Amberg. (zm) Unter dem Begriff der Industrie 4.0 hat bisher fast ausschließlich die DAX-notierte Wirtschaft die Digitalisierung von Produktionsabläufen für sich in Beschlag genommen. Ungeahnte Entwicklungmöglichkeiten, so die IHK, eröffne sie nicht minder für ihr Klientel. Unter dem Titel "Smart Service - Wirkungskette Digitalisierung" warb der Verband deshalb innerhalb seiner Veranstaltungsreihe Treffpunkt Unternehmen, sich digitalen Innovationen nicht zu verschließen.
Das wäre über kurz oder lang wohl das wirtschaftliche Aus für Klein- und Mittelständler, lieferte Jürgen Frischmann die entsprechenden Stichworte. 50 Jahre wurde der Amberger Familienbetrieb der Druckbranche heuer alt und musste sich in den zurückliegenden Jahren tiefgreifenden Umbrüchen in seinem Geschäft stellen. "Frischmann erfindet sich neu" - so auch der Titel des Vortrags - habe deshalb die Devise gelautet, den Betrieb den sich wandelnden Gegebenheiten anzupassen und damit die wirtschaftliche Basis langfristig zu erhalten.
Service heißt die Devise
Drucken allein, betonte Frischmann, reiche in seinem Metier und seiner betrieblichen Größenordnung nicht mehr aus. Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnis seien Wege der Produktvielfalt und sekundärer Dienstleistungen in enger Kooperation mit den Kunden entwickelt worden. Etwa im Bereich des Bestellwesens, des Versands oder der Logistik allgemein. Hier komme die Digitalisierung ins Spiel. Klein-, nicht Großauflagen seien deshalb in den geschäftlichen Mittelpunkt gerückt, deren kunden- und produktspezifische Herstellung sowie Distribution, etwa im Direktversand. Selbst entwickelte und programmierte Software im Bereich der Logistik sei mithin zu einem wichtigen Standbein der langfristigen Kundenbindung geworden.
Frischmann mahnte jedoch auch an: "Das geht nur im Einvernehmen mit den Beschäftigten." Von der Geschäftsführung verordnete Innovationsfreude, "ohne alle Leute mitzunehmen", das funktioniere nicht. Sich selbst sollten auf diesem Weg die Betriebsinhaber jedoch ebenso ständig hinterfragen. Sei früher in der Branche beispielsweise gerne um Stückpreise im Centbereich gefeilscht worden, so rücke die punkt- und kundenwunschgerechte Produktion in den Mittelpunkt. "Wenn 1000 Stück weggeworfen werden, ist jeder zuvor ausgehandelte minimale Preisnachlass dahin."
Er arbeite bereits im Bereich der Industrie 4.2., scherzte als Referent Philipp Hofmann. Er mache nämlich erlebbar, was 4.0 leisten könne. Allerdings nur virtuell. Hofmanns Amberger Startup-Unternehmen CHP CustomHelp hat die Möglichkeiten von ursprünglich hauptsächlich PC-Spielkonsolen vorbehaltenen 3 D-Visualisierungen in der Anwendung weiterentwickelt. Mit seiner Software können beispielsweise Arbeitsplätze und Maschinenstationen bis zur Konstruktionstiefe konzipiert und nachgestellt werden.
Einige Besucher des Vortrags probierten es aus und setzten sich die 3 D-Brille von CHP auf. Sie waren baff bis begeistert. Ob so auch eine komplette Produktionshalle konzipiert werden könne, wollte eine Zuhörerin wissen. Da musste Hofmann noch abwinken. Doch in nicht allzu ferner Zukunft werde das drin sein, mutmaßte er. Die Zukunft von 3 D-Druckern im Industrieformat ist für Sebastian Trummer bereits vorgezeichnet: Sie ist gigantisch. Er repräsentierte das kleine Kümmersbrucker Unternehmen Encee Cad-Cam Systeme. Es stellt keine dieser Maschinen her, berät jedoch, wie sie eingesetzt werden können und was aus ihnen herauszuholen ist.
Einfach faszinierend
"Je komplexer das Bauteil, desto geeigneter für diese Technologie", lautet eine zentrale Faustformel Trummers. Bisher hauptsächlich in der Bauteil-Konstruktion oder bei Kleinserien im Einsatz, sagte der Referent den Einzug von 3 D-Druckern in der industriellen Massenfertigung für die nächsten Jahre voraus. Auf Kunststoff- und Metallbasis. Einige Werkstücke, die Trummer als Beispiele dabei hatte, stellten das eindrucksvoll unter Beweis. Selbst mit Scharnieren oder Gelenken verbundene, mehrteilige Komponenten können in einem einzigen Produktionsschritt hergestellt werden.
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