Deutschland und die Welt
20.12.2019 - 13:44 Uhr

Weihnachten einmal ganz anders feiern

Die Menschen im orthodox-christlichen Serbien feiern den Heiligen Abend erst am 7. Januar. Der ist im pulsierenden Belgrad wie im multi-ethischen Novi Sad nur ein Höhepunkt vieler vorausgehender weihnachtlicher Festivitäten.

Wärmend brennt das Weihnachtsfeuer in Belgrad: Vor dem Tempel des Heiligen Sava versammeln sich Gläubige zum alljährlichen Ritual der orthodoxen Christen Serbiens. Bild: Touristboard Serbien/Oksana Toskic
Wärmend brennt das Weihnachtsfeuer in Belgrad: Vor dem Tempel des Heiligen Sava versammeln sich Gläubige zum alljährlichen Ritual der orthodoxen Christen Serbiens.

Unvergesslich bleibt ein für alle Besucher zugängliches Weihnachtsritual vor dem Tempel des Heiligen Sava, einer der weltweit größten orthodoxen Kathedralen. In einem riesigen Feuer werden Eichenbaumzweige zum Entflammen gebracht. Das Ritual Badnjak ist eine Tradition des serbischen Volks in Anlehnung an das Feuer, das den Krippenplatz des Christuskindes wärmte; und im übertragenen Sinne auch das Holzkreuz von Jesus symbolisiert.

Wenn man später die Mitternachtsmette in der Belgrader Kathedrale erlebt, ist die orthodox-christliche Symbolwelt mit ihren farbprächtigen ikonographischen Wand- und Deckengemälde vor festlicher Ausleuchtung und im Schein unzähliger Kerzen ein charismatisches sakrales Ambiente. Der neobyzantinische Prachtbau mit seiner gigantischen Kuppel wurde nach dem Vorbild der Hagia Sophia gebaut.

"Markt der offenen Herzen"

Wer nach einem Weihnachtsmarkt in Serbiens Hauptstadt sucht, wird unter dem Begriff "Markt der offenen Herzen" (alljährlich bis etwa 14. Januar) fündig; und zwar am Belgrader Hauptplatz Trg Republike, wo letztes Jahr ein 18 Meter hoher Weihnachtsbaum prunkte. Der war nicht nur seiner ausgesuchten Schönheit wegen in aller Munde, sondern vor allem aufgrund seines exorbitanten Preises. Belgrad machte New York Konkurrenz, weil die Balkan-Metropole mehr in sein zu Kommunismus-Zeiten verschmähtes Weihnachtssymbol investierte wie Nordamerikas Tourismus-Destination Nr. 1.

Zu einem weihnachtlichen Belgrad-Rundgang gehört auch ein Spaziergang hoch zur gigantischen Kalemegdan-Festung. Von dort gelangt man schnell auf die prachtvoll illuminierte Knez Mihailova oder ins Boheme-Viertel Skadarska mit seinen märchenhaften Lichterketten. In einem landestypischen Restaurant lockt dort das traditionelle Wintergericht Sarma: köstliche Kohlblätter - gefüllt mit Reis und Minze.

Klöster im National-Park

Auf dem Land zelebrieren die Serben noch sehr viel ursprünglicher ihre Weihnachtstraditionen; und respektieren auch strenger ein althergebrachtes christlich-orthodoxes Fastenritual, das Verzicht auf Fleisch, Eier und Milchprodukte über 40 Tage vorschreibt. Die darauf folgenden üppigen Weihnachtsspeisen wie "pecenica" - das geliebte Schwein am Spieß - sind hier noch vielerorts zu finden. Das unabdingbare Weihnachtsbrot Cesnica wird selbstverständlich noch daheim gebacken. In dem wir stets eine Münze versteckt, das dem Finder viel Glück verheißt.

Serbiens Kulturjuwel Novi Sad, zweitgrößte Stadt des Nicht-EU-Landes, liegt nahe der fruchtbaren Kulturlandschaft der Fruska Gora, die auch der Heilige Berg genannt wird. Insgesamt 16 Klöster mit unschätzbaren sakralen Kunstschätzen kann man dort besichtigen. Sie sind eingebettet in einen Nationalpark, der auch in der Winterzeit reizvoll ist. Dorthin pilgern gerne Weihnachtsbesucher, um das Kloster Novo Hopovo zu besichtigen. Denn es trumpft mit einer Kirche, die im 16. Jahrhundert auf den Heiligen Nikolaus (Saint Nikola) getauft wurde. Ihre phantastischen christlich-orthodoxen Fresken lohnen allein die Besichtigung.

Im nah gelegenen Novi Sad überrascht auf dem schmucken Hauptplatz einer der attraktivsten Weihnachtsmärkte Europas. Er landete dieses Jahr auf Platz zehn der bei europäischen Reisenden meist begehrten Christmas Markets.

Die Hauptstadt der Provinz Vojvodina fasziniert auch in der Weihnachtszeit mit ihrem multi-ethischen europäischen Kulturerbe. Eine außergewöhnliche Attraktion vor märchenhaften Weihnachtsbuden und pittoresker Stadtfassade sind tägliche Chorgesänge. Erwachsene wie Kinder von Gesangsvereinen der Region zelebrieren christlich-orthodoxes Liedergut in zehn verschiedenen Sprachen! Genauso auf Kroatisch, Ladinisch und Yiddish wie in Deutsch, Russisch und Englisch.

Silvester wird im post-kommunistischen Serbien heute gerne zweimal gefeiert. In Anlehnung an Westeuropa mit Feuerwerken am 31. Januar - und nach traditioneller Zeitrechnung zum 14. Januar. Die feierfreudigen Serben verzaubern so den ersten Monat des Neuen Jahres mit viel Lichterglanz zu einer frohlockenden Zeit voller magischen Festivitäten.

www.tob.rs

https://novisad.travel/en/

Info:

Hintergrund

Mehr als 200 Millionen orthodoxe Christen feiern weltweit Weihnachten am 7. Januar – und zwar nach den Berechnungen des Julianischen Kalenders. Die gleiche Regel gilt für den Silvesterabend, der auf den 14. Januar fällt. Orthodoxe Weihnachten wird unter anderen in folgenden Ländern gefeiert: Russland, Belarus, Ukraine, Moldawien, Georgien, Armenien, Kasachstan, Israel, Ägypten, Äthiopien, Rumänien, Bulgarien, Griechenland, Montenegro, Mazedonien, Bosnien und Herzegowina sowie Serbien.

Blick in neobyzantinischen Prachtbau: Ikonen im Dom des Heiligen Sava. Bild: Gabriela Greess
Blick in neobyzantinischen Prachtbau: Ikonen im Dom des Heiligen Sava.
Nahe Novi Sad, der Europäischen Kulturhauptstadt 2021, liegen auf dem heiligen Berg Fruška Gora zahlreiche Klöster, in denen Gläubige Kerzen entzünden. Bild: Gabriela Greess
Nahe Novi Sad, der Europäischen Kulturhauptstadt 2021, liegen auf dem heiligen Berg Fruška Gora zahlreiche Klöster, in denen Gläubige Kerzen entzünden.
Die alten Fresken erzählen Geschichten von Heiligen und aus der Bibel. Bild: Gabriela Greess
Die alten Fresken erzählen Geschichten von Heiligen und aus der Bibel.
 
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