Amberg
07.01.2019 - 16:53 Uhr

Pflichtverteidiger für vier Asylbewerber bestellt

Der Medien-Hype um vier betrunkene, prügelnde junge Asylbewerber in Amberg ist abgeklungen. Es dürfte jedoch nicht allzu lange dauern, bis auf einschlägigen Internet-Kanälen die Volksseele wieder zum Kochen gebracht wird.

Bild: Matthias Hiekel/dpa

Die Fernseh- und Reporterteams, an denen in der vergangenen Woche kaum ein Marktplatz-Passant vorbeigekommen ist, sind weitergezogen. Der nasskalt-trübe Alltag hat die Stadt wieder. Die Feiertage sind vorüber und Arbeitsroutine kehrt zurück. Auch bei der hiesigen Justiz. Besser gesagt der Staatsanwaltschaft, die seit der Nacht auf 30. Dezember einen Fall auf dem Schreibtisch hat, der öffentliche Wellen geschlagen hat, wie kaum eine Tat der jüngeren Vergangenheit.

Fluchtgefahr gegeben

Inzwischen wurden Pflichtverteidiger für die vier Beschuldigten bestellt, bestätigte die Staatsanwaltschaft auf Anfrage. Das ist eine Folge der angeordneten Untersuchungshaft, die aufgrund des dringenden Tatverdachts in Verbindung einer vom Amtsgericht Amberg gesehenen Fluchtgefahr angeordnet wurde. Zwei der Beschuldigten gelten als wohnsitzlos, das mutmaßliche Schläger-Quartett sitzt in unterschiedlichen Haftanstalten ein. Nach ihrer Einarbeitung in den Fall dürften die Verteidiger einen Haftprüfungstermin beantragen. Bisher ist das noch nicht geschehen, teilte der zuständige Staatsanwalt mit. Dieses Vorgehen würde allerdings dem üblich Prozedere entsprechen, weshalb es wohl nur eine Frage von wenigen Tagen ist, bis die erste Haftprüfung durch einen Richter ansteht. Grundsätzlich kann Untersuchungshaft für die Zeit der Dauer der Ermittlungen angeordnet werden, wobei diese Verfahren dann beschleunigt zu führen sind. Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gilt auch hier.

Äußerst zurückhaltend gibt sich nach wie vor die Staatsanwaltschaft, was die Tatvorwürfe im Detail betrifft. Der Umstand, dass von einem Delikt der gefährlichen Körperverletzung ausgegangen wird, dürfte sich hauptsächlich auf den Umstand stützen, dass die vier als Schläger-Quartett unterwegs gewesen sein sollen. Der einschlägige Strafrechtsparagraf 224 sieht das ausdrücklich in einem Unterabsatz ("mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich") so vor.

Warten auf Akten

Von anderen Merkmalen, die aus einer Körperverletzung eine gefährliche Körperverletzung machen, ist bisher nichts bekannt. Die Staatsanwaltschaft weist in diesem Zusammenhang erneut darauf hin "bis auf Weiteres zum mutmaßlichen Tatablauf keine weiteren Auskünfte" zu erteilen. Außerdem müsse noch "das Eintreffen der Akten der Ausländerbehörden" abgewartet werden.

Kommentar:

Ruhe vor dem nächsten Shit-Storm

Die via Netz weidlich ausgelebten Ressentiments gegen Asylsuchende sind erst einmal verstummt. Dass sie sich in schrillem Ton bald wieder Gehör und Aufmerksamkeit verschaffen werden, steht jetzt schon fest. Spätestens, wenn die ersten der Verdächtigen aus der Untersuchungshaft entlassen werden, stoßen die üblichen Abendland-Apokalyptiker wieder lautstark und völlig Rechtsstaat-vergessen ins Horn, welche Weicheier-Justiz da am Werk ist. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis der eine oder andere Pflichtverteidiger seinen Mandanten aus dem Gefängnis geholt hat. Denn auf die nüchternen Fakten reduziert, wird die Fortdauer der Untersuchungshaft über einen längeren Zeitraum immer schwerer begründbar sein.

Michael Zeißner

 
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