Altenstadt an der Waldnaab
07.02.2020 - 19:10 Uhr

Vorerst kein Sonderfonds für Altlasten

Das Wort Wahlkampf nimmt Umweltminister Thorsten Glauber bei seinem Besuch der Altlastenflächen in Altenstadt nicht in den Mund. Die Sanierung der Bleikristall- Brachen eigne sich nicht für "Wahlwerbung". Ganz ohne geht es dann aber doch nicht.

Thorsten Glauber (Zweiter von rechts) bekommt von Bernhardt Pscheidt (Mitte) erklärt, in wie vielen Bereichen die Altlasten aus Hütten und Kaminen wie dem von Beyer & Co. in Altenstadt Spuren hinterlassen haben. Bild: Gabi Schönberger
Thorsten Glauber (Zweiter von rechts) bekommt von Bernhardt Pscheidt (Mitte) erklärt, in wie vielen Bereichen die Altlasten aus Hütten und Kaminen wie dem von Beyer & Co. in Altenstadt Spuren hinterlassen haben.

(phs) Der erste Auftritt an diesem kalten Freitagnachmittag vor den früheren Werkstoren von Beyer & Co. gehört dem Bürgermeisterkandidat der Freien Wähler (FW), Bernhard Pscheidt. Er erklärt dem Parteifreund aus dem Umweltministerium, wie sehr sich die früheren Bleikristall-Kommunen im mittleren Landkreis mit dem Nachlass der Hütten abplagen.

Der Adressat ist vorbereitet. "Das hat mir der Karl extra aufgeschrieben: Du hast hier Arbeit", spielt Glauber auf Kreisrat Karl Meier aus Neustadt an. Wenn der Abschlussbericht der Gesellschaft für Altlastenbeseitigung im Frühjahr vorliege, müssten sich die Kommunalpolitiker entscheiden: nur Gefahrenabwehr auf den Flächen, sprich Sicherung, oder Investoren-Nutzung.

"Ich bevorzuge die zweite Säule", zeigt Glauber Sympathie für das sogenannte Investorenmodell, wonach Gemeinden ein Sanierungskonzept entwickeln, dann das Gelände zum Verkehrswert erwerben können und Kosten, die darüber hinausgehen, aus Mitteln des Bund-Länder-Finanzausgleichs (FAG) gefördert bekommen. Da fährt "dem Thorsten" aber "die Annette", wie sich die beiden nennen, ein bisschen in die Parade. Annette Karl freut sich zwar darüber, dass Glauber die Altlastenproblematik zur Chefsache gemacht hat, warnt aber davor, das Problem zu unterschätzen: "Da kann man nicht einfach Beton drübergießen. FAG-Mittel werden nicht reichen. Wir bräuchten einen Sonderfonds des Freistaats, da geht's um viele Millionen," betont die SPD-Landtagsabgeordnete, die den Neustädter Bürgermeisterkandidaten Sebastian Dippold im Schlepptau hat.

Diesen Fonds hat Glauber nicht im Gepäck, obwohl einige insgeheim darauf gehofft haben, darunter zahlreiche Kreistags- und Stadtratskandidaten der Freien Wähler aus Neustadt, Altenstadt, Windischeschenbach und Weiden, die auf Tuchfühlung mit dem Gast aus München gehen. Der Minister beschwichtigt: "Es kann sehr unterschiedlich teuer werden. Es muss nicht in jedem Fall jeder Kilometer abgefahren werden."

Beim Spaziergang vom Beyer-Gelände zur Hofbauer-Ruine erläutern ihm Bernhard Pscheidt, Gerhard Steiner aus Neustadt und Altenstadts Zweiter Bürgermeister Konrad Adam aber doch, dass es um eine Herkulesaufgabe geht. Hohlwege, Hofeinfahrten, Straßen seien mit Abraum aus den Glashütten aufgefüllt worden. Noch in den 70er Jahren habe Arsen die aufgehängte Wäsche in den Gärten angefressen, und was aus den Kaminen kam, habe ganze Dächer zerstört. Schließlich habe das Landratsamt den Beyer-Kamin auch noch wegen Einsturzgefahr sichern müssen.

Die Botschaft sei angekommen, verspricht Glauber. Nun müssen aber auch andere ran, schaltet FW-Landtagsabgeordneter Tobias Gotthardt auf Wahlkampf um: "Das Kochbuch ist geschrieben. Gekocht werden muss nun im Landratsamt." Im Übrigen sei die Idee eines Runden Tisches für die betroffenen Bürgermeister nicht neu, schickt Glauber eine kleine Spitze Richtung Stephan Oetzinger (CSU) hinterher. Das Thema wird für alle Beteiligten noch eine harte Nuss, schwant dem Oberfranken, als ihm seine Parteifreunde die Abschiedsgeschenke überreichen: ein Tragl Eismann-Zoigl und ein geschnitztes Schnaps-Tablett. "Ich seh schon, ihr habt den Eindruck, den Job als Umweltminister hält man nur mit Alkohol aus."

 
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