Amberg
30.04.2019 - 17:15 Uhr

Diskussion im Netz: Gründe für leere Straßen in der Amberger Innenstadt

Auf Facebook postet Hermann Josef Seidl die leere Georgenstraße zu verschiedenen Jahres- und Uhrzeiten. Dazu der Satz: "Du bist ein echter Amberger, wenn du so eine Innenstadt siehst und das auch traurig findest."

Der Vorsitzende der Interessengemeinschaft Altstadt in Amberg, Hermann Josef Seidl, hat immer wieder die leere Georgenstraße mit einer Kamera dokumentiert. Bild: exb
Der Vorsitzende der Interessengemeinschaft Altstadt in Amberg, Hermann Josef Seidl, hat immer wieder die leere Georgenstraße mit einer Kamera dokumentiert.

Seit der Vorsitzende der Interessengemeinschaft Altstadt die Aufnahmen veröffentlicht hat, häufen sich die Kommentare - mehr als 70 waren es am Dienstagmittag, als der Inhaber der Seidl-Gassl-Passage in der Georgenstraße über seine Bewegunggründe sprach. Auslöser sei der Internet-Beitrag eines Ambergers gewesen, der es bedauert, dass der Salzladen am Malteser schließt. Vermieter Seidl bestätigt das zum Stichtag 1. Juni und sagt auch, dass selbst eine Mietminderung nichts ändern würde: "Es fehlen einfach die Kunden und damit auch die Umsätze."

Hermann Josef Seidl postet dazu: "Wenn du so eine Innenstadt siehst und das auch traurig findest (Bilder Januar bis März 2019 an verschiedenen Tagen und zwischen 9 und 18 Uhr )". Bild: Screenshot/Du bist ein echter Amberger, wenn ...
Hermann Josef Seidl postet dazu: "Wenn du so eine Innenstadt siehst und das auch traurig findest (Bilder Januar bis März 2019 an verschiedenen Tagen und zwischen 9 und 18 Uhr )".
Info:

Kommentare und Reaktionen aus dem Internet

  • Karin Grandelis (Eiscafé Cadore): „Altstädte sind nur dann rund um die Uhr belebt, wenn auch möglichst viele Leute und Familien in dieser leben. Leider ist dies im Amberger Ei nicht mehr der Fall. Vor oder nach Geschäftsschluss sind wir wie in einem kleinen Dorf.“
  • Bernhard Jahn (Porzellangalerie): „Amberg ist schön und hat noch immer eine tolle Auswahl in inhabergeführten Geschäften. Man muss nicht dauernd alles kaputtreden. Kommt lieber und kauft in der Region, dann bleibt das auch so. Kein Händler kann vom Beraten leben, er braucht auch Umsatz.“
  • Karoline Hastreiter (Europa-Union): „Also ich finde die Stadt Amberg nicht tot. Geht doch mal bei Schönwetter auf den Marktplatz. Es ist immer was los. Manchmal bekommt man nicht mal Platz. Sitzgelegenheiten auch für Nichtkonsumenten. Ich finde Amberg sehr schön.“
  • Silvia Coleman: „Wenn die Geschäfte nicht unterstützt werden, dann gibt es bald überhaupt keine mehr und dann ist noch weniger los. Und dann was?“
  • Rebekka De Wille: „Da gibt’s ne ganz einfache Lösung! Alle raus ausm Haus und in der Stadt einkaufen. Nicht den günstigsten Preis im Internet suchen. Und die paar Euro Parkgebühr bringen einen ja wohl nicht um. Übrigens, der Unverpackt-Laden ist echt toll.“
  • Claudia Schott: „Wenn man Besucherströme haben will, muss auch was geboten werden. Vieles steht leer. Die paar Geschäfte hat man bald durchgesehen.“
  • Monika Born: „Das ist hier bei uns genauso, wohne im Rheinland.“
  • Eveline Adam: „Ich bin Ambergerin und finde unsere Stadt schön, wäre aber an der Zeit, dass sich im Forum endlich was tut, das würde unsere Stadt attraktiver machen.“

Seidl fasste den Entschluss, die Bilder von der leeren Georgenstraße, die er seit Winter regelmäßig macht, zu veröffentlichen: "Ich verfolge das schon länger." Genau genommen seit 1983, als im Seidl-Gassl die ersten Geschäfte öffneten: "Damals war Amberg die Nummer eins in der mittleren Oberpfalz." Doch dann habe die Stadt begonnen, mit der Ausweisung von Dienstleistungszentren (Marien- und Fuggerstraße) sowie Einkaufszentren auf der grünen Wiese (Franzosenäcker und Fuggerstraße) den falschen Weg einzuschlagen: "So gesehen ist das alles hausgemacht." Das ärgert Seidl, der beklagt, dass Ärzte, Anwälte, Versicherer und Dienstleister die Altstadt verlassen haben. Mit dem Online-Handel, der oft als Grund für sinkende Umsätze genannt werde, habe das nur bedingt etwas zu tun: "Das Internet ist für viele sicher der Todesstoß." Aber eine falsche Stadtpolitik habe den Teufelskreis, aus dem Amberg nicht mehr herauskomme, vorher ausgelöst.

Hermann Josef Seidl. Bild: tk
Hermann Josef Seidl.

Hermann Josef Seidl räumt auch mit dem Vorurteil auf, in der Altstadt seien die Mietpreise zu hoch. Er wisse von Fällen, in denen pro Quadratmeter nur noch etwa zwei Euro verlangt würden, sich aber trotzdem kein Geschäftsmann finde. Er selbst sei bei seinen sieben Mietern im Laufe der Jahre beim Preis um zwei Drittel nach unten gegangen: "Ansonsten würde es das ganze Seidl-Gassl nicht mehr geben."

Kommentar:

Fehler der Vergangenheit

Die Amberger und ihre Altstadt – das ist ein ganz besonderes Verhältnis. Mal ist es Liebe, mal Kritik, mal Ablehnung. Letzteres dann, wenn es ums Einkaufen geht. Die Cafés sind voll, Restaurants und Lokale gut besucht. Nur der Einzelhandel blutet. Und das seit Jahren. Gründe gibt es viele – einer heißt Internet, einer Dienstleistungszentren und einer Stadtplanung. Damit ist aber nicht die aktuelle Rathauspolitik gemeint, sondern die Struktur, die Ambergs Mitte im Laufe der Zeit erhalten hat. An vielen Stellen ist die Altstadt ab einer gewissen Zeit tatsächlich tot. Nicht, weil Geschäftsleute etwas versäumt hätten, sondern weil sich in vielen Gebäuden niemand befindet. Amts- und Landgericht sind abends und an Wochenenden ebenso verwaist wie der Gebäudekomplex der Decker-Schulen und das Landratsamt. All das sind tolle Plätze und schön sanierte Gebäude. Doch letztlich auch verschenkter Platz in exponierter Lage.

Thomas Kosarew

 
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