Alt-OB Wolfgang Dandorfer, der von 1990 bis 2014 an der Spitze der Stadt stand, blickt für seine Prognose zurück und kommt zu der Erkenntnis, dass es zwei Parameter sind, die die Stärke einer Stadt ausmachen: Bevölkerungszahl und Steuereinnahmen. Beides hänge eng mit der Wirtschaft und der Industrie zusammen. So geht Dandorfer mit Blick auf 2034 davon aus, dass Amberg nicht mehr stark von Siemens und Grammer abhängig sein wird. Das liege hauptsächlich an so erfolgreichen Firmen wie Baumann, Herding oder Lüdecke. Der Alt-OB hat auch die vielen Existenzgründer im Blick: "Gewohnte Jobs werden wegfallen, neue hinzukommen." Je besser Amberg den Zeitenwandel im Zuge der Industrie 4.0 meistere, desto höher werden die Steuereinnahmen sein. Und das Interesse der Mitarbeiter, in Amberg zu leben.
Eine entscheidende Rolle spiele dabei die Ostbayerische Technische Hochschule, deren Präsidentin Andrea Klug guter Dinge ist: "Nichts ist beständiger als der Wandel. Unsere Vision für die kommenden 15 Jahre ist, die OTH als den wesentlichen Faktor in Lehre, Studium, Wissenschaft, angewandter Forschung und Weiterbildung in Zukunftsmärkten unserer Hochschulregion positioniert zu haben."
Eines der Forschungsfelder, jetzt und in Zukunft, sei die Elektromobilität: "Mobilität im Jahr 2034 ist für mich umweltverträglich, nachhaltig und ressourcenschonend." Auch das autonome Fahren werde bis dahin schon viel weiterentwickelt sein. Klug: "In meinen Augen wird die Fortbewegung 2034 deutlich anders aussehen als heute." Auch außerhalb der Arbeit sieht sie große Veränderungen auf die Amberger zukommen. Wobei die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit nach ihrer Einschätzung immer fließender werden: "Ich denke hier an moderne Konzepte wie familiengerechte Arbeitsgestaltung, die Möglichkeiten für Telearbeit und Home-Office, flexible Work-Life-Balances und eine Welt von Industrie, Arbeit und Freizeit 4.0."
Grundlage all dessen ist laut Dandorfer die Ausbildung der jungen Leute. Wichtig ist es dem Alt-OB, zu erwähnen, dass mittlerweile genügend Betreuungsplätze existierten und die Schulstandorte sicher seien. Anders als von AZ und Oberpfalz-Medien auf dieser Seite mutig behauptet, werden die Decker-Schulen auch 2034 für Jungs tabu sein: "Ich bin mir sicher, dass die Mädchenbildung als Qualitätsmerkmal erhalten bleiben wird."
Viel wird laut Dandorfer auch davon abhängen, wie es die Stadträte und OB Michael Cerny schaffen, die Altstadt weiterzuentwickeln. Dabei gehe es nicht nur um das Forum und das Bürgerspitalgelände: "Die Verweildauer muss sich erhöhen", sagt der 69-Jährige und denkt dabei zum Beispiel an eine Neugestaltung oder Sanierung der Plätze nach dem Vorbild des Roßmarkts.
Wer an 2034 denkt, kommt auch an der Bevölkerungsentwicklung nicht vorbei. So, wie es gelungen sei, die ehemaligen DDR-Bürger und Aussiedler aufzunehmen, werde es auch bei Flüchtlingen funktionieren. Allerdings könne die Integration nicht von heute auf morgen ungesetzt werden: "Wir müssen da mehr Geduld haben" - und über Generationen hinweg denken.
Ambergs Zukunft als Serie fürs ganze Jahr
Vor allem die Älteren werden sich noch gut an die Zeit erinnern, als es noch keine Hochschule gab, sondern die Kaiser-Wilhelm-Kaserne das Stadtbild prägte. Als Flaneure nur vor dem Eiscafé Santin am Marktplatz in der Sonne sitzen konnten, weil Gastronomie im Herzen der Altstadt noch Zukunftsmusik war.
Apropos Zukunft: Angesichts vieler derzeit offener Fragen (Forum, Bürgerspital, Leopoldkaserne) hat sich der Redaktion der Amberger Zeitung und Oberpfalz-Medien die Frage gestellt, wie das Amberg der Zukunft aussehen könnte. Aus dieser Überlegung wurden konkrete Themen-Ideen und daraus wiederum ergab sich eine Serie, die sich über das ganze Jahr 2019 erstreckt. Dabei sind -zugegeben - teils provokante Thesen. Immer im Blick: 2034, das Jahr, in dem Amberg seinen 1000. Geburtstag feiern wird.
So gehen wir ohne den Anspruch, recht behalten zu wollen, davon aus, dass die Kliniken Amberg und Weiden fusionieren, Buben die Decker-Schulen besuchen dürfen, Gottesdienste live im Internet übertragen werden und ein in Syrien geborener Sozialdemokrat in den Stadtrat einzieht. Pro Monat wollen wir einen Themenbereich näher betrachten. An unserer Seite sind Experten, die Prognosen wagen und diese stützen. Start ist am Samstag, 5. Januar, mit der Bevölkerungsentwicklung.
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