Von Günter Kusch
Nürnberg. Schon zum Auftakt gab es Wortschöpfungen und Lobeshymnen. Das neue Leitungsteam um Jens-Daniel Herzog verfolgt eben ehrgeizige Pläne, um die Zeit nach der Intendanz von Peter Theiler und Klaus Kusenberg erfolgversprechend zu gestalten. Von einer "Herkulesaufgabe" ist da die Rede, von einem "Maschinenraum der Kunst" und von einem "weiten Sprung, zu dem das Staatstheater ansetzt", wie Kulturreferentin Julia Lehner meinte. Doch was genau steht an?
Zuerst einmal die Bewerbung Nürnbergs als "Kulturhauptstadt 2025", für die die Bühne zu einem wichtigen Motor werden soll, betont Herzog. Dann die Generalsanierung des Opernhauses, dann eine digitale Revolution mit einer neu gestalteten Homepage und eine eigens eingerichtete Online-Redaktion. Ziel: Unter dem Logo "Kunst für das Volk" sollen "möglichst alle Gesellschaftsschichten erreicht werden". So werden beispielsweise im Schauspiel vermehrt Mitglieder mit Migrationshintergrund angestellt. Vom alten Ensemble bleiben nur fünf Kammerschauspieler sowie Jochen Kuhl und Julia Bartolome.
Der zentrale Begriff des Opernprogramms laute „zeitgenössisch“. Oper sei mehr als schöne Töne, sie thematisiere auch, "was uns heute noch auf den Nägeln brennt", sagt Herzog. Die ersten drei Opern der Spielzeit zeigen das: Mit „Krieg und Frieden“ von Sergej Prokofjew (30. Septemberg 2018) wird Jens-Daniel Herzog ein monumentales Werk des 20. Jahrhunderts inszenieren. Dann folgen die Oper „Anna Nicole“ von Mark-Anthony Turnage (3. November 2018) und Händels Oper „Xerxes“ (24. November 2018), inszeniert von dem französischen Team Le Lab. Die Grenzen zwischen U und E werden mit "Cosi fan tutte" (23. Februar 2019) und dem neuen Musical "Catch me if you can" (6. Oktober 2018) aufgelöst.
Ballettdirektor Goyo Montero lässt sich von den großen Stoffen der Weltliteratur ebenso inspirieren wie auch von Reflexionen über Abgründe der menschlichen Psyche. In seinem neuesten Tanzstück widmet er sich dem Shakespeare-Klassiker „A Midsummernight’s Dream“ (15. Dezember 2018). Zum zweiten Mal verankert er für einen Dreier-Abend (13. April 2019) eine Kreation von Jiří Kylián im Repertoire: „Falling Angels“. Ein vieldeutig oszillierendes Rollenmodell vertritt die Choreografie „Thin Skin“ von Marco Goecke. Zwei Highlights im Schauspiel sind Tschechows "Die Möwe" am 29. September 2018 und "Macbeth" am 8. Dezember 2018.
Die Spielzeit beginnt übrigens mit einem Paukenschlag: Am Eröffnungswochenende (27. bis 30. September 2018) gibt es vier Premieren. Es startet mit dem Ionesco-Abend „Ein Stein fing Feuer“ in der Regie von Jan Philipp Gloger (27. September im Schauspielhaus). Passend zu einer Welt voller alternativer Fakten und Fake News stellt Eugène Ionesco als Meister des Absurden Theaters die Produktion von Wahrheit durch Sprache bloß und erweist sich als hochaktuell. Um das Ende als Anfang und Verletzlichkeit als Fähigkeit geht es Boris Nikitin in „Aufführung einer gefälschten Predigt über das Sterben“ (28. September in den Kammerspielen).
Julia Lehner brachte die Vorfreude auf das neue Team und die nächste Spielzeit am Ende nochmals auf den Punkt: "Ich erwarte kreative Unruhe." Worauf Herzog versicherte: "Wir liefern Wahnsinn mit Methode" - schau mer mal.













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