Deutschland und die Welt
06.03.2020 - 14:20 Uhr

Vom Zauber des flüchtigen Moments

Mit einer der größten Retrospektiven des berühmten Impressionisten Claude Monet (1840 - 1926) wird das Potsdamer Barberini zum Publikumsmagnet.

Claude Monet war fasziniert von der Riviera, sein „Blick auf Borghiera“ zeigt mediterrane Atmosphäre als impressionistisches Meisterwerk. Bild: mil
Claude Monet war fasziniert von der Riviera, sein „Blick auf Borghiera“ zeigt mediterrane Atmosphäre als impressionistisches Meisterwerk.

100 Gemälde sind im Potsdamer Barberini durch die Zusammenarbeit mit internationalen Museen in Paris, London, Madrid, New York, Los Angeles, Tokio und Canberra gerade zu sehen. Das Ausstellungskonzept besticht durch Klarheit. Geordnet nach den Lebensorten, die Basis von Monets Kreativität, folgt man mit der geografisch biografischen Verortung gleichzeitig seiner künstlerischen Entwicklung. Während Monet in Deutschland sehr über seine Mohnfelder im Bewusstsein verankert ist, erlebt man jetzt die Vielfalt seiner Schlüsselmotive.

Wirkung von Licht

Claude Monet malte, wo er lebte, in erster Linie in den Seine-Dörfern Argenteuil, Vetheuil, Giverny. Durch die Eisenbahn rückte ganz Frankreich näher. Der Süden, die Atlantikküste, das Landesinnere wurden touristisch erschlossen. Pittoreske Orte, durch Fotografien bekannt. Paris, London, die Normandie, die Riviera, Venedig und Monets Garten in Giverny wurden die Marksteine seines Schaffens.

Von Anfang an fokussierte sich Monet auf die Wirkung des Lichts. Schon in den frühen Bildern im Umfeld des ländlichen Lebens lässt er weißes Mauerwerk und Federvieh aufleuchten. In Paris inspirieren ihn die Parks, das Freizeitleben entlang der Seine. Die Flüchtigkeit des Augenblicks faszinierte ihn.

Deshalb malte er ein Motiv immer wieder, entdeckte es durch unterschiedliche Lichtstimmungen zu verschiedenen Jahres- und Tageszeiten aus konträren Perspektiven immer wieder neu. Auf seiner zweiten Londonreise faszinierten ihn vor allem die Charing Cross Bridge und Waterloo Bridge. Zig Variationen entstanden zwischen Sonnen-, Nebel- und Smogtagen. Auf seiner Rückreise in Zaadom, einige Kilometer von Amsterdam entfernt, entdeckte Monet die Windmühlen und den idyllischen Hafen, den er mit flatternden Fähnchen als Momentaufnahme einfing. In der ländlichen Idylle von Vétheul, nördlich von Paris, widmete sich Monet ganz der Landschaftsmalerei. Die Landschaft existiert für Monet "nicht an und für sich, weil ihre Erscheinung sich jeden Moment verändert. Sie lebt durch das, was sie umhüllt, durch die Luft und das Licht, die ständig wechseln." Mit seiner zweiten Frau lebte Monet ab 1987 bis zum seinem Lebensende in Giverny. Die Motive begannen sich immer intensiver in flimmernde Farbflächen aufzulösen, werden nur ab und zu durch lineare Schattenstrukturen dynamisiert. Monet malte seine berühmten Mohn- und Weizenfelder. Weizenschober flimmern wie Feuer in der Abendsonne. Zwischendurch unternahm er immer wieder Reisen: Der Atlantik faszinierte ihn durch seine brachiale Urgewalt des Wassers. Er malte Gischt umtoste Klippen, die Wellenbrecher am Strand oder erodierte Kalksteinformationen aus unterschiedlichsten Perspektiven.

"Farben wie Edelsteine"

Eine wahre Offenbarung wurde für Monet die Riviera. Er erlebte den Süden mit "Farben wie Edelsteinen". Begeistert von der Architektur und der Botanik malte er die pittoresken Perspektiven mediterranen Ambientes, insbesondere Bordighera mit seinen Villen und seiner farbenprächtigen Flora.

Venedig bannte er als impressionistische Träume auf die Leinwand, in denen trotz Monets unscharfer und diffuser Maltechnik die bauliche Komplexität der Renaissancefassaden deutlich wird und sich durch die Spiegelungen im Wasser noch verstärkt. Höhepunkt von Monets Schaffen und seines Spätwerks wurden die Bilder seines Gartens, den er in Giverny selbst angelegt hatte und mit einem Seerosenteich nach japanischem Vorbild erweiterte. Ein Lebenswunsch erfüllte sich. "Ich haben keinen anderen Wunsch, als mich enger mit der Natur zu verbinden. Natur ist Größe, Kraft und Unsterblichkeit. Im Vergleich dazu ist ein Geschöpf nichts als ein armseliges Atom", konstatierte er 1909.

Im Garten von Giverny malte Monet seine berühmten Seerosenbilder. Ohne landschaftliche Einbettung völlig entgrenzt, bar jeglicher perspektivischen Bezüge nimmt Monet in diesen Gemälden moderne Abstraktion vorweg. Reine Grün-Blau-Schattierungen und Spiegelungen verborgener Unterwasserwelten ermöglichen ein raffiniertes Oszillieren zwischen zwei- und dreidimensionalen Welten. Zu sehen ist die Retrospektive bis 1. Juni im Potsdamer Barberini (Humboldtstraße 5-6, 14467 Potsdam). Öffnung: Mittwoch bis Montag (10 bis 19 Uhr).

 
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