sein, dass der Drogen-Rohstoff in Champagnergläsern eines Restaurants landet.
Die Niederlande gelten als "Marktführer" in der Herstellung von Ecstasy. Für MDMA, so der Name der chemischen Verbindung, wird in der Produktion eine Vorläufer-Substanz mit dem Namen Safrol verwendet. Auch diese riecht nach Anis.
Das Weidener Restaurant hat indessen wieder geöffnet. Der Wirt ist außer Verdacht. Polizei und Staatsanwaltschaft schließen aus, dass sich in Weiden etwas Strafbares zugetragen hat. Die Flasche sei im guten Glauben ausgeschenkt worden, dass sich darin Champagner befindet.
Über zwei Ecken besorgt
Die "Doppel-Magnum" hatte der Gastronom kurzfristig über einen Gastro-Kollegen besorgt, der diese wiederum privat von einem Bekannten gekauft hatte. Der Bekannte, ein Champagner-Liebhaber, hatte sie in einem Webshop bestellt.
So erkennt man den falschen Champagner
Das flüssige MDMA wird wie folgt beschrieben:
- prickelt oder sprudelt nicht
- hat eine rot-braune Farbe, die mit der Zeit dunkler wird
- riecht anders als Champagner
- hat einen Anis-Duft
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