Andreas Faltlhauser und Kurt Hergeth ist im Gespräch anzumerken, wie sehr sie diese Behauptung stört: Covid-Patienten, die noch selbstständig atmen können, werden angeblich voreilig invasiv beatmet und wachen nicht mehr aus der Narkose auf. Faltlhauser und Hergeth leiten die beiden Covid-Intensivstationen im Weidener Klinikum. Und sie sagen: Diese Facebook-Geschichte hat nichts mit der Realität zu tun.
Die beiden Mediziner stehen selbst mitten in der Covid-Realität: Nirgendwo in Deutschland wurden bisher mehr Covid-Patienten behandelt als in Tirschenreuth und Weiden. Ein Teil davon musste auf die Intensivstation und wurde bei Bedarf intubiert und künstlich mit Sauerstoff versorgt. Bei keinem habe es eine Alternative gegeben, sagt Faltlhauser.
Im weltweiten Austausch
Anhand zweier Kriterien treffen die Mediziner die Entscheidung: Die klinisch erkennbare Atemnot des Patienten und der Sauerstoffgehalt im Blut. Die Weidener Ärzte tauschen sich mit Kollegen in China, Italien und Spanien aus. Es bestehe dabei internationale Einigkeit: Wenn sich die Situation zuspitzt, gibt es nur eine Alternative zur künstlichen Beatmung: "Das ist dann der Tod", sagt Faltlhauser.
Der Oberarzt verwahrt sich gegen das oft gezeichnete Bild einer Intensivmedizin, in dem es nur um Messwerte und nicht um Menschen geht. "Wir kämpfen hier jeden Tag um Menschen, und das ist uns bewusst." Das Gespräch mit Patienten und Angehörigen sei von größter Bedeutung.
Dieser Kampf sei für Mediziner und Pfleger auch deshalb sehr schwer, weil nur "relativ stumpfe Waffen" zur Verfügung stehen, beschreibt Faltlhauser seinen Alltag. "Es gibt noch kein heilendes Medikament. Wir können nur Selbstheilungskräfte stützen und Komplikationen vermeiden. Hiebei sei die Beatmung manchmal das einzige Mittel. "Man kann das je nach Alter oder Vorerkrankungen manchmal hinauszögern."
Organe bedroht
Aber auch das kann Patienten schaden. So zeige die Erfahrung, dass Covid-Patienten eine zu niedrige Sauerstoffsättigung scheinbar lange kompensieren. Darunter leiden aber die Organe. Wird zu lange gewartet, drohe dann zum Beispiel ein Nierenversagen und die Abhängigkeit von der Dialyse.
Faltlhauser ist es wichtig, kein falsches Bild zu zeichnen: Invasive Beatmung sei ein schwerer Eingriff. Erfahrungen zeigen auch, dass ein großer Anteil die CoVid-19-Erkrankung trotz aller Intensivmaßnahmen nicht überlebt. Dem sei man sich aber bewusst, niemand mache sich die Entscheidung leicht. Für die beiden Oberärzte untergräbt die Unterstellung, Patienten leichtfertig an ein Beatmungsgerät anzuschließen das Vertrauen der Patienten ihre Arbeit und sorge für zusätzliche Angst. "Seien sie sicher, diese Menschen haben genug Angst, wenn sie schwer krank mit Atemnot in die Klinik eingeliefert werden."
Diese Ängste zu nehmen, sei ihnen ein Anliegen, versichern die beiden Ärzte. "Wir tun alles um Symptome zu lindern und jeden Patienten individuell bestmöglich zu betreuen." Bei aller derzeitigen Belastung habe das bislang sehr gut funktioniert.
So sieht ein schwerer Covid-19-Verlauf aus
Ein schwerer Covid-Verlauf lasse sich oft in drei Phasen unterteilen: "Fünf bis zehn Tagen nach den ersten grippalen Symptomen kann es zu einer Lungenentzündung mit Atemnot kommen", erklärt der Intensivmediziner Kurt Hergeth. In einem Teil der Fälle werde nach Ausschöpfung aller konservativen Maßnahmen die künstliche Beatmung erforderlich. Meist lassen sich die Patienten dadurch stabilisieren. Manchmal muss das Blut der Patienten durch eine Herz-Lungen Maschine zusätzlich mit Sauerstoff versorgt werden. Trotz aller Bemühungen, kommt es manchmal nach einigen Tagen zu einer Verschlechterung. Der Patient ist dann durch ein Versagen weiterer Organsysteme wie dem Kreislauf, der Nieren und der Leber bedroht. Dann müssen hohe Dosen an kreislauf- und herzstabilisierenden Medikamenten verabreicht werden. Oft sind Dialyse oder eine Leberersatztherapie nötig. "Wir versuchen den Patienten in dieser Phase in einer Art ruhigem Fahrwasser durch diese Gefahren zu steuern", sagt Hergeth. Der Patient dürfe dabei nicht gestresst sein. Ohne Beatmung wäre dies undenkbar. Fieber ist dabei ein Zeichen der Immunabwehr des Körpers, das nicht automatisch gesenkt wird, sondern nur bei kritischen Temperaturen.
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