Micha Hirschinger ist promovierter Wirtschaftswissenschaftler und Experte in Bezug auf die Herausforderungen und Chancen, die auf die Branche zukommen, sich aber auch bieten.
Während laut Hirschinger im Jahr 2019 weltweit sechs Millionen Elektrofahrzeuge produziert werden, werden 2025 rund 19 Millionen von den Laufbändern rollen. Gemessen am gesamten Produktionsvolumen würde somit der Anteil elektrischer Antriebsstränge auf etwa 40 Prozent steigen. Damit sei jedoch auch die Frage verbunden, wo die Fahrzeuge aufgeladen werden können. 2017 gab es weltweit mehr als 300.000 öffentliche Ladestationen. Um den Bedarf an öffentlichen Stellen zu decken, müssten es in sieben Jahren bereits rund 7.98 Millionen sein.
Alleine in Bezug auf den Antriebsstrang ergeben sich größere Änderungen. So bedürfe es bei der Herstellung eines Elektrofahrzeugs deutlich weniger Teile als bei einem herkömmlichen Pkw. Hirschinger: "Wir sprechen hier von knapp einem Drittel weniger Teile im Antriebsstrang. Das bedeutet eine harte Umstellung für die Lieferanten." Dennoch nähmen laut dem Experten Materialkosten um rund 40 Prozent zu. Und: "Es ist die Batterie, die das Gros bei den Materialkosten ausmacht. Bei einem großen SUV kann man da mit 10 000 Euro und aufwärts rechnen." Auch sei noch nicht ausreichend bekannt, wie sich ein Schnell-Lade-Vorgang auf die Batterie auswirkt.
"Das ist nicht billig"
Großen Aufwind werden Hirschinger zufolge Sensoren haben. Das sei verbunden mit den Entwicklungen auf dem Gebiet des autonomen Fahrens. "Wenn ich alles überwachen muss, brauche ich Kameras, unterschiedliche Sensoren und redundante Systeme. Das ist nicht billig." Völlig autonomes Fahren, glaubt der Experte, wird in der nächsten Zeit aber noch nicht zum Standard. Auch mit dieser Entwicklung seien etliche Detail-Fragen verbunden: "Wenn ich an autonomes Fahren denke, dann muss da eine Unmenge an Daten in Echtzeit verarbeitet werden."
Notfallsystem einbauen
Direkt damit verbunden ist auch die Diskussion um das Netzwerk zur Kommunikation des Autos mit anderen Fahrzeugen und der Umwelt: "Die Branche muss ab sofort in kompletten Ökosystemen denken. Der reine Fokus auf das Auto an sich hat ausgedient. Es kann passieren, dass ein Reh vors Auto läuft, der Vordermann kann bremsen." Ein Notfallsystem für den Fahrer müsse ebenfalls verbaut werden. Auch stehe im Raum, ob der TÜV überhaupt diese Funktion überprüfen könne. "Die Scheinwerfer heute sind beispielsweise vollkommen dynamisch. Der TÜV braucht entsprechende Software, um das abzuprüfen." Damit das Fahrzeug mit der Umwelt kommunizieren könne, müssten Funklöcher auf Straßen beseitigt werden.
"Elektrisch fahren, das wird sehr schnell kommen. Das ist ein Thema, da muss man einfach den Geldtopf aufmachen, das ist schaffbar. Autonomes Fahren braucht Zeit", erklärt er zusammenfassend. Wenn Autos künftig alle Entscheidungen für den Fahrer treffen, dann wird oft die Frage diskutiert, ob es moralisch vertretbar ist, der Maschine die Entscheidung im Falle einer Dilemma-Situation zu überlassen, wenn ein Menschenleben auf dem Spiel steht. Für Hirschinger sind solche Fälle eher hypothetisch. Ihm zufolge ist ein Mensch, der unter Alkoholeinfluss fährt, eine reale, heute alltägliche und sehr viel größere Gefahr: "Das autonom-fahrende Auto steuert nicht betrunken durch die Gegend."
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