Der Wonnemonat Mai ist gefühlt ein launenhafter April - deshalb sind die Darsteller mitnichten traurig, dass wegen des Tribünenaufbaus am Mariahilfberg die Proben für das Amberger Stadtschauspiel "Der Herbst des Winterkönigs" kurzerhand dorthin zurückverlegt wurden, wo sie begonnen hatten: in die alte Reitschule, dem Domizil der Knappschaftskapelle. Getan hat sich in den vergangenen Tagen trotzdem einiges vor der Wallfahrtskirche. Die überdachte Tribüne steht, der Klosterhof wurde möbliert: Das Aufenthaltszelt für die Mitwirkenden wurde aufgestellt. Außerdem befinden sich dort laut Karlheinz Brandelik von der Produktionsleitung die Container, in denen die Kostüme gelagert und die Schauspieler sich umziehen werden. Premiere ist schließlich am Freitag, 24. Mai.
Regisseurin Astrid Vosberg aus Kaiserslautern probt längst fleißig mit ihren Schauspielern - Laien wie Profis. Für sie ist es eine neue Rolle, spielte sie 2009 und 2014 noch an der Seite des Winterkönigs Friedrich V. (Andy Kuntz) dessen Gemahlin Elisabeth Stuart. Da Vosberg in die Regie wechselte, bekam Kuntz eine neue Winterkönigin: Joanna Lissai. Das Amberger Stadtschauspiel ist ein Stück im Stück. Es spielt im Jahre 1620. Friedrich V., Kurfürst aus Amberg, der nach der böhmischen Königskrone gegriffen hatte, aber in der Schlacht am Weißen Berg seinem katholischen Widersacher unterlag, kehrt nach Amberg zurück. Auf dem Marktplatz sieht er ein entwürdigendes Schauspiel.
Vor johlenden Bürgern verhöhnt und verspottet eine Truppe fahrender Komödianten ihn, den Kurfürsten, der unter seinem Spottnamen Winterkönig in die Geschichte eingegangen ist. Während sein Diener Jan ihn wegziehen will, besteht Friedrich darauf zu bleiben. Unerkannt vom Volk, den Komödianten und dem Spielansager, protestiert er ob der Schmähungen und legt seine Sicht der Ereignisse dar.
Und so erlebt der Zuschauer wichtige Stationen des Winterkönigs mit, dessen politisches Handeln letztlich zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges geführt hat: seine Hochzeit mit der schottischen Königstochter Elisabeth Stuart, seine Krönung zum böhmischen König und schlussendlich der Verlust von Krone und Reich. Das Welttheater ist eine Mischung aus Musical und Schauspiel, wobei die Band Vanden Plas dem Stadtschauspiel mit seinen barocken Klängen durchaus rockige Töne einhaucht - und zwar live.
Auf der Bühne vor der imposanten Wallfahrtskirche stehen neben den Profi-Schauspielern Andy Kuntz (Friedrich), Joanna Nora Lissai (Elisabeth), Georg Lorenz (Abraham Scultetus) und Axel Meinhardt (Christian von Anhalt) noch Reinhold Escherl von der Freudenberger Bauernbühne (Friedrichs Kammerdiener Jan) und Jürgen Huber, der als Spielansager zu sehen ist, aber zusätzlich der Produktionsleitung angehört. Die Laiendarsteller rekrutieren sich aus Freudenberger Bauernbühne, Haagerthaler Bauernbühne, Stadtwache und Knappschaftskapelle. Sehr zufrieden zeigt sich Kulturreferent Wolfgang Dersch. Beim Ticketvorverkauf seien im Vergleich zum letzten Welttheater zum jetzigen Zeitpunkt 500 Karten mehr als 2014 verkauft worden. Für alle Vorstellungen sind noch Karten erhältlich, selbst für die Premiere. Die ersten zehn Aufführungen sind bereits gut gebucht, für das letzte Wochenende (Pfingsten) gibt es noch mehr Karten als für die anderen Vorstellungen. Die bereits aufgebaute Tribüne fasst 600 Zuschauer.
Voll des Lobes ist der Kulturreferent für die Arbeit von Regisseurin Astrid Vosberg. "Das läuft hervorragend", freut er sich. "Sie bringt neue Aspekte ein, arbeitet das eine oder andere noch mehr heraus." Dersch verkündete, dass alles im Plan sei, nur mit dem aktuellen Wetter ist er nicht zufrieden, hofft auf einen baldigen Umschwung.
Dass das Welttheater inzwischen überregional wahrgenommen wird, freut ihn ebenfalls. "Wir bekommen viel positives Feedback aus anderen Städten." Kein Wunder: Schließlich war das Stadtschauspiel sogar im Lufthansa-Magazin präsent. Der Kulturreferent ist hocherfreut über das Rahmenprogramm mit Einkaufs-Event, das rund 60 Einzelhändler am 18. Mai stemmen werden, und das von der Kurfürstlichen Schlosswache organisierte Lagerleben: "Beides hilft ungemein, das Welttheater hinunter in die Stadt zu tragen." Die dreiwöchige, intensive Probenphase für die Profis hat begonnen. Zum dritten Mal spielt Andy Kuntz den Winterkönig. Ob er da überhaupt noch proben muss? "Auf jeden Fall", sagt der Schauspieler lachend. Zumal Astrid Vosberg ihren eigenen Weg in der Inszenierung geht - "den gehen wir natürlich alle mit." Spielfreude und Lust auf das Welttheater kommt schon während der Proben auf, so eine Woche vor der Premiere "sind wir dann richtig drin", meint der Profi.
Von seiner neuen Bühnenpartnerin Joanna Nora Lissai ist er sehr angetan: "Eine super-sympathische junge Dame." Ein Kompliment, das die 29-Jährige, die in Bonn lebt, sehr gerne zurückgibt: "Er ist ein total lieber Kerl." Die Zusammenarbeit sei sehr angenehm. Die neue Elisabeth fühlt sich im Welttheater-Team sehr gut aufgenommen. Für sie ist es egal, ob jemand Profi oder Laie ist: "Wir sind ein Team, wir sind alle Bühnendarsteller, die gemeinsam eine Geschichte erzählen", sagt sie über das Welttheater. Und über Amberg: "Die Stadt ist total schön."
"Es läuft sehr gut", sagt Regisseurin Astrid Vosberg über die Probenarbeit. "Wir freuen uns, endlich am Berg proben zu können." Jetzt gehe es an die Detailarbeit - und auch darum, sich mit der Örtlichkeit, also der Spielstätte, vertraut zu machen. Den Wechsel in die Regie hat sie nicht bereut. Für sie sei es spannend, jetzt von vorne drauf zu schauen und eigene Ideen einzubringen. "Ich habe nie das Gefühl, ich möchte die Elisabeth wieder selber spielen." Dass es endlich wärmer und freundlicher wird, das wünscht sich sicherlich nicht nur die Regisseurin für den Festspielsommer in Amberg.
Das Stadtschauspiel „Der Herbst des Winterkönigs“ wird zwölf mal aufgeführt. Premiere ist am Freitag, 24. Mai, um 20.30 Uhr auf dem Mariahilfberg. Weitere Aufführungen: Samstag, 25. Mai; Mittwoch, 29. Mai; Donnerstag, 30. Mai (Christi Himmelfahrt); Freitag, 31. Mai; Samstag, 1. Juni; Samstag, 2. Juni; Montag, 3. Juni (Schulvorstellung um 10 Uhr); Freitag, 7. Juni; Samstag, 8. Juni; Pfingstsonntag, 9. Juni; Pfingstmontag, 10. Juni. Beginn ist jeweils um 20.30 Uhr, lediglich am Samstag, 2. Juni, startet das Welttheater um 17 Uhr.
Im Vorfeld des Welttheaters machen Einzelhändler Appetit auf den „Herbst des Winterkönigs“. Ihr Beitrag zum Stadtschauspiel ist am Samstag, 18. Mai, von 10 bis 18 Uhr ein Einkaufserlebnis mit Kultur und einem Gewinnspiel.
Die Einzelhändler bieten zu den sieben Weltheater-Todsünden (Hoffart, Habsucht, Wollust, Zorn, Völlerei, Neid und Trägheit) verschiedene Aktionen an, Bernd von Ammenberg (mittelalterliche Musik), eine Tanzgruppe, die Stadtwache und das Stiber-Fähnlein aus Sulzbach-Rosenberg bestreiten das Kultur-Programm. Welttheater-Darsteller zeigen Sequenzen aus dem Stück. Beim Gewinnspiel müssen die Besucher bei den Einzelhändlern Sticker ergattern – von jeder Todsünde einen.
Die Kurfürstliche Schlosswache organisiert mit weiteren historischen Gruppen von Donnerstag, 30. Mai, bis Sonntag, 2. Juni, ein barockes Lagerleben im Maltesergarten. Geboten sind bei freiem Eintritt unter anderem Vorführungen (Waffenschauen, Schießen, Söldnerwerbung), Armbrustschießen, Schmankerln aus dem Holzofen, Met und Bier sowie Waren der Händler (von Bronze- und Bernsteinschmuck bis zu Räucherwerk und Naturkosmetik). Am 30. und 31. Mai sowie am 1. Juni bieten die Landsknechte vor dem Welttheater ab 19.30 Uhr auf dem Berg ein Überraschungsprogramm. Als Schirmherr wurde eine Hoheit gewonnen: Eduard Prinz von Anhalt-Askanien, der mit seiner Tochter, Erbprinzessin Julia Katharina, und seinem Enkel Maxime kommt.
Wer sich im Vorfeld des Welttheaters mit dem Schicksal des Winterkönigs Friedrich V. befassen will, kann am Mittwoch, 15. Mai, in den großen Rathaussaal kommen. Um 19.30 Uhr (Einlass ab 19 Uhr) beleuchtet Professor Frieder Hepp, Direktor des Kurpfälzischen Museums von Heidelberg, „Deß gewesten Pfaltzgrafen Glück und Unglück – Aufstieg und Fall des ,Winterkönigs‘ im Spiegel der zeitgenössischen Flugblattpublizistik“. Der Eintritt zum Vortrag ist frei.
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