Amberg
26.12.2018 - 16:39 Uhr

Mario verschenkt seine Zeit

Das, was sich am Heiligabend in Amberg zuträgt, hat eigentlich nichts mit einem Weihnachtswunder zu tun - und trotzdem ist es eines. Alles beginnt mit einem Facebook-Post.

Viele Menschen sind an Weihnachten alleine oder können sich kein warmes Essen leisten. Ein Amberger will ein Zeichen setzen und lädt Fremde zu sich nach Hause ein. Symbolbild: Franziska Kraufmann dpa/lsw
Viele Menschen sind an Weihnachten alleine oder können sich kein warmes Essen leisten. Ein Amberger will ein Zeichen setzen und lädt Fremde zu sich nach Hause ein.

Ein Amberger, der seinen echten Namen nicht nennen will, schreibt unter dem Pseudonym Mario Müller: "Falls jemand an Heiligabend einsam oder allein ist, darf er sich gerne bei mir melden. Ich bin selber an dem Tag alleine und hätte noch drei bis fünf Plätze an meinem Tisch frei und freue mich sehr über nette Gesellschaft und Gespräche." Der 44-Jährige will ein Zeichen setzen und hofft, dass seine Idee Nachahmer findet.

Er ist davon überzeugt, dass jeder etwas Gutes tun kann. "Das Schönste, das man Menschen schenken kann ist Zeit", hat Mario begriffen. Und die ist sogar kostenlos. Das Ergebnis seines Aufrufs: Zehn völlig fremde Menschen kündigen sich für den Heiligen Abend an. Und er freut sich wahnsinnig darüber. Unter den Gästen sind auch Kinder. Für den Vater eines dreizehnjährigen Mädchens ist das besonders schön. "Ich denke, das ist gerade für Kinder eine wichtige Erfahrung. Sie sehen, worum es wirklich im Leben geht." Groß ist seine Wohnung nicht, er lebt auf 60 Quadratmeter, doch mehr würden die Leute auch gar nicht erwarten. "Platz ist bekanntlich in der kleinsten Bude."

Sicherheit geht vor

Natürlich lässt er nicht einfach so irgendjemanden in sein Wohnung. "Wir haben uns an einem öffentlichen Platz getroffen, uns kennengelernt und sind dann gemeinsam gegangen. Denn auch, wenn es eine gute Sache ist, sollte so etwas nie andere gefährden." Außerdem stand er auf Facebook schon vor Weihnachten mit seinen Gästen in Kontakt.

Mario ist nicht wichtig, ob die Leute, die kommen, arm oder reich, jung oder alt, bedürftig oder nicht bedürftig sind. "Es soll auch niemand etwas mitbringen, auch nicht die, die genug Geld haben, sonst würden sich Ärmere nur in der Pflicht fühlen, auch etwas zu besorgen. Mario kocht für alle. Seine Tochter hilft ihm zuvor noch mit dem Plätzchen backen, eine Freundin bringt Kuchen vorbei. Als Hauptspeise gibt es Kartoffelsalat und Würstchen - auch vegetarische. "Das ist einfach und schmeckt."

Um ein Haar hätte Mario alle Pläne über Bord werfen müssen. Etwa eine Woche vor Weihnachten ist er überraschend ins Krankenhaus eingeliefert worden und musste sogar operiert werden. Zum Glück konnte er schon bald wieder heim. Mario nimmt das nur wenige Tage später locker, schließlich hat er schon Schlimmeres überstanden. "Vor vielen Jahren wurde ich schwerkrank. Da habe ich so richtig gemerkt, dass man nicht alles finanziell regeln kann, aber man kann für andere da sein", erinnert er sich. Es habe Situationen gegeben, in denen er sich richtig mies gefühlt hat und da haben nette Worte und ein bisschen geschenkte Zeit einfach Wunder bewirkt. Das will er auch zurückgeben.

Mut machen

Das schönste Geschenk für Mario wäre es, wenn andere sich von ihm inspirieren ließen. "Einfach mal in ein Altenheim gehen und sich mit Leuten beschäftigen, einen Bettler auf der Straße nicht einfach ignorieren oder ein bisschen Geld in die Hand drücken, sondern fragen, wie es ihm geht, was er braucht." Bestenfalls feiern er und seine Gäste nächstes Jahr wieder gemeinsam Weihnachten, dann vielleicht bei jemand anderem zu Hause. "Das tollste wäre, wenn sich aus dem Abend Freundschaften entwickeln." Marios Wunsch ist es, dass seine Idee anderen Menschen Mut macht. An der hohen und positiven Resonanz auf Facebook ist zu sehen, dass er das schon geschafft hat.

 
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