Schutz und Zufluchtsort, Heimat und Rückzugsmöglichkeit - Einige sind mit Gängen verbunden, fast labyrinthisch. Andere wieder öffnen sich zu weiten Fluchten: Katharina Gierlach und Stefanie Schrank widmen sich dem Thema "Bauten" aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Zu sehen sind ihre Werke bis 13. Oktober in der Galerie Bernsteinzimmer in Nürnberg.
Gierlach, geboren 1983 in Würzburg und aufgewachsen in Winklarn (Kreis Schwandorf), lebt und arbeitet heute in Köln und in der Oberpfalz im Wechsel. Nach ihrer Schulzeit am Ortenburg-Gymnasium in Oberviechtach studierte sie an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg bei Professor Ralph Fleck und wurde 2011 zur Meisterschülerin von Professor Ottmar Hörl ernannt. Die 36-Jährige hat sich mittlerweile in vielen Galerien bundesweit einen Namen gemacht. Die Kulturredaktion unterhielt sich mit der Künstlerin, die für ihre großformatigen, pointillistischen, mit dickflüssiger Ölfarbe versehenen Bilder bekannt wurde.
ONETZ: Das echte Bernsteinzimmer ist seit 1945 verschollen. Das Nürnberger Pendant dient als Haus der Künste. Was reizte Sie, dort eine Ausstellung zu machen?
Katharina Gierlach: Ich kenne das Bernsteinzimmer in Nürnberg seit Beginn meines Studiums in Nürnberg 2004 und schätze sowohl das Team der Galeristen als auch ihr Programm sehr. Auch den Ort mit dem schönsten Balkon an der Pegnitz und die alte Architektur finde ich wunderschön.
ONETZ: Ihre aktuellen Werke sind inspiriert von der Räumung der Baumhäuser im Hambacher Forst. Was faszinierte Sie an diesen Bauten, die ja inzwischen abgerissen wurden?
Katharina Gierlach: Manche der Baumhäuser fand ich wegen ihrer beeindruckenden Konstruktionen mit einem weit verzweigten Hängebrückensystem, einem Sofa und einer Badewanne in ca. 25 Metern Höhe sehr beeindruckend. Andere waren für mich eher farblich mit den bunten Zeltplanen zwischen den vielen Grüntönen des Waldes interessant. Manche kamen mir vor wie überdimensionale Vogelhäuser. Als mir eine Atelierkollegin davon erzählte, wollte ich mir unbedingt die Baumhäuser ansehen. Sie haben meiner Meinung nach sehr viele Besucher zu den Waldspaziergängen angelockt. Für mich sind sie zu einem Symbol für den Klimaschutz und den Kohleausstieg geworden. Gleichzeitig lief Ende September 2018 auch in den Kölner Kinos der Film „Wackersdorf“. Ich bin im Landkreis Schwandorf aufgewachsen. Für mich gab es thematisch einige Parallelen.
ONETZ: Ihre Kunstpalette reicht ansonsten von Fußballstadien über Supermarktszenen bis hin zu Naturdarstellungen. Wie finden Sie zu Ihren Themen oder werden Sie von diesen gefunden?
Katharina Gierlach: Auf die Supermarktszenen bin ich zufällig bei einem Auslandssemester in Aix-en-Provence beim Einkaufen in kleinen Supermärkten gestoßen, als ich beim Warten an der Kasse die unterschiedlichen Bildschirme der Überwachungskameras entdeckt habe. Zu den Naturdarstellungen bin ich bei einem Symposium in Kvilda, dem höchsten Dorf im Böhmerwald gekommen. Fußball interessiert mich seit meiner Kindheit.
Bis zum Beginn meines Studiums war ich beim TSV Winklarn im Tor. Seit dem Studium gehe ich nur noch als Besucher ins Stadion. Gerade darf ich beim 1. FC Köln eine Plein-Air-Serie bei den Heimspielen während des Spiels malen. Das heißt, ich nehme mein Material mit ins Stadion und male ein 24x30cm großes Ölbild vom Spiel. Grundsätzlich finde ich Reisen und Artist-in-Resinence-Programme sehr wichtig, weil es die Wahrnehmung schärft und man selbst Dinge, die es im gewohnten Umfeld gibt, neu entdecken kann.
ONETZ: Ob es der Rasen eines Fußballfeldes ist, ein wunderbarer Mischwald oder die Blätter von Seerosen. Wie kam es zu Ihrer Liebe zur Farbe Grün und zu Ihrer Begeisterung für Naturdarstellungen?
Katharina Gierlach: Natur ist allgemein sehr faszinierend. Sich mit Malerei zu beschäftigen bedeutet auch, viel zu beobachten und die Wahrnehmung zu schulen. Dabei macht es Spaß, immer wieder neue Grüntöne oder Kombinationen anderer Farben mit Grüntönen in der Natur zu entdecken, zum Beispiel, dass Knospen junger Fichtentriebe aus der Entfernung manchmal violett wirken. Es freut mich aber auch sehr, wenn das Anmischen dieser neu entdeckten Farben gut gelingt oder ich beim Materialeinkauf einen neuen Farbton entdecke.
ONETZ: Bei Ihrer Ausstellung in Nürnberg kooperieren Sie mit Stefanie Schrank. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit und inwieweit ergänzen Sie sich mit Ihrer Kunst?
Katharina Gierlach: Ich habe Stefanie Schrank kennengelernt, als ein Arbeitsplatz in ihrem Atelier in Köln frei wurde. Seitdem entstand eine wunderbare Freundschaft und wir teilen viele Interessen. Es gibt aber auch sehr inspirierende Unterschiede: Stefanie Schrank ist seit vielen Jahren Musikerin in verschiedenen Indierockbands wie Karpatenhund, Locas In Love, Gorilla Club und gerade erscheint ihr erstes Soloalbum. Sie hat die wunderschönen Artworks für ihre Platten und viele Illustrationen für verschiedene Magazine gestaltet und arbeitet ansonsten vor allem grafisch, mit Zeichnung oder Druckgrafik oder entwickelt Objekte und Installationen. Und ich male fast ausschließlich – gerne mit einer großen Farbpalette, viel Material, fast reliefartig und vor allem mit Ölfarbe.
ONETZ: Was fasziniert Sie an dem Thema „Bauten“?
Katharina Gierlach: Sich eine „dritte Haut“, einerseits einen Schutzraum, andererseits aber auch einen persönlichen Raum zur Selbstinszenierung zu gestalten, ist ja ein Bedürfnis, das zu tiefst menschlich ist, das man aber auch in der Natur findet. Der Titel „Heimlich“ einiger meiner Baumhausbilder spielt auf den heimeligen Schutzraum, aber auch auf die rechtliche Grauzone der Konstruktionen an.
ONETZ: Sind Sie noch oft in Ihrer Oberpfälzer Heimat und planen Sie dort einmal wieder eine Ausstellung?
Katharina Gierlach: Ja, ich bin mehrmals im Jahr in meiner Oberpfälzer Heimat. Im März 2020 gibt es anlässlich des 30-jährigen Jubiläums des Vereins „Freunde der Kunst Oberviechtach“ eine Gruppenausstellung in Oberviechtach, bei der ich auf jeden Fall beteiligt sein werde. Eine weitere Ausstellung ist in der Überlegung.
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