Amberg
24.07.2019 - 17:12 Uhr

Polizei wirbt für Notrufnummer 110

Gefühlt - ein paar Jahre schon muss dieses Wort herhalten, wenn objektive Daten und Fakten nicht mit subjektiven Wahrheiten in Einklang zu bringen sind. Bei der öffentlichen Sicherheit wird das besonders augenfällig.

Sicherheitsgespräch bei OB Michael Cerny (Stirnseite des Tisches) in großer Runde: links von ihm Polizeipräsident Norbert Zink, Vizepräsident Thomas Schöniger, der Leiter der Inspektion Amberg, Thomas Lachner, und Werner Schüssel, Leiter des Präsidialbüros; rechts von Cerny Rechtsreferent Bernhard Mitko, stellvertretender KPI-Leiter Günter Grießhammer, VPI-Leiter Friedrich Böhm und stellvertretender PI-Leiter Andreas Weidauer. Bild: Stephan Huber
Sicherheitsgespräch bei OB Michael Cerny (Stirnseite des Tisches) in großer Runde: links von ihm Polizeipräsident Norbert Zink, Vizepräsident Thomas Schöniger, der Leiter der Inspektion Amberg, Thomas Lachner, und Werner Schüssel, Leiter des Präsidialbüros; rechts von Cerny Rechtsreferent Bernhard Mitko, stellvertretender KPI-Leiter Günter Grießhammer, VPI-Leiter Friedrich Böhm und stellvertretender PI-Leiter Andreas Weidauer.

Das Phänomen, dass die statistisch erfasste Lage und das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung nicht so recht zusammenpassen mögen, beschäftigt natürlich auch Polizeipräsident Norbert Zink. Seit 1. Mai im Amt, verband er das jährliche Gespräch über das Unfallgeschehen und die Kriminalitätsentwicklung in der Stadt mit seinem Antrittsbesuch bei Oberbürgermeister Michael Cerny. Beide sind sich einig, dass es, nüchtern betrachtet, keinen Grund zur Verunsicherung oder gar Beunruhigung gibt.

Nahezu alle aus polizeilicher Sicht ausschlaggebenden Deliktbereiche, so die vorgelegten Zahlen (nebenstehende Rubrik), weisen im mittelfristigen Zehn-Jahres-Vergleich stabile bis leicht sinkende Tendenzen auf, wenn auch für 2018 einige Fallzahlen minimal angestiegen sind. Die Zuwachsraten liegen bei einer übergreifenden Betrachtung (2018 Gesamtstraftaten 2854, + 0,7 Prozent) unter einem Prozent, weisen in einigen Bereichen jedoch auch deutliche Zunahmen (Gewaltkriminalität 128, + 18,5 Prozent) auf.

Keine Auswirkungen

Die sogenannte Prügelattacke von vier inzwischen abgeurteilten jungen Flüchtlingen kurz vor dem Jahreswechsel ist in die vorgestellte Sicherheitsstatistik noch nicht eingeflossen, da die Strafverfahren formell erst im Januar eröffnet wurden. Dennoch, das betonten Zink und der OB, die in großer Runde die vorgelegten Zahlen analysiert hatten, dürfte feststehen, dass trotzt der schlagzeilenträchtigen Aufregung rund um diese gewalttätigen Übergriffe die allgemeine Sicherheitslage in der Stadt dadurch nicht maßgeblich negativ beeinflusst wurde oder wird.

Anders sah das Cerny hinsichtlich der Landtagswahlkampf-Abschlussveranstaltung der AfD mit Alice Weidel im ACC im Oktober 2018. Hier habe sich gezeigt, dass eine ebenso besonnene wie konstruktive Zusammenarbeit zwischen der Stadt und der Polizei dazu beigetragen habe, in bester demokratischer Manier unterschiedliche politische Auffassungen öffentlich kundtun und konkurrieren lassen zu können, unterstrich der OB. Amberg hatte damals die seit Jahren größte Demo und Gegenkundgebung mit rund 3000 Teilnehmer erlebt. Ohne nennenswerte Zwischenfälle.

Daran machte Cerny fest, für 2018 ein "erfreulich niedriges Niveau bei den Zahlen und erfreulich hohes Sicherheitsniveau" konstatieren zu können. Das sei das Ergebnis nicht nur sichtbarer Polizeipräsenz in der Stadt, sondern auch des von den Beamten vermittelten Eindrucks, für die Bürger jederzeit ansprechbar zu sein. Das ist voll im Sinne des neuen Polizeipräsidenten der Oberpfalz, der zuvor Vizepräsident im schwäbischen Augsburg war. Er hob hervor, dass er die breite polizeiliche Präventionsarbeit, die er bei seinem Amtsantritt hier vorgefunden habe, sehr hoch schätze.

Schwerpunkt Prävention

"Das ist in meinen Augen beispielhaft", lobte Zink die Arbeit seiner Vorgänger und Kollegen und führte eine "seit Jahren konstant niedrige Gesamtkriminalität" in der Stadt durchaus auch darauf zurück. Außerdem ist es ihm ein Anliegen, für die polizeiliche Notrufnummer zu werden. Fest machte er das an dem Beispiel von Einbruchdiebstählen in Amberger Wohnungen. 17 Fälle wurden 2018 registriert (zum Vergleich das Zehn-Jahres-Hoch in 2015 mit 46), zwei mehr als im Vorjahr. Zehn seien im Versuchsstadium steckengeblieben.

Womöglich hätten es noch mehr sein können, mutmaßte der Polizeipräsident, wenn Anwohner ungewöhnliche oder verdächtige nächtliche Geräusche über den Notruf 110 gemeldet hätten. Deshalb keine falsche Zurückhaltung in begründeten Fällen, appellierte Zink. Das unterstrich nicht minder als Verantwortlicher vor Ort Polizeidirektor Thomas Lachner als Leiter der Amberger Inspektion.

Vor dem Hintergrund der Absicht, in der Stadt einen Kommunalen Ordnungsdienst auf Streife zu schicken, verwies Zink darauf, dass es von seiner Seite keine Berührungsängste gebe. Augsburg und Regensburg hätten diesbezüglich gute bis sehr Erfahrungen gemacht. Im Vorfeld sollte jedoch eine intensive Abstimmung beider Ordnungsorgane stattfinden.

Hintergrund:

Das Polizeipräsidium legte ein Fülle von Zahlen zur Sicherheitslage in der Stadt vor. Hier eine Auswahl, Berichtsjahr ist 2018 jeweils im Zehn-Jahres-Vergleich:

Gesamtstraftaten

2854 Fälle, + 20 oder + 0,7 Prozent, Höchststand 2009 mit 3278 Fällen. Korrespondierend gibt es die Rubrik „inklusive Aufenthaltsrecht“, Straftaten, die nur ausländische Staatsbürger begehen können: 2878 Fälle, + 11 oder + 0,4 Prozent, Höchststand 2009 mit 3322 Fällen.

Aufklärungsquote

69,1 Prozent, - 3 Prozent; Vorjahr beste Quote mit 72,1 Prozent, schlechteste Quote 64,1 Prozent von 2013.

Gewaltkriminalität

128 Fälle, + 20 oder + 18,5 Prozent, Höchststand, bisheriger Höchststand 2009 mit 126 Fällen. Darunter fallen auch Verbrechen wie Raub oder schwere Sexualdelikte sowie die Delikte gefährliche und schwere Körperverletzung (Regelfall Schlägereien) mit 100 Fällen, + 7 oder + 7,5 Prozent, Höchststand 2009 mit 101 Fällen.

Straßenkriminalität

Straftaten im öffentlichen Raum, mithin auch beispielsweise Sachbeschädigungen an Pkw oder spürbar zunehmende Fahrraddiebstähle. 587 Fälle, + 62 oder + 11,8 Prozent, Höchststand 2009 mit 765 Fällen.

Diebstahlsdelikte

671 Fälle, + 34 oder + 5,3 Prozent, Höchststand 2012 mit 1116 Fällen.

Rauschgiftkriminalität

Meist Beschaffungsdelikte, häufig Eigentumsdelikte. 453 Fälle, - 1 oder - 0,1 Fälle, zweithöchster Stand, niedrigster Stand aus dem Jahr 2012 mit 241 Fällen.

Tatverdächtige

1383 Personen, - 30 oder - 2,1 Prozent, Höchststand 2009 mit 1758 Personen. Davon deutsche Staatsangehörige 1053, - 25 oder - 2,3 Prozent, nichtdeutsche Staatsangehörige 330, - 5 oder - 1,5 Prozent. Davon männlich 1078, + 9 oder + 0,8 Prozent, weiblich 305, - 39 oder 11,3 Prozent. Tatverdächtige Zuwanderer 151, - 3 oder - 1,9 Prozent, Höchststand 2017 mit 154 Fällen.

Verkehrsunfälle

Insgesamt 1420 Stück, - 35, Höchststand 2010 mit 1592. Davon mit Personenschaden 213, + 42, Höchststand 2009 mit 263; Verletzte 265, + 23, Höchststand 2009 mit 333; Getötete 2, + 1, Höchststand 2016 mit 4.

Radfahrer

Die Gesamtentwicklung ist geprägt durch eine vermehrte Beteiligung von Radfahrern. Insgesamt 70, + 20, Höchststand; verursacht durch Radfahrer 49, + 19, Höchststand; verletzte Radfahrer 59, + 13, Höchststand 2009 mit 64; getötete Radfahrer 1, gleichbleibender Höchststand wie auch in 2016 und 2017.

Alkoholunfälle

Insgesamt 14, - 3, Höchststand 2009 mit 24; Verletzte 8, - 2, Höchststand 2011 mit 18; kein Getöteter, - 1, Höchststand 2011 mit 3. (zm)

 
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