Amberg
10.05.2019 - 17:06 Uhr

Ambergs NS-Zeit auf 400 Seiten

Alles beginnt 2013 mit einem Projekt im Stadtarchiv, das den Titel "Erforschung der Geschichte Ambergs in der Zeit des Nationalsozialismus" trägt. Laura Gebauer nahm sich der Arbeit an. Fünf Jahre später stellte sie ihre Doktorarbeit vor.

Laura Gebauer hat zum Thema „Amberg in der NS-Zeit“ promoviert. Das Buch stellte sie im Rathaus vor. Bild: Stephan Huber
Laura Gebauer hat zum Thema „Amberg in der NS-Zeit“ promoviert. Das Buch stellte sie im Rathaus vor.

Laura Gebauer, die ihr Buch noch unter ihrem Mädchennamen Laura Hanel veröffentlichte, erklärte vor den Vertretern des Stadtrats: "Der 30. Januar 1933 markierte in Amberg den Auftakt eines über Monate währenden Prozesses der nationalsozialistischen Machtergreifung." Die NSDAP habe es allerdings vor 1933 schwer gehabt, in der katholisch geprägten Stadt Fuß zu fassen. "Das gesellschaftliche Leben organisierte sich in den Kirchengemeinden, in denen der Pfarrer die maßgebende Instanz darstellte."

Demnach habe die Bayerische Volkspartei (BVP) die Interessen der Katholiken unterstützt. Die Ortsgruppe der NSDAP sei dagegen mit Negativschlagzeilen in Form von Saalschlachten und einem Einsatz der Reichswehr aufgefallen. Gebauer: "Während eine NSDAP-Mitgliedschaft in einem katholischen Milieu durchaus eine soziale Hürde darstellte, war eine Wahlstimme mit weit weniger Hemmungen vergeben."

Aber auch bei der Reichstagswahl 1933 fuhr die NSDAP weniger Stimmen als die BVP ein. Erst die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler stellte die Weichen für eine politische Einflussnahme der NSDAP in Amberg. Im Stadtrat hat sich Gebauer zufolge folgende Entwicklung abgezeichnet: "Die Fraktion der NSDAP beantragte noch im April 1933 den Ausschluss der SPD. Ausgerechnet die BVP stimmte diesem Antrag zu". Sie fügte an: "Nur vier Wochen später wurde die gesamte Fraktion der BVP in Haft genommen." Sechs Monate nach Hitlers Ernennung zum Reichskanzler habe die NSDAP die gesamte Stadtverwaltung kontrolliert.

Ein Partei-Spektakel

Eine besondere Rolle habe Bürgermeister Josef Filbig gespielt: "Die 900-Jahr-Feier Ambergs hatte sich zum Prestigeobjekt des neuen Bürgermeisters entwickelt. Unter ihm wurde das Stadtjubiläum zum 16-tägigen Partei-Spektakel umfunktioniert, bei dem zahlreiche hochrangige Funktionäre anwesend waren." Der Kirchenkampf in Amberg habe seinen Höhepunkt 1941 erreicht: "Während der Sommerferien waren alle Kruzifixe aus den Klassenzimmern entfernt worden. Am 22. September versammelten sich daraufhin mehr als 500 Frauen vor dem Rathaus, um dagegen zu protestieren." Die Frauen hatten Erfolg, die Kreuze kamen zurück in die Klassenzimmer.

Anders habe es sich mit der jüdischen Bevölkerung verhalten. "Einen ersten Höhepunkt der Radikalisierung stellte der Judenpogrom im November 1938 dar. Die Synagoge war von SA-Angehörigen schwer verwüstet worden." Bis 1942 habe sich die Zahl der jüdischen Bürger Ambergs auf zwölf Personen reduziert. "Diese wurden im April 1942 nach Theresienstadt deportiert. Nur eine Jüdin, Klara Lorsch, kehrte lebend nach Amberg zurück."

Die Bombardements im April 1945 unter anderem auf die Luitpoldhütte haben rund 200 Ambergern das Leben gekostet. Der Tod des NSDAP-Kreisleiters Arthur Kolb habe eine friedliche Übergabe der Stadt am 22. April an die Alliierten ermöglicht.

"Beispiellose Wahl"

"Vor diesem Hintergrund scheint es umso erstaunlicher, dass Josef Filbig, überzeugter Nationalsozialist, nur sieben Jahre nach dem Ende der NS-Herrschaft 1952 erneut zum Bürgermeister gewählt wurde. Diese demokratische Wahl ist beispiellos", schloss Gebauer ihre Ausführungen.

Das 400 Seiten starke Werk mit dem Titel "Amberg und der Nationalsozialismus" ist im Buchhandel erhältlich und kostet 17,90 Euro.

 
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