Von der Widersprüchlichkeit des Seins

Weiden in der Oberpfalz
13.10.2019 - 10:24 Uhr

Stefan Wirner präsentiert seine "Landschaft in Plastik" in der neu eröffneten Kunstbrauerei "Leuchtfeuer"

Noch bis 2. November sind die Arbeiten des gebürtigen Weidener Künstlers und Journalisten Stefan Wirner in der Kunstbrauerei zu sehen.

Der Blick schweift über die vielen Vernissagen-Gäste hinweg auf eine weiße Wand mit quer verlaufenden, dünnen Holzlatten, an denen DIN-A4-formatige Landschaftsbilder hängen. Skizzen und Zeichnungen, die der Künstler Stefan Wirner mit Acrylfarben koloriert hat. Schräg im Eck prasselt Feuer im Holzofen. Dahinter befindet sich noch ein Braukessel aus der Zeit der alten Hösl-Brauerei. Wir sind in der ehemaligen Leergutannahme. Seit dem Umzug seiner Galerie von der Kurfürstenstraße nach Rothenstadt hat sich Konstantin Baier hier in der Kirchenstraße seine Kunstbrauerei "Leuchtfeuer" eingerichtet.

Magischer Künstlertreff

Wasserrohre, Gasleitungen, eine Bierkastendurchreiche, Betontreppen - alter Industriecharakter. Das "Leuchtfeuer" könnte sich schon in naher Zukunft zum magischen Künstlertreff entwickeln. "Ich freue mich, dass heute die Bude voll ist", begrüßt der Holzkünstler die Besucher. Auch seine Dauerausstellung mit mystischen und erdgebundenen Schalen, Plastiken und Miniaturen aus heimischen Hölzern hat er in den Weidener Süden mitgebracht. Vor kurzem eröffnete Baier seine neue Galerie mit der Ausstellung "Landschaft in Plastik" des gebürtigen Weideners Stefan Wirner. Beim näheren Hinsehen wird deutlich, was der Künstler mit seinen Bildern ausdrücken will: nämlich die Zerstörung der Natur durch Plastik. Wirner ist Autor. Er ist aber auch ein leidenschaftlicher Spaziergänger und Maler. Und so hat es sich der Wahl-Berliner angewöhnt, bei seinen Wanderungen durch die Oberpfalz, Niederbayern und Böhmen den Zeichenstift mitzunehmen.

Wie eine Schutzfolie

"Ich hab da einen großen Spaß dabei entwickelt, weil man einfach länger in der Landschaft verweilt und nicht einfach daran vorbeigeht." Früher hat er nur mit Tusche gezeichnet. Später dann zu Hause die Zeichnungen nachkoloriert. Heute malt er gerne direkt vor Ort auf Leinwand. Seine Motive zeigen keine Umweltzerstörung. Den Plastikwahn der Menschheit erkennt er in den Klarsichthüllen, die seine Landschaftsmotive wie Schutzfolien überziehen.

Wirner sieht sich aber nicht als Umwelt-Oberlehrer, sondern als ein Freund der kleinen Schritte. "Wenn sich die Leute das nächste Mal die Landschaft etwas genauer anschauen, dann würde das ja schon reichen." Bevor er die Besucher ins Thema einführt, wickelt er sich Frischhaltefolien um Kopf und Bauch – "wir sind Plastikmenschen, wir haben den Planeten und die Meere mit Plastik verseucht" – und rezitiert mit voller Stimme aus seiner bisher noch nicht veröffentlichten Gedichtesammlung "Nachtfalter".

Im Zentrum des Vortrags stehen Klagerufe, nein Hilfeschreie, an den Indianerstamm der Assiniboine, mit dem er einerseits das natürliche Leben, anderseits den frühen Handel mit den Weißen und Kriege mit den Sioux verbindet. "Diese Widersprüchlichkeit sehe ich als Bild für unser Dasein: indem wir ständig alles mitmachen und gleichzeitig zurück zur Natur wollen." Die Erde sei ein schwerer, alter Planet geworden durch die Menschen. "Keif du nur, du schwarzer Teufel. Ich aber sehe hinter deine Maske." Und setzt im Flüsterton nach: "Durch dich durch."

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