Irgendwie mag einem den ganzen Abend lang das passende Attribut nicht einfallen für das Programm und den Auftritt von Josef Brustmann. Bei der Zugabe benutzt der 64-Jährige dann selbst in einem anderen Zusammenhang jenes Wort, das wie geschaffen ist für ihn – nämlich „entschleunigt“. Darin ist er – diese Mischung aus Kabarettist und Liedermacher – ein ganz Großer. Sein neues Programm feiert in Windischeschenbach, wo er schon mehrmals gastierte, Vorpremiere. Und es ist auch dieses Mal wieder ein typisches Brustmann-Programm, in dem nicht nach Schenkelklopfern gelechzt wird, sondern in denen es ruhig und fast schon gemütlich zugeht.
Gleich zu Beginn straft sich Brustmann aber gleich einmal selbst Lügen. „Vorpremieren sind nicht lustig“, stellt er fest – und liegt damit ziemlich falsch. Denn schon allein, wie er von den Blackout-Gefahren und den möglichen Kommunikationsdefiziten zwischen Kleinhirn und Großhirn berichtet, unterhält die Zuhörer. Für Brustmann ist ein roter Faden im Programm entbehrlich, denn wie sollte er sonst auch den anschließenden fulminanten Sprung zu Sokrates, Sartre und Frank Sinatra schaffen. Der Kabarettist outet sich auch als Tierliebhaber, wenn er von den unterschiedlichen Methoden der Katzenfutter-Zubereitung erzählt. Erstaunt sei er aber bei den ganzen möglichen Geschmacksrichtungen schon über ein Detail: „Maus ist aus!“ Auch die Schnecken haben es ihm angetan, in seiner Aufzählung vergisst er wohl keine Art der Schneckenbeseitigung.
Brustmann sinniert über Adam und Eva, damals sei im Paradies schon jener Satz geprägt worden, der zu jeder Frau gehöre: „Du, ich habe nix zum Anziehen!“. Vor einem Rätsel stehe er auch, warum das Himalayasalz zwar Tausende Jahre alt werden haben könne, aber beim Alfons Schuhbeck plötzlich ein Verfallsdatum bekomme. Aus der Tagespolitik hält sich Brustmann weitgehend heraus – klar, die ein oder andere Watschn für Donald Trump gibt es natürlich schon und die beiden CSU-Granden Dobrindt und Scheuer kommen auch nicht ungestraft davon („Einer allein kann gar nicht so blöd sein“).
Richtig nostalgisch wird es, als Brustmann über die Jugend nachdenkt: Als er damals, 1968, seine erste Jeans bekommen hat und sich zum „Einengen“ zum Weihnachts-Karpfen in die Badewanne gelegt hat – anschließende Blasenentzündung inklusive. Oder als man als Sternsinger das „Wirtschaftswunder“ hautnah mitbekommen hat. Oder als der Großvater beim Sauschlachten „O Haupt voll Blut und Wunden“ gesungen hat.
Passend dazu stimmt Brustmann auf der Zither ein erstaunliches „Highway to hell“ an. Überhaupt Musik: Ohne die geht es bei Brustmann nicht, die Älteren erinnern sich auch in Windischeschenbach wahrscheinlich noch an dessen Zeit beim „Bairisch Diatonischen Jodelwahnsinn“ oder bei „Monaco Bagage“. Neben der Zither (wo es an diesem Abend auch noch ein erstklassiges Cover von „Sounds of Silence“ gibt) greift er auch zur Gitarre, zur Mini-Quetschn und macht selbst vor dem Glockenspiel-Duett mit Maria aus Weiden nicht halt. Und gesanglich bleibt auch das Publikum nicht außen vor. Brustmann beherrscht – das macht der Abend ganz deutlich – Humor und Poesie gleichermaßen. Und den Zuschauern gefällt dies alles äußerst gut, wie der Schlussapplaus beweist.
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