Laute, fast schon hysterische „Mozart!“-Schreie sind es, die durch das ehemalige Wunsiedler Möbelhaus Unglaub hallen. Aus Paul Kaiser brechen die Worte regelrecht heraus in einer für den Zuhörer beklemmenden Mischung aus Wahn, Delirium und Alb. Noch ist etwas Zeit bis zur feierlichen Eröffnung der Abendspielzeit der diesjährigen Luisenburg-Festspiele am 10. Juni, nun haben die Leseproben für das Schauspiel „Amadeus“ von Peter Shaffer begonnen.
„Endlich sind wieder Schauspieler da und die Stimmung ist sehr gut“, sagt Birgit Simmler, Künstlerische Leiterin der Festspiele. Ihre Hoffnung ist zum aktuellen Zeitpunkt sehr hoch, dass es für die Zuschauer wieder eine „normale Saison“ wird – nach der kompletten Absage beziehungsweise Verschiebung 2020 und der von Corona und den nötigen Maßnahmen geprägten Saison 2021. „Im Vorverkauf merken wir schon noch den bundesweit zurückhaltenden Trend“, sagt Simmler. Sie ist aber sicher, dass es an dieser Stelle nochmals einen enormen Zulauf geben wird, wenn die ersten Stücke tatsächlich auf der Bühne sind.
Historische Realität und Fiktion auf der Bühne
In dem verwinkelten ehemaligen Möbelhaus ist genug Platz, um mit den Proben für „Amadeus“ zu beginnen. Das Stück gehört zu den meistgespielten Dramen auf deutschen Bühnen und stand 1995 erstmals auf dem Luisenburg-Spielplan. Jetzt, 27 Jahre später, wird es von Regisseurin Veronika Wolff in Szene gesetzt. Der Theaterkrimi beleuchtet das Leben des musikalischen Genies Wolfgang Amadeus Mozart aus den Augen seines Konkurrenten, des Wiener Hofkomponisten Antonio Salieri. Dabei werden Fiktion und historische Realität miteinander verbunden.
Mozart: Wahnsinn und Genie
Die Titelrolle übernimmt Philipp Moschitz, der 2019 schon die Komödie „Shakespeare in Love“ in Szene gesetzt hatte und nun erstmals als Schauspieler auf der Luisenburg-Bühne steht. „Mozart hat mich schon immer fasziniert“, bekennt der 37-Jährige, der auch Mozarts Konterfei auf dem T-Shirt trägt. Genie und Wahnsinn seien bei dem Komponisten eng miteinander verbunden gewesen. Über das Rollenangebot habe er sich deswegen sehr gefreut. Das Stück und natürlich auch der oscarprämierte Film seien ihm zuvor schon bekannt gewesen. Spannend werde es jetzt, das „sehr filmisch“ geschriebene Stück auch die riesengroße Bühne zu bringen.
Mozarts Counterpart ist Antonio Salieri, der von Paul Kaiser dargestellt. Der Schweizer Schauspieler kennt die Luisenburg-Bühne seit vielen Jahren, Glanzleistungen lieferte er unter anderem als Alm-Öhi in „Heidi“, als Pater Haspinger in „Andreas Hofer“ oder als liebestoller Engel Nantwein im „Brandner Kasper“ in der vergangenen Saison ab. Seine Rolle beinhalte einen „wunderschönen Zwiespalt“, sagt Kaiser. „Salieri ist ein Zerrissener: Er erkennt das Genie Mozart, kann aber nicht über den Schatten springen, dies auch zuzugeben“. Dies gebe der Figur eine Menge Sprengstoff.
Neben weiteren Darstellern wie Nikola Norgauer, Janina Raspe und Lukas Schöttler fällt besonders ein Akteur ins Auge, den viele kennen, aber wahrscheinlich primär nicht mit der Schauspielerei in Verbindung bringen – auch wenn ja immer wieder behauptet wird, dass Fußballer auch gute Schauspieler sind. Hier ist von der HSV-Legende Jimmy Hartwig die Rede, der in dem Stück die Rolle des Habsburger Kaisers übernimmt. Er ist Luisenburg-Neuling und macht daraus auch keinen Hehl: „Als ich die Felsen und die Bühne das erste Mal gesehen habe, war ich begeistert. Und bin es immer noch.“ Freimütig räumt er auch ein, dass er Wunsiedel nicht gekannt hatte bis die Anfrage für die aktuelle Spielzeit kam. Seit 20 Jahren steht Hartwig bereits in verschiedenen Rollen auf der Bühne, dass er jetzt einen Österreicher spielen darf, freut ihn besonders. „Ich bin Österreich-Fan, habe dort Fußball gespielt, der Österreicher Ernst Happel war in Hamburg mein Ziehvater“, sagt Hartwig. Einziger Wermutstropfen bei der Rolle: Sein Ösi-Dialekt, den der gebürtige Hesse tatsächlich draufhat und im Gespräch auch eindrucksvoll demonstriert, widerspricht der Würde seiner Figur – und deshalb darf er ihn auch auf der Bühne nicht „ausleben“.
Das Programm der Luisenburg-Festspiele
- Eigenproduktionen: „Trolle unter uns“ (Familienmusical), „Amadeus“ (Schauspiel), „Sister Act“ (Musical), „Der Sturm“ (Komödie), „Zeitelmoos“ (Musical)
- Gastspiele: Land des Lächelns (Operette), Hänsel und Gretel (Oper)
- Konzertauswahl: Chris de Burgh, Beth Hart, Django 3000, Haffner meets Landgren, The Magic of Queen Classic mit Markus Engelstädter, Ringlstetter & Band, Silly
- LuisenburgXtra (im Hof des Fichtelgebirgsmuseums):Gankino Circus, Matthias Egersdörfer, „Tom Waits For You“ und andere
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