Deutschland und die Welt
24.07.2020 - 11:04 Uhr

Zweifel an der Wirksamkeit von Rügen

Fast regelmäßig rügt der Deutsche Presserat "Bild". Eine Leserin möchte wissen: Hat das für die Redaktionen der Boulevard-Macher eigentlich Konsequenzen?

Immer wieder beschweren sich Leser beim Presserat über die „Bild“-Berichterstattung. Symbolbild: Angelika Warmuth/dpa
Immer wieder beschweren sich Leser beim Presserat über die „Bild“-Berichterstattung.

Beate Binder aus Amberg hat Fragen zum Beitrag "Opfer sind besonders zu schützen" (6./7. Juni) und schreibt: "Mir ist aufgefallen, dass hier mehrfach von einer Rüge gegen ,Bild' und zugehörige Medien berichtet wird. ,Bild' war schon öfter Thema auf Ihrer Seite und neigt bekanntlich zu provozierenden Text- und Bildberichten. Nun frage ich mich, was diese Rügen bewirken (sollen)? Hat das für die Redaktion irgendeine Konsequenz?

Wenn doch eine Redaktion, ein Verlag oder eine bestimmte Zeitung immer wieder gegen den Pressekodex verstoßen, erwarte ich als Laie schon eine Folge daraus. Wird jemand persönlich zur Verantwortung gezogen? Oder ist es eine Formalität des Deutschen Presserates? Wozu wäre es dann gut?"

Der Leserin antwortete ich unter anderem: Beim Pressekodex geht es um ethische Standards für den Journalismus. Dieser Kodex legt Richtlinien für die journalistische Arbeit fest.

Von der Achtung der Menschenwürde bis zur Unschuldsvermutung, vom Opferschutz bis zur Trennung von Werbung und Redaktion: Die 16 Ziffern des Pressekodex sind Grundlage für die Beurteilung der beim Presserat eingereichten Beschwerden. Die "meisten deutschen Verlage" bekennen sich laut Presserat dazu, den Pressekodex zu achten. Die "meisten" - das heißt, es gibt einige, die ihn bei ihrer Arbeit, so meine Vermutung, durchaus bewusst ignorieren.

Die Mehrzahl der deutschen Verlagshäuser hat sich mit einer Selbstverpflichtungserklärung dazu bereiterklärt, den Pressekodex und den Redaktionsdatenschutz zu achten. Der Presserat kann folgende Maßnahmen ergreifen: öffentliche Rüge (mit Abdruckverpflichtung), nicht-öffentliche Rüge (auf Abdruck wird verzichtet, z. B. aus Gründen des Opferschutzes), Missbilligung, Hinweis.

Darüber hinaus kann der Beschwerdeausschuss des Presserats trotz begründeter Beschwerde auf eine Maßnahme verzichten, wenn die Redaktion den Fall in Ordnung gebracht hat (z. B. durch den Abdruck eines Leserbriefes oder eine redaktionelle Richtigstellung).

Unterm Strich kann man sicher feststellen: Der Presserat ist in gewisser Weise eine etwas "zahnlose" Institution. Wenn Redaktionen gegen den Pressekodex verstoßen, müssen sie freilich die juristischen Konsequenzen tragen, die daraus entstehen können. Aber "Bild" hat in der Regel gute Anwälte und kalkuliert solche Dinge sicherlich von vorneherein ein. Auch muss man sich vor Augen halten, dass es sich hier um ein Boulevardblatt handelt.

Deutschland und die Welt05.06.2020
 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.