Bauer sein ist derzeit nicht gerade ein Traumberuf. Deswegen müssten die Landwirte zusammen mit der Bevölkerung nach Lösungen suchen, damit der Berufsstand wieder anerkannt wird. „Wir müssen um Verständnis und um das Bewusstsein werben“, munterte Stadtrat Josef Maier in seinem Grußwort bei der Gebietsversammlung des Bayerischen Bauernverbands im Gasthof „Schloßwirt“ seine Kollegen auf. Es sei kein Wunder, dass immer mehr Landwirte resigniert aufgeben und sich junge Leute gegen diesen bodenständigen Beruf entschieden, wenn immer höhere Auflagen belasten und sie sich noch öffentlich verunglimpfen lassen müssen. Die Landwirte sehen sich mittlerweile als Sündenböcke der Nation. Das wurde bei der Versammlung schnell deutlich.
Der Chef des Landwirtschaftsamts in Weiden, Reinhold Witt, merkte ebenfalls an, dass die Landwirte derzeit einen schweren Stand in der Gesellschaft haben. Insektensterben oder Umweltverschmutzung werden den Landwirten angekreidet. Deshalb warb Witt nach Lösungen zu suchen, auch wenn dies keine leichte Aufgabe sei. „Schwierige Probleme haben keine einfachen Lösungen“, sagte der Leiter vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF). Zudem könne niemand vorhersagen, welcher Stall in 20 Jahren noch gesellschaftsfähig sei.
Diese Unsicherheit merke man auch in den Investitionen. Wer zahlt für die knappen Güter und die Umstellung? Ist die Gesellschaft dazu bereit? All diese Fragen sind Herausforderungen für die moderne Landwirtschaft, die sich ebenfalls verändere. Klimawandel, biologische Vielfalt, Bodenschutz und Tierwohl sind Fokusthemen. „Sie werden das alles hinbekommen“, versicherte Witt. „Doch zu welchem Preis?“ Die Betriebszahlen nehmen weiter ab, darüber gebe es keine Zweifel. Trotzdem ist der Bauer vor Ort der beste Botschafter. „Sie können der Landwirtschaft ein Gesicht geben“, appellierte der Redner. Das Vertrauen sei die Summe positiver Erfahrungen. Witt war überzeugt, dass man mit der neu angestrebten Öffentlichkeitsarbeit sicher nicht die Welt retten könne, aber doch Brücken bauen. „Landwirtschaft braucht die Akzeptanz vor Ort, in der Gesellschaft und den Markt.“
Er legte den Landwirten etliche Qualifizierungsangebote nahe, die sie annehmen sollten, um sich für die Hofführung fit zu machen. Die Landwirte sollten trotz aller anstehenden Probleme und Schwierigkeiten nicht mutlos werden.Als frohe Botschaft wollte Witt folgende Meldung verstanden wissen: Der Landkreis Neustadt/WN sei gut davon gekommen und erhalte nach dem neuen Berechnungssystem eine um 300.000 Euro höhere Ausgleichszulage. Die Gemeinden mit natürlicheren Gegebenheiten wie Hanglagen oder kleineren Feldstücken erhalten mehr Geld. „Als Landkreis können wir sehr zufrieden sein.“
BBV-Geschäftsführer Hans Winter unterstrich, dass sich der Bauernverband im Herbst an den Demonstrationen in München beteiligt hatte, um für die Forderungen der Landwirte einzutreten.
Kurz ging er auch auf die geplante Umstrukturierung in der BBV-Geschäftsstelle ein, die nach Eintritt in den Ruhestand erfolgen soll. Ab 1. Dezember werden die Kreisverbände Weiden und Tirschenreuth als sogenannte Verbund-Geschäftsstellen zusammengelegt. Der Tirschenreuther Geschäftsführer Ulrich Härtl aus Waldershof werde Weiden mit betreuen. Mit Klaus Gieler habe die Geschäftsstelle einen seit Jahren anerkannten Fachberater vor Ort. Außerdem komme mit Christian Traxler ein wirklich guter Agrar-Ingenieur mit Sitz in Tirschenreuth dazu.
Angebote und Termine der BBV-Geschäftsstelle legte Klaus Gieler den Teilnehmern ans Herz. Den Maßnahmenkatalog der Kombinationshaltung der Rinder oder das von der Regierung beschlossene Agrarpaket erklärte Kreisobmann Josef Fütterer ausführlich. Beim Klimaschutz seien die Landwirte Teil der Lösung und alle sind gefordert. Klimaschutz sei derzeit in aller Munde. Die Landwirte müssten die Ernährung sichern, aber dennoch brauche es eine Gesamtlösung. Auch die Einhaltung der Gesetzesbeschlüsse zum „Artenschutzgesetz“ bei den geforderten Gewässerrandstreifen mit zehn Metern Breite Abstand zum Wasser gelte es strikt einzuhalten. Mit dem neuen Standard Qualitätsmanagement-Milch (QM-Milch), der am 1. Januar 2020 in Kraft tritt gab der Kreisobmann die wichtigsten Änderungen für die Milcherzeuger weiter.
Raiffeisenbank-Vorstandsmitglied Werner Bäumler, der für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, sprach für die Raiffeisenbanken ein Grußwort. Die vielen negativ behafteten Themen in Verbindung mit der Landwirtschaft sollten gar nicht so oft in den Mund genommen werden, da sonst nur die Gegner darauf anspringen. Viel lieber solle man Positives herausstellen, riet Bäumler.
Landkreiszahlen:
Aktuell gibt es im Landkreis Neustadt/WN noch 385 Milchbauern, davon 139 als Anbinde-Betrieb (36,1 Prozent) und 246 oder 63,9 Prozent in der Laufstallhaltung. Die Entwicklung seit dem Jahr 2011 ist sinkend. Damals waren es noch 457 Milchbauern mit 227 Anbindeställen (47,7). Im Landkreis stehen 20 381 Kühe im Stall, davon 3915 in der Anbindehaltung (19,2). 80,1 Prozent werden bereits in Laufställen gehalten. Die Zahl der Milch- und Mutterkühe hat in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr in der Oberpfalz wieder deutlich abgenommen, immerhin um 3248 Tiere. Noch im vergangenen Jahr waren es 168 732 Kühe. Heuer erfasste die Datenbank nur mehr 165 484 Kühe. Der Rückgang ist in allen Landkreisen zu spüren, am deutlichsten aber in den Landkreisen Cham und Neustadt/WN. Die Gründe für den Rückgang sind sicher die Düngeverordnung und die angespannte Futtersituation. Im Landkreis Neustadt/WN werden aktuell 26 064 Tiere gezählt. Im Vorjahr waren es noch 27 109 Tiere.
Die Landkreisstatistik führt weiter 39 Biogasanlagen an mit 22 Megawatt (MW) installierte Leistung als Kraft-/Wärmekopplung. 6 Anlagen größer als 500 Kilowatt und 7 Anlagen kleiner als 100 Kilowatt.
Landwirtschaft braucht die Akzeptanz vor Ort, in der Gesellschaft und den Markt.
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