Das politische Erfolgsrezept der ÖDP stammt von einem APO-Linken: Der Marsch durch die Institutionen. Rudi Dutschke (1940 bis 1979) hat diese Strategie 1967 formuliert, um einer institutionell wenig verankerten Bewegung die seiner Meinung nach nötige Durchsetzungskraft zu verleihen. Nun steht die ÖDP zwar nicht gerade links, sie beweist aber immer wieder, was Dutschke gemeint haben könnte. Siehe Abschaffung des bayerischen Senats, Nichtrauchergesetz und erst jüngst "Rettet die Bienen".
Der aktuelle lokale Vorstoß der konservativen Ökologen, die im Kreistag mit vier Mandaten vertreten sind, umfasst drei DIN-A-4-Seiten. Jetzt sind noch zwei Antrags-Seiten der SPD-Fraktion dazu gekommen. Damit zogen bereits 28 von 60 Kreisräten an einem Strang, und schon steht das Thema "Steigerung der Attraktivität des ÖPNV im Landkreis Amberg-Sulzbach" auf der Tagesordnung einer der Plenumssitzungen im Sommer. Ganz groß, als Bestandsaufnahme zur Entwicklung von konkreten Zielvorstellungen.
Diese Entscheidung fiel am Montag im Kreisausschuss nach einer ausgiebigen Debatte einstimmig. ÖDP-Fraktionssprecher Michael Birner bekräftigte seine Initiative noch einmal und für die SPD legte deren Fraktionsvorsitzender Winfried Franz eine "Antragserweiterung" vor. Birners Ziel ist, "die Verkehrswende zu unterstützen". Dazu möchte er den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) auch im ländlichen Raum attraktiver gestalten. Sprich, die Fahrgastzahlen erhöhen und den Individualverkehr zurückdrängen.
Land nicht abhängen
Die ÖDP setzt an vier Punkten an: finanzielles Abfedern "eingeschränkter Mobilität" aufgrund sozialer Bedürftigkeit; mittelfristiges Hinarbeiten auf ein 365-Euro-Ticket; Imagekampagne zur Darstellung der Leistungsfähigkeit und Attraktivität des ÖPNV im Landkreis; Subventionierung mittels eigener Zuschüsse seitens des Landkreises. Die SPD formuliert ähnliche Ziele und forderte konkret die Einberufung eines Runden Tisches für alle Beteiligten der hiesigen ÖPNV-Struktur. Als übergreifendes Ziel wurde eine möglichst enge Kooperation mit Amberg benannt, um in der Region kein allzu gravierendes Stadt-Land-Gefälle entstehen zu lassen. Denn die kreisfreie Stadt habe bereits entsprechende Rahmen- und Grundsatzbeschlüsse gefällt, betonten ÖDP und SPD.
Landrat Richard Reisinger (CSU) gab zu erkennen, dass er grundsätzlich all diese Bestrebungen mittrage. Die Verwaltung stellte jedoch klar, "dass der Landkreis Amberg-Sulzbach seine Kompetenzen bezüglicher Wahrnehmung seiner Aufgaben im Bereich des Öffentlichen Personennahverkehrs durch die Übertragung an den ZNAS (Zweckverband Nahverkehr Amberg-Sulzbach)" abgegeben hat. Nur über diese Körperschaft des öffentlichen Rechts könne steuernd eingegriffen werden.
ZNAS-Geschäftsführer Hans-Jürgen Haas verwies darauf, dass Bestrebungen in all diese Richtungen zum Teil seit Jahren laufen, sich im Detail bei der Umsetzung dann aber als äußerst mühsam erweisen würden. In dem Spannungsfeld zwischen den von der Politik formulierten Anforderungen, deren Finanzierbarkeit und deren letztendlichem Erfolg hinsichtlich der Fahrgastzahlen würden viele Interessenslagen eine Rolle spielen. Angefangen bei den Busunternehmen als privatwirtschaftliche Unternehmen bis hinauf zur Regierung der Oberpfalz als Genehmigungsbehörde.
Auf jeden Fall teurer
So einfach und erfolgversprechend wie manche Konzepte auf den ersten Blick aussehen würden, seien sie am Ende dann nicht, gab Haas mit Blick auf das 365-Euro-Ticket (freie Nutzung des ÖPNV für den Preis von einem Euro pro Kalendertag) zu verstehen. Dieses in Wien eingeführte und als Erfolg gefeierte System sei in ein lange vorbereitetes Maßnahmenbündel eingebettet und habe nicht nur die Fahrgastzahlen, sondern auch die nötigen Zuschüsse der Stadt in die Höhe getrieben. Parallel seien beispielsweise die Parkgebühren für Pkw und die Kosten für Einzelfahrscheine des ÖPNV drastisch angehoben worden.
Nicht minder komplex würden sich andere Ansätze zur Attraktivitätssteigerung des Nahverkehrs darstellen. Und von Erfolgsgarantien wagt Haas offenbar nicht einmal zu träumen, verwies der Geschäftsführer beispielsweise auf das Rufbuss-System, das im Landkreis bisher kaum Fuß fassen konnte.
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