Seit fünfzig Jahren lebt der Trompeter Dusko Goykovich in München. Sein Name steht für swingenden Modern Jazz auf höchstem technischen Niveau, seine Trompete ist auf unzähligen Schallplatten und CDs zu hören, er hat mit den großen Orchestern ebenso gespielt, wie mit eigenen Combos.
Das Quintett mit Dusko Goykovich und Scott Hamilton (Jahrgang 1954) setzte 2012 beim Jazz-Zirkel schon einmal ein Glanzlicht, und vor zwei Jahren wurde es beim Jazzfestival in Regensburg auf einer großen Bühne gefeiert. Nun, kurz vor seinem 87. Geburtstag, gibt es ein Wiedersehen im Bistrot Paris. Dicht gedrängt sitzen die Zuhörer, und die Atmosphäre erinnert an den legendären Jazzclub "Domicile" in Schwabing, wo man einst die Creme des Jazz hautnah erleben konnte.
Spontan und voll Variation
Mit "Secret Love" entführen die Musiker ihre Zuhörer in die phantastische Welt des Jazz. Vom ersten Ton an ist klar, dass der Meister nichts von seiner Aura verloren hat. Anders als etwa Dizzy Gillespie, der schon als Sechzigjähriger mit Intonationsproblemen zu kämpfen hatte, verfügt Dusko über einen kraftvollen, sicheren Ton auch in den hohen Lagen - wohl ein Verdienst seines unentwegten Übungseifers. Noch immer übt er täglich einige Stunden auf seinem Instrument, einen Grundsatz, den sich auch Rolf Kühn oder Albert Mangelsdorff zu eigen machten.
Ein gemeinsamer Fundus aller Musiker ist das "Great American Songbook", Themen über die schon Generationen von Musikern improvisierten und die noch immer unendliche Freiheiten bieten. Ihr Akkordgerüst ist jedem geläufig, und es bietet dem erfahrenen Musiker unzählige Variationsmöglichkeiten. Die Reihenfolge der Solisten und die Dauer eines Solos entspringt der spontanen Spiellaune, es gibt ungeplante Einleitungen und Zwischenspiele, und wenn jemand so richtig abhebt, ruft Dusko "Play on" - spiel weiter.
Die Faszination macht das blinde Zusammenspiel der Musiker aus. Da werden die Themen von Dusko oder Scott aufgeteilt, ein tiefgründiges Gespräch zwischen den Instrumenten. Mal eröffnet Dusko mit dezentem Dämpfer ein Thema und Scott spinnt es mit sonorer Stimme fort, mal spielt der eine ein Zitat, der andere spinnt es fort. Nur schade, dass Dusko diesmal sein Flügelhorn nicht dabei hatte.
Tiefgründiges "Gespräch"
Eine Meisterklasse für sich ist auch das Trio. Bass und Schlagzeug wirken wie aus einem Guss, das Klavier verbindet Melodie und Rhythmus. Das Trio kocht und brodelt, und auch solistisch haben die Mitstreiter einiges zu bieten. Alles klingt locker und ungezwungen, man spürt den gemeinsamen Spaß, den man beim Musizieren hat, und auch das Publikum geht begeistert mit. Jazz mit guter Laune, Jazz für Genießer und Feinschmecker. Jazz ohne Seitenblicke auf Klassik oder extravagante Klangexperimente, ohne Anleihen an die Folklore der Welt oder elektronische Effekte und Geräusche.
Hommage an Miles Davis
Ohrwürmer wie "Autumn Leaves" oder "Old Devil Moon" wirken frisch und lebendig, wenn sie von Meistern neu aufbereitet werden. Aber auch zwei Eigenkompositionen hat Dusko im Gepäck: Mit seiner "Ballad for Miles", gespielt mit Dämpfer, beschwört er den Geist von Miles Davis herauf. Miles war sein großer Förderer, als Dusko die ersten Schritte in den USA machte. Bei dieser ruhigen Komposition hat Rudi Engel auch mal eine Verschnaufpause nach seiner "Tour de Force" mit unentwegten Walking-Bass-Linien. Das quirlige, nervöse "Rebop" spielen die Künstler als Widmung an Dizzy Gillespie, gespickt mit Zitaten aus dem Vermächtnis des Meisters.
"No Jazz without a Blues" - unter diesem Motto erklingt der "Backbeat Blues" und mit Dizzy Gillespies Komposition "Ow" schwelgen die Musiker in der heißen Phase des Bebop. Als Zugabe gibt es Erroll Garners sanftes Meisterwerk "Misty", bei dem Scott Hamilton Ikonen wie Ben Webster oder Coleman Hawkins zu neuem Leben erweckt.
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