Amberg
12.04.2019 - 10:11 Uhr

20 Neueröffnungen seit Jahresbeginn

Was wird aus dem Einzelhandel in der Altstadt? Viele Geschäftsinhaber blicken bange in die Zukunft. Mittendrin versucht Altstadtkümmerin Verena Fitzgerald Zuversicht zu verbreiten – mit Hartnäckigkeit und neuen Ideen.

Blick in die Amberger Einkaufsmeile Georgenstraße. An sonnigen Tagen ist die Fußgängerzone gut gefüllt. Bild: Verena Fitzgerald
Blick in die Amberger Einkaufsmeile Georgenstraße. An sonnigen Tagen ist die Fußgängerzone gut gefüllt.

"Es gibt zwei Aussagen, die mir bei meiner Arbeit immer wieder begegnen: Wird ja eh nix! Und: Wird scho!", sagte die Wirtschaftsförderin für die Altstadt, Verena Fitzgerald. Amberg braucht ihrer Meinung nach aber weder "nörgelnde Pessimisten noch gutgläubige Optimisten. Amberg braucht Engagement." In diesem Sinne arbeitet die Fitzgerald zusammen mit den Amberger Händlern und dem Stadtmarketing seit einem halben Jahr an einer neuen Strategie für die Altstadt. Besonders problematisch findet sie, dass seit einer Weile fast nur noch über negative Entwicklungen wie ungenutzte Ladenflächen geredet werde. Ein Leerstand wie das Forum sei zweifellos ein gewaltiges Problem für die Altstadt und die vielen Schließungen von alteingesessenen Betrieben finde sie natürlich auch schade, "aber bei genauerem Hinsehen stirbt die Amberger Altstadt gerade nicht aus, sie durchgeht nur einen gewaltigen Umbruch".

Fitzgerald zählt allein seit Jahresbeginn mittlerweile über 20 Neueröffnung innerhalb der Stadtmauer. Dazu gehören nicht nur Neuansiedlungen wie das Kosmetik- und Lifestyle-Geschäft Rituals oder das Asiatische Feinschmecker-Restaurant Cocoon, sondern auch verschiedene neue Konzepte wie der Fair-Fashion-Laden Herzeigen am Viehmarkt, der Hundesalon Mr. Charley in der Unteren Nabburger Straße und bald die Brotstube in der Herrnstraße. "Der Malteserplatz mit seinen Pizzerien blüht durch mehrere neue Dienstleister und demnächst auch durch eine neue Eisdiele zu einem belebten Piazza auf und sogar ein neuer Klub hat sich in nächster Nähe zur Hochschule angekündigt." Nach ersten Beratungsgesprächen mit den Geschäftsinhabern erwartet Fitzgerald, dass sich die neuen Konzepte auch langfristig halten und maßgeblich zur Belebung der Altstadt beitragen werden.

Neben der Neueröffnungen beobachtet die Altstadtkümmerin ebenso, welche Branchen und Läden sich verabschieden und geht den Ursachen auf den Grund. Als sie dem Musikgeschäft Raab einen letzten Besuch vor seiner Schließung nach 40 Jahren abstattet, reagiert Inhaber Andreas Raab gefasst: "Dass sich mein Sortiment neben dem Online-Handel und den Filialisten nicht auf die Dauer halten konnte, war über die letzten Jahre ja schon abzusehen. Das heißt aber noch lange nicht, dass auch neue Geschäfte keine Chance mehr hätten. Ich plädiere für die Nische! Meine Ladennachbarin Träumsuse bietet jetzt Nähkurse in ihrem Stoffladen an. Das läuft super. Ich werde mich ebenso auf meine Dienstleistungen im Eventbereich konzentrieren und dafür reicht meine Website. Ich mache Platz für Neues." Als Vorsitzender der Park- und Werbegemeinschaft wolle der Unternehmer jetzt auch wieder verstärkt einige Altstadtprojekte angehen. Wenn sich eine Innenstadt zur "Fressmeile" entwickelt, weil der Einzelhandel immer weiter verschwindet, finde er das auch nicht optimal.

Ein Vorzeigebeispiel für einen alteingesessenen Laden, der sich für die Zukunft aufstellt, ist für die Altstadtkümmerin die Porzellangalerie. Die Familie Jahn arbeitet seit 28 Jahren im Einzelhandel und seit 2007 bietet sie Geschenkartikel, Souvenirs und Haushaltswaren in der Rathausstraße an. "Hier standen die Kunden schon im Mittelpunkt bevor Wörter wie Customer Relationship Management überhaupt erfunden wurden", sagt Fitzgerald. "Es lässt sich zwar nicht mit Apple Pay bezahlen, dafür aber mit D-Mark. Der Service wird vor allem bei älteren Kunden immer wieder gerne genutzt. Auch die amerikanischen Touristen genießen in der Porzellangalerie einen Sonderservice. Sie erhalten bei jedem Kauf eine sogenannte VAT-Form, mit der sie sich die Umsatzsteuer sparen." Inhaber Bernhard Jahn beobachtet die Trends und Zielgruppen in Amberg genau und lässt sich regelmäßig passende Aktionen einfallen: "Wir legen großen Wert auf eine freundliche Atmosphäre. Das beruht aber auf Gegenseitigkeit. Bei uns ist der Kunde nicht König - er ist Gast. Mit einem angenehmen Gast trinkt man auch gerne mal eine Tasse Kaffee und zum Glück ist unser wöchentlicher Kaffeeverbrauch ganz schön hoch." Die Porzellangalerie ist zudem leicht in Google zu finden, hat eine für Smartphones optimierte Webseite und die zukünftigen Entwicklung sehen auch Dank desEngagements von Jahns Tochter rosig aus.

Natürlich tragen noch dutzende weitere Läden, Lokale, Vereine und Bürger täglich zur Belebung der Amberger Altstadt bei. Statt um Marketing-Trends geht es dabei um echte Persönlichkeiten und ihre Geschichten. Genau die sollen in unserer neuen Serie "Stadtgeflüster" in den nächsten Tagen und Wochen immer wieder einmal vorgestellt werden.

Ausverkauf bei Music Raab. Nach mehr als 40 Jahren schließt das Fachgeschäft am Paradiesplatz seine Pforten. Bild: Verena Fitzgerald
Ausverkauf bei Music Raab. Nach mehr als 40 Jahren schließt das Fachgeschäft am Paradiesplatz seine Pforten.
 
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