1300 Soldaten aus Deutschland sind im Norden Afghanistans für die Mission "Resolute Support" im Einsatz. Knapp 100 stellt das Logistik-Bataillon 472, wie eine Pressemitteilung aus dem Büro von Alois Karl meldet.
Der Wahlkreisabgeordnete flog mit sechs Bundestagskollegen zum Feldlager Marmal in Masar-e Sharif. Unter der Führung von Kommandeur Tino Möller konnten sich die Politiker ein Bild von den Umständen machen, unter denen deutsche Soldaten dort in die Mission Resolute Support ("handfeste Unterstützung") eingebunden sind. Sie folgte 2015 auf den ISAF-Einsatz, der nach den Anschlägen vom 11. September 2001 begonnen hatte und an dem bis zu 5000 deutsche Soldaten teilnahmen. Grundlage dieses Einsatzes ist laut der Pressemitteilung die Erkenntnis, "dass ein Land, das zu drei Viertel aus schwer zugänglichen Bergregionen besteht, nicht unter Kontrolle zu bringen ist".
Diese Mission soll die afghanische Armee in die Lage versetzen, sich selbst zu verteidigen, und sie soll die Polizei befähigen, Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten. "Tatsache ist aber auch, dass die Taliban nach wie vor weite Teile des Landes beherrschen, zwar in Doha mit den Amerikanern verhandeln, aber nicht bereit sind, direkt mit der afghanischen Regierung Friedensgespräche zu führen." In Masar-e Sharif verbrachten die Abgeordneten die Nacht im Lager. "Wir bekamen keine Extrawurst gebraten", versichert Alois Karl. "Die Unterkunft im Container war spartanisch. Die Ausrüstung der Gefahrenlage angemessen." Später in Kabul traf die Delegation den kommandierenden US-General Austin S. Miller, mit dem sie über die Sicherheitslage in dem geschundenen Land sprach, in dem seit 30 Jahren Krieg herrscht.
ONETZ: Herr Karl, haben sich für Sie durch die Erfahrungen vor Ort neue Einsichten zur Situation in Afghanistan ergeben?
Alois Karl: Ja, und es ist auch wichtig, dass man die Möglichkeit nutzt, solche Einsichten zu gewinnen, weil man im Bundestag immer wieder gefordert ist, neue Mandate für Bundeswehr-Einsätze zu erteilen, also letztlich Soldaten in den Krieg zu schicken. Ich habe gesehen, wie konzentriert unsere Soldaten ihre Aufgaben wahrnehmen, dass sie erkennen, wie wichtig es ist, dieses Land zu befrieden und zu verhindern, dass Afghanistan später wieder ein gescheiterter Staat oder ein Rückzugsgebiet für Terroristen wird.
ONETZ: Sehen Sie Chancen, das Land in absehbarer Zeit zu befrieden?
Alois Karl: Ja. Derzeit laufen in Doha Friedensgespräche zwischen den Taliban und den Amerikanern. Dort erkennt man, dass alle kriegsmüde sind. Jeder weiß auch, dass der Krieg ohnehin für keine Seite zu gewinnen ist. Das ist auch nicht unsere Zielsetzung. Wir haben bei der Ausbildung des Militärs und der Polizei so gute Fortschritte erzielt, dass man bald an einen Rückzug aus Afghanistan denken kann. Voraussetzung wird eine Regierung mit Beteiligung der Taliban sein. Das ist aber kompliziert, weil die aus rund 20 einzelnen Organisationen bestehen, die ihre jeweils eigenen Interessen haben.
ONETZ: Was erzählen denn die Soldaten aus Kümmersbruck, wie es ihnen dort geht?
Alois Karl: Sie wissen, dass sie im logistischen Bereich eine sehr wichtige Aufgabe haben. Aber natürlich freuen sie sich darauf, wieder nach Deutschland zurückzukommen. Das erfolgt nicht in einem Zug, sondern auf die Monate Juni und Juli verteilt. (ll)
Afghanistan bleibt im Kopf
Gerne wirft man Politikern vor, dass sie über Sachen reden, die sie nicht aus der Praxis kennen. Jetzt hat der Bundestagsabgeordnete Alois Karl bei einem Besuch von wenigen Tagen in Afghanistan sicher auch nicht am eigenen Leib erfahren, wie schmerzhaft die monatelange Trennung von der Familie für deutsche Soldaten ist oder wie die Angst vor den Taliban den meisten Afghanen zusetzt. Aber er hat einen Eindruck gewonnen, was es heißt, dort zu leben. Ohne Folgen bleibt das nicht. Doch ob ihm seine Entscheidungen zu Afghanistan dadurch beim nächsten Mal leichter fallen? Vielleicht fallen sie ihm sogar schwerer. Aber er trifft sie mit Bedacht, und das ist gut so.
Markus Müller