Wer Martin Seibert in seiner politischen Tätigkeit kennenlernte, erkannte schnell: Das ist einer, der es gewohnt ist, sich eigene Gedanken zu machen, der unabhängig urteilen kann und der trotzdem in der Lage ist, die Interessen anderer Menschen wahrzunehmen und als legitim anzuerkennen, selbst wenn er persönlich anderer Meinung ist. Ein scharfer Blick für menschliche Befindlichkeiten zeichnete ihn ebenso aus wie das Selbstbewusstsein eines Mannes, der es in seinem Leben zu etwas gebracht hat und der viele Jahre lang der Familie zuliebe in Teilzeit arbeitete.
Temperament hatte Martin Seibert, doch auch die Einsicht, dass man das zu gebotener Zeit zügeln muss, wenn man in Führungsfunktionen unterwegs ist. Seine Partei hat es Martin Seibert nicht immer leicht gemacht, weder mit ihrem Erosionsprozess auf Bundesebene, noch mit den Vor-Wahl-Querelen des Jahres 2019 in Amberg. Er hat sich gegebenenfalls eigene Anmerkungen dazu erlaubt, doch an seiner Treue zu den sozialdemokratischen Grundprinzipien hat das alles nichts geändert. Seit 1967 war er Gewerkschaftsmitglied, im Jahr 1973 Mitbegründer der "Falken" (Jusos) in Amberg und von da an lokal und überregional in vielen Ämtern für die SPD tätig.
2017 wurde Martin Seibert zum zweiten Mal zum Vorsitzenden des SPD-Stadtverbandes gewählt
Das Gesicht der Amberger SPD, der er seit 1972 angehörte, war Martin Seibert nicht nur zuletzt als Vorsitzender, sondern auch als Stadtrat mit gewaltiger kommunalpolitischer Erfahrung: von 1986 bis zum April 2020 gehörte er dem Gremium an. Bei der jüngsten Kommunalwahl hatte er den Wiedereinzug knapp verpasst. Ausgezeichnet hat sich Seibert auch immer durch sein soziales Engagement, ob nun im Stadtjugendring, dessen Vorsitzender er von 1995 bis 1999 war, oder in der Arbeiterwohlfahrt – hier war er seit 1984 Kreisvorsitzender, seit 2008 stellvertretender Bezirksvorsitzender; bei der nächsten Wahl sollte er das Amt des Vorsitzenden übernehmen.
Mit Fassungslosigkeit reagierte die Fraktionsvorsitzende der SPD im Stadtrat, Birgit Fruth, auf den Tod von Seibert: "Martin war seit Jahrzehnten der Dreh- und Angelpunkt für unsere Partei, er war ein souveräner, verlässlicher, und beliebter Vorsitzender. Sein Tod reißt eine riesige Lücke in unsere Partei, das ist ein schlimmer, vor allem menschlicher Verlust für die Amberger SPD."
Der stellvertretende Stadtverbandsvorsitzende Dieter Weiß würdigt in einer Pressemitteilung zum Tod von Martin Seibert auch dessen Engagement im Beruf: "Da gab Martin immer Volldampf. Die Bahn war seine große Leidenschaft. Zuerst als Lokschlosser, später dann als Lokführer. Sogar nach dem Erreichen des Ruhestandsalters konnte er nicht von den Zügen lassen. Er fuhr weiter. Nun hat er seine letzte Fahrt angetreten."
Dass er 2014 nach einer Herzoperation mehrere Tage im künstlichen Koma lag und dass er deshalb zeitweise politisch kürzertrat, daraus machte Seibert nie einen Hehl. Doch strahlte er bald danach wieder die Zuversicht aus, diese gesundheitlichen Probleme dauerhaft überwunden zu haben. Umso mehr schockiert sein plötzlicher Tod. Um Martin Seibert trauern seine Frau Uschi, seine beiden Söhne und die Enkel.
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