Familie Färber sitzt im gemütlichen Esszimmer ihres Hauses in Gailoh und lässt sich Apfelkuchen schmecken. Den hat Torben gebacken. Sein jüngerer Bruder Loris ist davon so begeistert, dass er sich einen Nachschlag gönnt. Auch die Eltern Christian und Birgit sind voll des Lobes. Torben freut sich. Heute ist Heiligabend, für den jungen Mann aber zugleich sein 16. Geburtstag.
Torben hätte eigentlich erst am 14. Februar 2003 zur Welt kommen sollen, doch er hatte es sehr eilig. Am 24. Dezember 2002 wurde er um 13.07 Uhr geboren - als Frühchen, nur 40 Zentimeter groß war und 2070 Gramm schwer. Birgit Färber erinnert sich an ihre erste Schwangerschaft, die ein riesiges Glück für sie war. Es hatte nämlich geheißen, sie und ihr Mann könnten schlecht oder nur mit ärztlicher Hilfe Kinder bekommen. Umso größer war die Freude, als die Gailoherin schwanger war. Von ursprünglich zwei Babys ("Auf dem Ultraschall waren sehr deutlich beide Kinder zu sehen") verlor sie eines. Ansonsten aber verlief die Schwangerschaft normal und komplikationslos - bis zu jener Nacht knapp zwei Monate vor dem errechneten Geburtstermin.
Mitten in der Nacht
"Ich hatte mitten in der Nacht einen Blasensprung", erinnert sich die zweifache Mutter und erzählt, wie sie ihren Mann weckte und ihn bat, sie ins Krankenhaus zu fahren. "Wo ist deine Kliniktasche?", wollte der werdende Vater wissen. Doch so lange vor dem Geburtstermin hatte Birgit Färber noch keine Erstlingsausstattung zur Hand. Am 21. Dezember 2002 kam die werdende Mutter nachts in die Klinik. Die Ärzte beruhigten das Paar, das sehr in Sorge war. Drei Tage hielt die Frau durch, doch am Morgen des 24. Dezember bekam sie immer stärkere Wehen. "Das hat nicht mehr aufgehört", berichtet sie. Die Ärzte stellten einen Wehenkrampf fest. Da die Herztöne des Babys schwächer wurden, entschieden sie sich, an Heiligabend das Kind per Kaiserschnitt zu holen.
Birgit Färber muss plötzlich lachen, ihr kommt in den Sinn, was ein damaliger Oberarzt ihr scherzhaft-warnend gesagt hatte: Er habe a) noch keine Weihnachtsgeschenke eingepackt und b) noch den Karpfen, den er als Festessen zu machen gedenke, in der Badewanne schwimmen. "Er wollte an diesem Tag keine Action mehr."
"Dann ging alles sehr schnell", berichtet Christian Färber. Seine Frau erinnert sich, als sie ihren Sohn das erste Mal hörte. Es sei kein kräftiges Schreien gewesen, sondern eher ein zaghaftes "Mäh" wie bei einem kleinen Schaf. "Er kam dann sofort auf die Frühchen-Station." Mit dem Rollstuhl wurde sie später hingefahren, um ihn zu sehen.
Torben und sein jüngerer Bruder Loris blättern im Fotoalben, das die Eltern nach Torbens Geburt angelegt haben. Sie schauen sich die ersten Fotos des Neugeborenen an. "Ich wurde um 13.07 Uhr geboren", weiß Torben. Seine Mama ergänzt Gewicht und Größe: 2070 Gramm und 40 Zentimeter. "Er hat genau auf Christians Unterarm gepasst." Das Ehepaar schildert das Wechselbad der Gefühle, dass es in der ersten Zeit durchlebte: Einerseits glücklich über den Nachwuchs, andererseits eben in großer Sorge um das viel zu früh geborene Kind. Birgit Färber spricht aber auch vom großen Glück, dass sich ihr Frühchen so gut entwickelt hat. "Wir sahen auf der Station ganz andere Schicksale", sagt sie leise. "Aber als Eltern macht man sich natürlich immer Sorgen." Ende Januar durfte Torben endlich nach Hause.
Die Anfangszeit war für die jungen Eltern sehr hart. Ihr Sohn war ein Schreibaby, bekam Asthma und war deswegen drei Mal auf Kur. "Mittlerweile ist es aber verheilt", freuen sich seine Eltern. Mit zweieinhalb Jahren hatte Torben seinen ersten epileptischen Anfall. "Es hieß, das verwächst sich zu 90 Prozent in der Pubertät", erzählt Birgit Färber und spricht wieder davon, dass sie Glück hatten, dass es so war. Als Grundschüler musste Torben Prismengläser, eine spezielle Brille, tragen, weil seine Sehnerven unterschiedlich lang waren. "Bei Ballspielen habe ich mich immer um Meter verschätzt", sagt der Junge und erzählt von dem kleinen Loch in seinem Herz. "Den Doppelschlag, den kann ich hören."
Straffer Zeitplan
Niemals hätte Birgit Färber während ihrer ersten Schwangerschaft daran gedacht, dass der Heilige Abend 2002 von denen der Vorjahre abweichen würde. Sie wäre am Vormittag mit ihrem Mann zum Weißwurstfrühstück zu ihren Eltern gegangen, hätte am Nachmittag ihre Taufpatin ("Sie hat auch am 24. Dezember Geburtstag") gegangen, anschließend zur Schwiegermutter und abends hätte das Paar mit Christians Vater Weihnachten gefeiert. So war der Plan, doch dann drängte Torben auf die Welt.
Auch heute halten die Färbers noch an ihrer Weihnachtstradition fest - mit kleinen Abweichungen. Vor dem Weißwurstfrühstück bei Oma und Opa wird daheim Torbens Geburtstag im kleinen Kreis gefeiert, am Nachmittag dann mit Kaffeetrinken und Geburtstagskuchen. Und am Abend kommt das Christkind zur Bescherung. "In die Kindermette am Nachmittag haben wir's noch nie geschafft", gesteht die zweifache Mutter, während Loris, der erst seit kurzem Klavierunterricht nimmt, auf dem Piano Jingle Bells spielt.
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